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28.10.2008 09:54

BMBF genehmigt dritte Förderphase für BIOTECmarin: Aufbruch in Materialwissenschaften und Nanotechnologie

Petra Giegerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Bio-Ressourcen auf dem Meeresgrund: Schwämme und ihre Mikroorganismen sind ein fast unerschöpflicher Fundus für Medizin und Technik

    (Mainz, 28. Oktober 2008, lei) Die marine Biotechnologie in Deutschland nimmt weltweit eine führende Stellung ein. Sie hat seit dem Beginn der Entschlüsselung des Schwamm-Genoms 1992 bis zur Entwicklung von Medikamenten gegen Herpes und gegen Krebserkrankungen nicht nur in der Grundlagenforschung hohe internationale Anerkennung erhalten, sondern wurde auch durch den Transfer in die angewandte Forschung zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor. Ein Zentrum dieser Arbeiten ist BIOTECmarin, ein Exzellenzzentrum, in dem mehrere deutsche Forschungseinrichtungen unter Leitung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bei der Erforschung von Schwämmen und der Entwicklung vermarktungsfähiger Produkte zusammenarbeiten. BIOTECmarin wird seit 2001 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und kann nun mit der Bewilligung der dritten Förderphase bis 2011 in neue Gefilde aufbrechen: die Materialwissenschaften und die Nanobiotechnologie. Von Knochenimplantaten und Zahnfüllungen über Anti-Fouling-Mittel für den Schiffbau bis hin zu Lichtleitern reichen die potenziellen Produkte, die aus Schwämmen und den mit ihnen verbundenen Mikroorganismen gewonnen werden könnten.

    "Schwämme gehören unter den marinen Organismen zu den ergiebigsten Quellen für bioaktive Substanzen", erklärt der Sprecher von BIOTECmarin, Univ.-Prof. Dr. Werner E.G. Müller vom Institut für Physiologische Chemie und Pathobiochemie der Universität Mainz. Schwämme kommen in allen Gewässern vor, sie überleben selbst bei tiefen Temperaturen unter einer Eisdecke, können aber auch, wie etwa die Amazonasschwämme, eine neunmonatige Trockenzeit gut überstehen. "Schwämme sind Überlebenskünstler", sagt Müller mit einem Hinweis darauf, dass sie zu den ältesten Tieren überhaupt gehören. Schwämme dürften bereits vor 700 Millionen Jahren die Erde besiedelt haben. "Von den Schwämmen stammen alle anderen Tiere ab. Indem wir 1992 begonnen haben das Genom der Schwämme zu entschlüsseln, konnten wir zudem zeigen, dass ihr Grundbauplan dem höherer Tiere weitgehend entspricht."

    Müller hat vor 30 Jahren als Pionier die Schwammforschung in Deutschland mit begründet und seitdem immer wieder neue, teilweise verblüffende Entdeckungen gemacht. So herrschte bis Anfang der 90er Jahre die Ansicht vor, Schwämme seien keine echten Tiere, und die Entdeckung, dass Schwamm-Gene typisch sind für vielzellige Tiere, war durchaus eine Überraschung. "Schwämme haben auch ein Immunsystem, das wesentlich vielfältiger ist als das Immunsystem von Insekten und das Ähnlichkeiten zum Menschen aufweist." Als Biochemiker hat Müller diese frappierenden Übereinstimmungen schon sehr früh zum Anlass genommen, über die Verwendungsmöglichkeiten von Schwämmen zu forschen.

    Die Tiere, die fest auf dem Meeresgrund sitzen und sich nicht aktiv fortbewegen, wurden als einer der wichtigsten Faktoren zur Reinigung der Weltmeere ausgemacht. Ein Kilogramm Schwamm reinigt pro Tag etwa zwei Tonnen Wasser, so viel wie etwa ein Dutzend Badewannen fassen. Sie wurden als Biomarker entdeckt, an denen sich zum Beispiel die Quecksilberbelastung im Hamburger Hafen sehr gut feststellen lässt. Schließlich haben sich die an BIOTECmarin beteiligten Wissenschaftler auf die Suche nach bioaktiven Substanzen gemacht, die von den Schwämmen unter anderem zur Abwehr von Fraßfeinden hergestellt werden. Dies mündete etwa in der Entwicklung eines Anti-Herpes-Medikaments, das weltweit vertrieben wird.

    Der weitere Weg der Schwammforschung in Deutschland ist vorgezeichnet: In einer Zusammenarbeit mit dem Institut für Anorganische Chemie und Analytische Chemie um Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Tremel und mit Prof. Dr. Dr. Heinz-Christoph Schröder - beide sind ebenfalls Mitglieder des Exzellenzzentrums an der Uni Mainz - sowie mit weiteren Gruppen an der Universität wie Univ.-Prof. Dr. Manfred Schmidt vom Institut für Physikalische Chemie hat sich gezeigt, welches Potenzial in dem Skelett der Schwämme stecken könnte. Das anorganische Gerüst aus Silikat wird von den Zellen des Schwamms enzymatisch hergestellt, ein Verfahren, das sowohl für die Medizin als auch für die Nanobiotechnologie von großem Wert sein könnte. Für Müller sind zum Beispiel die Biosilikate der Schwämme wesentlich bessere Lichtleiter als die handelsüblichen Produkte.

    Aber auch wenn die Richtung der Forschungsarbeiten für die kommenden drei Jahre vorgegeben ist, so sind neue Überraschungen nicht auszuschließen. Es gibt 9000 verschiedene Schwammarten, die auf der ganzen Welt unter den verschiedensten Bedingungen überleben und Chancen für neue Entdeckungen bereithalten.

    Kontakt und Informationen.
    Univ.-Prof. Dr. Werner E.G. Müller
    Institut für Physiologische Chemie und Pathobiochemie
    Angewandte Molekularbiologie
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    Tel. +49 6131 39-25910
    Fax +49 6131 39-22524
    E-Mail: wmueller@uni-mainz.de


    Weitere Informationen:

    http://www.biotecmarin.de/content/
    http://www.uni-mainz.de/FB/Medizin/PhysiolChemie/physiol/molekular/molekular_sta...
    http://www.uni-mainz.de/presse/25814.php - Bildarchiv


    Bilder

    Tethya-Schwamm in der Adria
    Tethya-Schwamm in der Adria
    Institut für Physiologische Chemie
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    Spicula eines Riesenschwammes als Lichtleiter
    Spicula eines Riesenschwammes als Lichtleiter
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Medizin, Umwelt / Ökologie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

    Tethya-Schwamm in der Adria


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