idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
05.10.2009 12:37

Neuer Bluttest für Alzheimer

Stefan Weller Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität

    Wissenschaftler der Universitätsmedizin Göttingen untersuchen neuen Ansatz zur Früherkennung von Alzheimer. Erste Ergebnisse der klinischen Grundlagenforschung wurden jetzt veröffentlicht in der Online-Ausgabe des renommierten Fachmagazin "Neurobiology of Aging".

    (umg) Nur wer wirklich an Alzheimer erkrankt ist, darf mit Medikamenten dagegen behandelt werden. Deshalb sucht die Alzheimer-Forschung nach einem geeigneten Test, mit dem sich die Krankheit "Alzheimer" möglichst frühzeitig und eindeutig bestimmen lässt. Wissenschaftler der Arbeitsgruppe für Molekulare Psychiatrie (Leiter. Prof. Dr. Thomas Bayer) in der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Göttingen haben einen vielversprechenden Ansatz für die Früherkennung der Alzheimer Demenz entwickelt. Neu ist: Das Testverfahren weist im Blut spezielle Antikörper nach, die von der körpereigenen Immunabwehr im Kampf gegen ein für Nervenzellen besonders giftiges Eiweiß, das so genannte Pyroglutamat-Abeta Peptid, gebildet werden. Die Forscher der Universitätsmedizin Göttingen und ihre Kollegen von der Universität Upsalla haben zudem herausgefunden, dass bei Menschen mit ersten Anzeichen einer leichten kognitiven Beeinträchtigung die Antikörperspiegel mit ihrem kognitiven Status in einem psychologischen Test korrelieren. Die Ergebnisse ihrer bisherigen Forschungen sind jetzt in der Online-Ausgabe des renommierten Fachmagazins "Neurobiology of Aging" international erschienen.

    Originalveröffentlichung: Marcello A, Wirths O, Schneider-Axmann T, Degerman-Gunnarsson M, Lannfelt L, Bayer TA (2009) Reduced levels of IgM autoantibodies against N-truncated pyroglutamate Abeta in plasma of patients with Alzheimer's disease. Neurobiol Aging, 10.1016/j.neurobiolaging.2009.08.011
    LINK: http://dx.doi.org/10.1016/j.neurobiolaging.2009.08.011

    Der Göttinger Alzheimer-Test nutzt neue Erkenntnisse über ein spezielles Eiweiß, das so genannte "Pyroglutamat-Abeta-Peptid". Dieses Eiweiß gehört zwar zu der Familie der Abeta-Peptide, wie sie sich im Hirn von Alzheimer-Patienten in den typischen "Amyloid-Plaques" nachweisen lassen. Doch es handelt sich um ein modifiziertes, also verändertes Abeta-Peptid. Es entsteht in den Nervenzellen durch die Zyklisierung von N-terminal trunkiertem Abeta. Und es unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt: Das Pyroglutamat-Abeta-Peptid wirkt in Zellkulturen sehr giftig.

    Die Arbeitsgruppe um den Neurobiologen Prof. Dr. Thomas Bayer und ihre Koopertionspartner von der Firma Probiodrug aus Halle, konnten kürzlich nachwei-sen, dass das Pyroglutamat-Abeta-Peptid auch im Tiermodell giftig wirkt. Ihre Ergebnisse: Die neu entwickelten transgenen Mäuse produzieren das Pyroglutamat-Abeta-Peptid hauptsächlich in den Nervenzellen. Die Nervenzellen starben darauf hin ab. Die Mäuse zeigten neurologische Verhaltensdefizite. "Das Tiermodell bestätigt unsere früheren Studien an zwei anderen Tiermodellen, dass nicht die Amyloid-Plaques, sondern vielmehr die Bildung von Abeta-Peptiden innerhalb der Nervenzelle, ursächlich für den Alzheimer-typischen Zelltod ist", sagt Prof. Dr. Thomas Bayer. "Auf diesen Erkenntnissen haben wir unseren neuen Alzheimer-Frühtest aufgebaut. Wir messen im Blutplasma gezielt die Antikörper, die gegen Pyroglutamat-Abeta-Peptid gerichtet sind."

    In einer aktuell durchgeführten Studie hat das Team um Professor Bayer die Ideen und Erkenntnisse aus dem Mausmodell mit der Praxis abgeglichen. Sie haben (Blut-)Plasmaproben von Patienten mit Alzheimer Demenz und von Patienten mit leichter kognitiver Beeinträchtigung genommen und mit denen von gesunden Probanden verglichen. Insbesondere für die Gruppe der Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung wäre ein Alzheimer-Frühtest hilfreich. Denn es hat sich gezeigt, dass diese Gruppe ein hohes Risiko hat, eine Alzheimer De-menz zu entwickeln.

    ERGEBNISSE
    In den verschiedenen Plasmaproben wurden die Spiegel von körpereigenen Anti-körpern der IgM Klasse (IgM Autoantikörper) gegen Pyroglutamat-Abeta-Peptide gemessen. Dabei kamen die Forscher zu diesen Ergebnissen: Alzheimer-Patienten hatten weniger Antikörper, ihre Antikörperspiegel waren signifikant niedriger als bei gesunden Personen. In der Gruppe der Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung korrelierten die Autoantikörperspiegel mit ihrem kognitiven Status. Danach besteht offenbar ein Zusammenhang zwischen der Höhe des Antikörperspiegels gegen Pyroglutamat-Abeta-Peptide und der Gedächtnisleistung eines Menschen. "Höhere Autoantikörperspiegel korrelieren mit besseren Gedächtnisleistungen", sagt Prof. Dr. Thomas Bayer.

    Die Bedeutung der Befunde ist zurzeit Gegenstand aktueller Untersuchungen. "Es könnte sein, dass höhere Autoantikörperspiegel schützend wirken und das Risiko für das Entstehen einer Alzheimer Demenz vermindern", sagt Prof. Bayer. Doch ob dies wirklich zutrifft, muss erst weiter untersucht werden. Die Ergebnisse der Pilotstudie werden zurzeit an einer größeren Stichprobe mit Menschen analysiert. Die Hoffnung der Forscher: Sie möchten gerne helfen, frühzeitig Menschen mit einem erhöhtem Risiko für Alzheimer in einem frühen Stadium mit nur geringen Nervenzell-Schädigungen zu erkennen. Damit sie früher als bisher behandelt werden können.

    Bildnachweis: Die Abbildungen 1 und 2 sind in folgender Arbeit erschienen:
    Intraneuronal pyroglutamate-Abeta 3-42 triggers neurodegeneration and lethal neurological deficits in a transgenic mouse model, Oliver Wirths, Henning Breyhan, Holger Cynis, Stephan Schilling, Hans-Ulrich Demuth, Thomas A. Bayer
    Received: 22 April 2009 / Revised: 3 June 2009 / Accepted: 6 June 2009 / Published online: 23 June 2009
    © The Author(s) 2009. This article is published with open access at Springerlink.com
    Acta Neuropathol (2009) 118:487-496, DOI 10.1007/s00401-009-0557-5
    LINK: http://www.springerlink.com/content/c027457238pk7611/

    WEITERE INFORMATIONEN
    Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität
    Abt. Psychiatrie und Psychotherapie
    Arbeitsgruppe für Molekulare Psychiatrie
    Prof. Dr. Thomas A. Bayer, Telefon 0551-39-22912, Fax 0551-39-10291
    Email: tbayer@gwdg.de
    Von-Siebold-Straße 5, 37075 Göttingen
    http://www.alzheimer-bayer.de/

    International Alzheimer Ph.D. Graduate School:
    http://www. neurad-alzheimer.de/


    Weitere Informationen:

    http://www.springerlink.com/content/c027457238pk7611/
    http://dx.doi.org/10.1016/j.neurobiolaging.2009.08.011
    http://www.alzheimer-bayer.de
    http://www. neurad-alzheimer.de


    Bilder

    Abb.1: Pyroglutamat Abeta ist toxisch im Tiermodell. Normalerweise sind die Nervenzellen wie auf einer Perlschnur nebeneinander aufgereiht. Doppel-Färbungen von Purkinjezellen in grün und Abeta in rot zeigen einen deutlichen Nervenverlust, da grün gefärbte Nervenzellen abgestorben sind. In Abbildung 1 sieht man, dass Abeta in den Nervenzellen aggregiert.
    Abb.1: Pyroglutamat Abeta ist toxisch im Tiermodell. Normalerweise sind die Nervenzellen wie auf ein ...
    Wirths et al. (2009) Acta Neuropathol. 118:487-496
    None

    Prof. Dr. Thomas Bayer, Universitätsmedizin Göttingen
    Prof. Dr. Thomas Bayer, Universitätsmedizin Göttingen
    umg
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Abb.1: Pyroglutamat Abeta ist toxisch im Tiermodell. Normalerweise sind die Nervenzellen wie auf einer Perlschnur nebeneinander aufgereiht. Doppel-Färbungen von Purkinjezellen in grün und Abeta in rot zeigen einen deutlichen Nervenverlust, da grün gefärbte Nervenzellen abgestorben sind. In Abbildung 1 sieht man, dass Abeta in den Nervenzellen aggregiert.


    Zum Download

    x

    Prof. Dr. Thomas Bayer, Universitätsmedizin Göttingen


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).