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21.04.2011 16:50

Durch Verformung zur Toleranz

Dr. Werner Klotzbücher, MPI für Bioanorganische Chemie Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

    Wie Bakterien mit der Sauerstoffempfindlichkeit ihrer Enzyme umgehen

    Die Medien verkünden das kommende Wasserstoff-Zeitalter - aber erwähnen selten die Quelle für diesen umweltfreundlichen Energieträger. Wasserstoffgas ist in der Erdatmosphäre praktisch nicht vorhanden; derzeit wird es fast ausschließlich aus fossilen Energiequellen (Erdgas) erzeugt. Für den riesigen Bedarf einer zukünftigen „Wasserstoffwirtschaft“ sollte es durch Spaltung des reichlich vorhandenen Wassers auf der Erde durch Sonnenlicht regenerativ erzeugt werden. Dies erfordert Entwicklung und Einsatz geeigneter Katalysatoren, an denen weltweit intensiv gearbeitet wird.

    Dabei suchen Wissenschaftler auch in der Natur nach Ideen - schließlich hatte diese Millionen von Jahren Zeit zur Optimierung ihrer Biokatalysatoren (Enzyme). Lichtinduzierte Wasserspaltung findet täglich durch Photosynthese in allen grünen Pflanzen, Algen und einigen Bakterien im sogenannten „Photosystem 2“ statt. Zur Produktion oder Verarbeitung von Wasserstoff nutzt die Natur die Hydrogenasen: Proteine, die Eisen (und oft auch auch Nickel) in einer komplexen Umgebung enthalten.

    Leider sind diese Proteine sehr empfindlich gegenüber Sauerstoff. Als kürzlich Hydrogenasen entdeckt wurden, die ihre katalytische Aktivität auch an Luft beibehalten, haben sich Forscher auf die Suche nach möglichen Gründen für diese bemerkenswerte „Sauerstofftoleranz“ gemacht. Bei der Untersuchung des Elektronentransfers einer [NiFe]-Hydrogenase aus dem hitzestabilen Bakterium Aquifex aeolicus (einer Mikrobe, die nahe Unterwasservulkanen lebt und sich selbst bei 95 Grad sehr wohlfühlt) entdeckten Forscher des Instituts in Kooperation mit einer Forschergruppe aus Marseille einen ungewöhnlichen Eisen-Schwefel-Cluster mit verzerrter Würfelstruktur, der ganz besondere Eigenschaften aufweist, nämlich zwei Elektronenübergänge ausführen kann. Dies ist bisher noch nie für einen Cluster dieser Art beschrieben worden und kann auf seine besondere Struktur (Bindung durch sechs anstelle von nur vier Aminosäuren des Typs Cystein, Cys; siehe Abbildung) zurückgeführt werden.

    Offensichtlich steht diese neuartige Clusterstruktur, die auch in anderen Bakterien mit diesen Eigenschaften vermutet wird, in direktem Zusammenhang mit der bemerkenswerten Toleranz dieses Enzyms gegenüber molekularem Sauerstoff. An der endgültigen Klärung dieses Phänomens auf molekularer Ebene wird intensiv gearbeitet; sie ist von zentraler Bedeutung für den biotechnologischen Einsatz dieser Enzymklasse bzw. für den Bau von biomimetischen (der Natur nachempfundenen) Katalysatoren zur Wasserstoffgewinnung durch die mit Sonnenlicht getriebene Wasserspaltung.

    Quelle:
    Characterization of a unique [FeS] cluster in the electron transfer chain of the oxygen tolerant [NiFe] hydrogenase from Aquifex aeolicus
    Maria-Eirini Pandelia, Wolfgang Nitschke, Pascale Infossi, Marie-Thérèse Giudici-Orticoni, Eckhard Bill, and Wolfgang Lubitz
    Max-Planck-Institut für Bioanorganische Chemie, D-45470 Mülheim a.d. Ruhr, Germany; Laboratoire de Bioénergétique et Ingénierie des Protéines, Mediterranean Institute of Microbiology, F-13402 Marseille, France
    www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1100610108

    Diese Mitteilung finden Sie auch als PDF auf unserer Webseite
    unter http://www.mpibac.mpg.de > Öffentlichkeitsarbeit > Pressemitteilungen.
    Weitere Informationen und hochauflösendes Bildmaterial können Sie
    vom Beauftragten für Öffentlichkeitsarbeit, Dr. W. Klotzbücher, erhalten.


    Bilder

    verzerrter Eisenschwefelcluster
    verzerrter Eisenschwefelcluster
    MPI für Bioanorganische Chemie
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Elektrotechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    verzerrter Eisenschwefelcluster


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