Im Alltag der modernen westlichen Gesellschaften sind Wissenschaft, Technologie und gesellschaftliche Ordnung eng miteinander verknüpft. Ihr Zusammenspiel steht im Mittelpunkt der Science and Technology Studies, kurz STS. Dieses Forschungsfeld ist noch jung in Deutschland. Das vor kurzem im transcript Verlag erschienene Buch „Science and Technology Studies - eine sozialanthropologische Einführung“ bildet die erste deutschsprachige Auseinandersetzung mit STS aus der Perspektive der Sozialanthropologie.
Der Band bietet einen Überblick über diesen Forschungsbereich: Hier werden vier zentrale Forschungsansätze des STS vorgestellt, ergänzt um mehrere empirische Fallbeispiele. Mitherausgeberin ist die Kulturpsychologin Prof. Dr. Estrid Sørensen von der Ruhr-Universität Bochum.
Beiträge aus der Sozial- und Kulturanthropologie
Das Ziel von Prof. Sørensen und den anderen Mitherausgebern des Bands, Prof. Dr. Stefan Beck und Prof. Dr. Jörg Niewöhner (Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin), ist das Interesse am Forschungsgebiet zu fördern und die Zusammenarbeit zwischen STS und sozialanthropologischen Ansätzen zu verstärken. „Die sozialanthropologische Perspektive ist besonders fruchtbar, weil sie einen sehr praxisnahen Forschungsansatz bietet“, so Professor Sørensen. Seit Juli 2010 arbeitet die Juniorprofessorin in der Mercator Forschungsgruppe „Räume anthropologischen Wissens: Produktion und Transfer“ an der Ruhr Universität Bochum.
Spannungen, Widersprüche, Grenzen, Allianzen
Prof. Sørensen befasst sich in der Forschung und in ihrem neuen Buch unter anderem mit der Post-Akteur-Netzwerk-Theorie. Sie untersucht, wie Praktiken und ihre Teilnehmer durch digitale Technologien vermittelt sind. Im Fokus stehen z.B. die Zusammenhänge zwischen Kindern und gewalthaltigen Computerspielen. Sowohl „ein Kind“ wie auch z.B. „ein Computerspiel“ werden das, was sie sind, durch die Praktiken, in denen sie in Verbindung miteinander treten. Es sind zum Beispiel unterschiedliche „Kinder“ und verschiedene „Computerspiele“, die einem in der Medienwirkungsforschung, in der Alterseinstufung von Spielen und in den Praktiken von spielenden Jugendlichen begegnen, erklärt die Professorin. „Jede dieser Praktiken geht aber nicht nur unterschiedlich mit Gewaltspielen um. Jede ist auch mit den anderen verwoben, wodurch Spannungen, Widersprüche, Grenzen und auch manchmal Allianzen entstehen. Eine zentrale Aufgabe meines Forschungsprojektes ist, Methoden und Konzepte zu entwickeln, die solch komplexe Beziehungen beschreiben und erklären können“, sagt Prof. Sørensen.
Die Welt wird zunehmend komplex
„Durch Entwicklungen in Wissenschaft und Technologie wird die Welt zunehmend verwickelt, und viele sozial- und kulturwissenschaftliche Ansätze erfahren, dass Kategorien, die früher für die Erklärung der Kultur und Gesellschaft nützlich waren, an Erklärungskraft verlieren – oft weil sie unter-komplex sind. Sozialanthropologische Perspektive und Methoden versuchen nicht die Komplexität durch komplexitätsreduzierende Modelle zu erklären, sondern fragen, wie sozio-materielle Praktiken selbst mit Komplexität umgehen, da sie diese Vielfalt erzeugen und reduzieren.“ An dieser Stelle kommt die STS ins Spiel: „Hier geht es vor allem um die Komplexität und Vielfalt von Praktiken, die eng mit dem Wissenschaft und der Technologien verbunden sind. Die Theorie untersucht, wie diese zwei Elemente sowohl innerhalb als auch außerhalb von Wissenschafts- und Technologieentwicklungs-Institutionen vielfältige Formen annehmen – oft gleichzeitig, in Spannung und sogar Widerspruch zueinander“, erklärt die Autorin.
Titelaufnahme
Stefan Beck, Jörg Niewöhner, Estrid Sørensen (Hrsg.): Science and Techology Studies. Eine sozialanthropologische Einführung, transcript Verlag, Bielefeld 2012, ISBN 978-3-8376-2106-8
Weitere Informationen
Prof. Dr. Estrid Sørensen, Mercator Research Group „Räume anthropologischen Wissens: Produktion und Transfer“, Ruhr-Universität Bochum, Tel. 0234/32-27947, estrid.sorensen@rub.de
Redaktion: Stefania Parnici
Prof. Dr. Estrid Sørensen
Foto: RUB-Pressestelle, Babette Sponheuer
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Medien- und Kommunikationswissenschaften
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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