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11.10.2011 11:05

Licht steuert Licht: Wie ein optischer Transistor funktioniert

Christian Wißler Mediendienst Forschung
Universität Bayreuth

    Der Transistor ist eine der einflussreichsten Erfindungen des 20. Jahrhunderts. In Fernsehern, Telefonen, Computern und anderen Geräten des Alltags hat er die Schlüsselfunktion, elektrische Signale durch elektrische Signale zu steuern. Je kleiner dabei die Schaltkreise sind, mit denen die Signale übertragen werden, desto schneller ist die Verarbeitung der Daten. An der Universität Bayreuth hat ein Forschungsteam um Prof. Dr. Jürgen Köhler, Dr. Martti Pärs und Prof. Dr. Mukundan Thelakkat jetzt die Verstärkerfunktion eines optischen Transistors demonstriert. Die Pointe: In diesem Transistor ersetzt Licht den Strom. Lichtsignale werden durch Lichtsignale gesteuert.

    In der neuen Online-Ausgabe der Zeitschrift "Angewandte Chemie International Edition" stellen die Bayreuther Wissenschaftler ihre Entdeckung vor. An den Forschungsarbeiten war insbesondere Dr. Martti Pärs, ein Bayreuther Nachwuchswissenschaftler, beteiligt. Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse sind hervorgegangen aus der engen Zusammenarbeit zwischen der Experimentalphysik und der Makromolekülchemie auf dem Bayreuther Campus. Sie legen Grundlagen für eine völlig neue Generation von Transistoren. Die DFG fördert die Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet im Rahmen des Graduiertenkollegs "Fotophysik synthetischer und biologischer multichromophorer Systeme".

    Zwei Moleküle im Team:
    Ein lichtgesteuerter Schalter und ein leuchtstarker Partner

    Das in Bayreuth verwendete Bauprinzip eines optischen Transistors ist einfach. Zwei Moleküle werden chemisch miteinander verbunden. Durch Lichtsignale mit unterschiedlichen Wellenlängen wird das eine der beiden Moleküle abwechselnd in einen Zustand A oder B versetzt. Es reagiert dabei wie ein Schalter, der zwischen zwei gegensätzlichen Stellungen hin- und herspringt. Je nachdem, ob sich dieses lichtgesteuerte Schalter-Molekül im Zustand A oder B befindet, sendet das mit ihm verbundene Molekül ein schwaches oder starkes Lichtsignal aus: Licht steuert Licht. Dabei entsteht ein erheblicher Verstärkungseffekt. Denn schon ein kleines Lichtsignal reicht aus, um das Schalter-Molekül in eine Stellung zu bringen, in der das Partnermolekül stark aufleuchtet.

    Prinzipielle Vorteile:
    Höchste Effizienz auf kleinstem Raum

    Ein so funktionierender Transistor bietet erhebliche Vorteile, wenn man ihn mit herkömmlichen Transistoren vergleicht: Letztere lassen sich aus physikalischen Gründen nicht beliebig verkleinern. Allen Bestrebungen, möglichst kleine Schaltkreise für den Transport elektrischer Signale zu entwickeln, ist eine natürliche Grenze gesetzt. Hingegen lässt sich eine Steuerung von Lichtsignalen durch Lichtsignale bereits auf molekularer Ebene realisieren, wie die Bayreuther Wissenschaftler jetzt gezeigt haben. Optische Transistoren kann es daher prinzipiell bereits auf molekularer Längenskala geben. Sie sind von Hause aus kleiner und damit auch schneller als elektrische Transistoren.

    Ein weiterer Vorteil: Weil Lichtsignale – im Gegensatz zu elektrischen Signalen – sich nicht gegenseitig stören, können mehrere optische "Mini-Transistoren" zu einem größeren und umso leistungsfähigeren Transistor zusammengesetzt werden. Dann werden viele Daten auf kleinstem Raum parallel verarbeitet. Und schließlich ist jeder optische Transistor, wie groß er auch sein mag, in einer Hinsicht unschlagbar: Alle Signale werden mit Lichtgeschwindigkeit verarbeitet – schneller geht’s nicht.

    Physikalische Details:
    Aus dem Innenleben eines optischen Transistors

    Bei dem in Bayreuth verwendeten Schalter-Molekül handelt es sich um Dithienylcyclopenten (DCP). Im Zentrum dieses symmetrisch aufgebauten Moleküls befindet sich ein Kohlenstoffring. Ist dieser Ring geschlossen, öffnet er sich, sobald er von einem ultravioletten Lichtstrahl (280 - 310 nm) getroffen wird. Ist der Ring offen, schließt er sich, sobald er einem sichtbaren farbigen Lichtstrahl (500 - 650 nm) ausgesetzt ist. Weil das DCP, abhängig von der Wellenlänge des Lichtstrahls, zwischen den beiden Strukturen hin- und herwechselt, wird es in der Forschung als photochromes Molekül bezeichnet.

    An gegenüberliegenden Seiten des DCP haben die Bayreuther Forscher zwei organische Moleküle angehängt, die der Gruppe der Perylenbisimide (PBI) angehören. PBI-Moleküle sind dafür bekannt, dass sie stark aufleuchten – genauer gesagt: fluoreszieren – können. Dies ist immer dann der Fall, wenn ein PBI-Molekül Lichtenergie absorbiert hat und diese in vollem Umfang nach außen abgibt.

    Ein PBI-Molekül, das wie ein Arm an ein DCP-Molekül angehängt ist, leuchtet unterschiedlich stark – je nachdem, ob der Ring in diesem Schalter-Molekül offen oder geschlossen ist. Ist er geschlossen, befindet sich das DCP auf einem relativ niedrigen Energieniveau. Infolgedessen überträgt das PBI den größten Teil seiner absorbierten Lichtenergie auf das DCP. Das DCP gibt die Lichtenergie ohne Fluoreszenzeffekte nach außen ab. Das PBI selbst leuchtet in diesem Fall nur schwach. Ist der Ring im DCP jedoch offen, verhält es sich umgekehrt. Dann befindet sich das DCP auf einem so hohen Energieniveau, dass das PBI keine Lichtenergie an das DCP weitergeben kann. Stattdessen leitet es die absorbierte Lichtenergie uneingeschränkt nach außen weiter: Das PBI leuchtet stark.

    Weitere Herausforderungen für die Forschung

    Mit diesen Forschungsergebnissen zeichnet sich die Zukunftsvision einer neuartigen Generation von Transistoren ab. Damit sie eines Tages verwirklicht werden kann, sind aber weitere Forschungsarbeiten erforderlich. Beispielsweise hat es den Anschein, als ob die fluoreszierenden PBI-Moleküle während langer Zeiträume ausbleichen, so dass ihre Leuchtkraft schwächer wird. Diesen Effekt gilt es genauer zu untersuchen. Ein weiterer Aspekt: In der bisher verwendeten Versuchsanordnung dauert es relativ lange, bis sich die Ringe bei einer großen Zahl von DCP-Molekülen öffnen und wieder schließen. Folglich sind die Abstände zwischen den dadurch gesteuerten Lichtsignalen noch ziemlich groß. Das Bayreuther Forschungsteam sucht deshalb nach einer Lösung, um diese Zeiten zu verkürzen.

    Veröffentlichung:

    Martti Pärs, Christiane C. Hofmann, Katja Willinger, Peter Bauer,
    Mukundan Thelakkat, and Jürgen Köhler,
    An Organic Optical Transistor Operated under Ambient Conditions,
    in: Angewandte Chemie International Edition 2011, 50,
    Article first published online: 5 Oct 2011
    DOI-Bookmark: 10.1002/anie.201104193

    Ansprechpartner für weitere Informationen:

    Prof. Dr. Jürgen Köhler
    Experimentalphysik IV
    Universität Bayreuth
    D-95440 Bayreuth
    Telefon: +49 (0)921 / 55-4000 und 55-4001
    E-Mail: Juergen.Koehler@uni-bayreuth.de

    Dr. Martti Pärs
    Experimentalphysik IV
    Universität Bayreuth
    D-95440 Bayreuth
    Telefon: +49 (0)921 / 55-4003
    E-Mail: Martti.Paers@uni-bayreuth.de

    Prof. Dr. Mukundan Thelakkat
    Angewandte Funktionspolymere
    Universität Bayreuth
    D-95440 Bayreuth
    Telefon: +49 (0)921 / 55-3108
    E-Mail: Mukundan.Thelakkat@uni-bayreuth.de


    Bilder

    Dr. Martti Pärs arbeitet am Lehrstuhl für Experimentalphysik IV der Universität Bayreuth. Die Experimente zur Funktion eines optischen Transistors hat er maßgeblich vorangetrieben. Mit seinen Forschungsarbeiten ist er eingebunden in das DFG-Graduiertenkolleg "Fotophysik synthetischer und biologischer multichromophorer Systeme".
    Dr. Martti Pärs arbeitet am Lehrstuhl für Experimentalphysik IV der Universität Bayreuth. Die Experi ...
    Foto: Lehrstuhl für Experimentalphysik IV, Universität Bayreuth; zur Veröffentlichung frei.
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Chemie, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Dr. Martti Pärs arbeitet am Lehrstuhl für Experimentalphysik IV der Universität Bayreuth. Die Experimente zur Funktion eines optischen Transistors hat er maßgeblich vorangetrieben. Mit seinen Forschungsarbeiten ist er eingebunden in das DFG-Graduiertenkolleg "Fotophysik synthetischer und biologischer multichromophorer Systeme".


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