idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
25.06.2013 07:56

Was Zecken in sich verstecken: Studie zeigt Verbreitung infizierter Zecken im Rhein-Main-Gebiet

Sabine Wendler LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

    Frankfurt, 25.6.2013 Das regionale Infektionsrisiko zeckenübertragener Krankheiten wird bisher daran abgeschätzt, wie viele Krankheitsfälle in den Vorjahren in der Region auftraten. Untersuchungen darüber, wie viele Zecken die Erreger von Lyme-Borreliose oder Frühsommer-Meningoenzephalitis in sich tragen, fehlten in Hessen dagegen. Wissenschaftler des Biodiversität und Klima Forschungszentrums und des Klinikums der Goethe-Universität sammelten und analysierten deshalb Tausende von Zecken im Rhein-Main-Gebiet. Ihre im Fachmagazin Ticks and Tick-borne Diseases veröffentlichte Studie zeigt: Der Main ist eine Barriere zwischen unterschiedlich belasteten Gebieten.

    Zwei Krankheiten, zwei Erreger: Beide kann eine damit infizierte Zecke beim Stich auf ihren Wirt übertragen. Während die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), eine Form der Hirnhautentzündung, von einem Virus verursacht wird, ist Borreliose die Folge einer Infektion mit einem Bakterium der Gattung Borrelia. Borreliose äußert sich zunächst meist durch einen ringförmigen Hautausschlag, kann aber auch eine Reihe weiterer Krankheitserscheinungen und Komplikationen verursachen.

    Wo sich Mensch und Zecke treffen

    Obwohl es Zecken überall in Mitteleuropa gibt, treten Krankheitsfälle des Menschen sehr unterschiedlich verteilt auf. Als Risikogebiete gelten Landkreise, in denen in den Vorjahren Erkrankungen beim Menschen aufgetreten sind. Doch das eigentliche Risiko steckt in den Zecken selbst. Der Anstieg der zeckenübertragenen Krankheiten – mit in Deutschland geschätzten bis zu 100.000 Borreliose-Neuinfektionen im Jahr – macht es nötig, mehr über die Verbreitung und das Leben der Zecken zu erfahren, vor allem über ihr Potenzial als sogenannte Vektoren für Zoonosen, also als Überträger vom Tier auf den Menschen übertragbarer Krankheiten.„Das Risiko einer Ansteckung ist dort hoch, wo viele Menschen draußen unterwegs sind und auf mit den Erregern befrachtete Zecken treffen“, erläutert Entomologe Dr. Jens Amendt.

    Also ist es wichtig, zu wissen, wie belastet die Zecken wirklich sind. Die Wissenschaftler des Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiK-F) und des Klinikums der Goethe-Universität Frankfurt haben daher Zecken aus dem Ballungsgebiet Rhein-Main gesammelt. Insgesamt 12.497 Zecken der Art Ixodes ricinus, des Gemeinen Holzbocks, streiften sie aus der Vegetation heraus. Die gesammelten Zecken wurden nach Entwicklungsstadium geordnet und einzeln oder gruppenweise auf potenziell ansteckende Fracht untersucht.

    Von den neun Untersuchungsgebieten der Studie gelten vier als Risiko-Gebiete für die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Nur in diesen Risikogebieten enthielt ein kleiner Teil der Proben (0,08%) auch das FSME verursachende Virus. Die Erreger der Borreliose, Bakterien des Borrelia-burgdorferi-Komplexes, kamen dagegen in allen Untersuchungsgebieten vor; insgesamt wurden sie in 9,5% der infizierten Zecken gefunden. Die bei weitem häufigste Art unter den fünf nachgewiesenen Borrelien-Spezies war mit 81,3% Borrelia afzelii.

    Main als natürliche Barriere

    „Wenn man die regionale Verteilung betrachtet, waren südlich des Mains deutlich mehr Zecken positiv für Borrelia-Arten als nördlich davon“, sagt Dr. Ulrich Kuch vom Biodiversität und Klima Forschungszentrum. „Der Main stellt also eine natürliche Barriere dar.“ Das kann daran liegen, dass Flüsse für die Wirtstiere – mit Ausnahme von Vögeln und Fledermäusen – ein kaum überwindbares Hindernis sind, das auch die Zecken und die in Wirt und Zecke transportierten Krankheitserreger an der Ausbreitung hindert.

    „Als nächstes muss nun geklärt werden, welche Tiere im Rhein-Main-Gebiet vor allem als Reservoir für Borrelien und andere Krankheitserreger Bedeutung haben. Ein besseres Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Wirt-Überträger-Pathogen, Umwelteinflüssen und menschlicher Aktivität kann letztlich auch helfen, bessere Strategien zur Eindämmung von Krankheiten zu entwickeln“, stellt Amendt in Aussicht.

    Publikation:
    Bingsohn L, Beckert A, Zehner R, Kuch U, Oehme R, Kraiczy P, Amendt J (2013): Prevalences of tick-borne encephalitis virus and Borrelia burgdorferi sensu lato in Ixodes ricinus populations of the Rhine-Main region, Germany. Ticks and Tick-borne Diseases (2013), http://dx.doi.org/10.1016/j.ttbdis.2012.11.012

    Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:

    Dr. Jens Amendt
    Institut für Rechtsmedizin
    Forensische Biologie/
    Entomologie
    Kennedyallee 104
    60596 Frankfurt am Main
    Tel. +49 (0)69 6301 7571
    amendt@em.uni-frankfurt.de

    oder

    Dr. Ulrich Kuch
    LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F),
    Emerging and Neglected Tropical Diseases Unit
    Tel. +49 (0)69 7542 1818
    ulrich.kuch@senckenberg.de

    oder

    Dr. Julia Krohmer
    LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F),
    Transferstelle
    Tel. +49 (0)69 7542 1837
    julia.krohmer@senckenberg.de

    Pressephotos unter www.bik-f.de/root/index.php?page_id=32&ID=669&year=0

    -------------------------------
    LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Frankfurt am Main
    Mit dem Ziel, anhand eines breit angelegten Methodenspektrums die komplexen Wechselwirkungen von Biodiversität und Klima zu entschlüsseln, wird das Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK‐F) seit 2008 im Rahmen der hessischen Landes‐ Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) gefördert. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und die Goethe Universität Frankfurt sowie weitere direkt eingebundene Partner kooperieren eng mit regionalen, nationalen und internationalen Akteuren aus Wissenschaft, Ressourcen‐ und Umweltmanagement, um Projektionen für die Zukunft zu entwickeln und wissenschaftlich gesicherte Empfehlungen für ein nachhaltiges Handeln zu geben. Mehr unter www.bik‐f.de


    Bilder

    LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)
    LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)

    None

    Wissenschaftlerin auf Zeckenjagd
    Wissenschaftlerin auf Zeckenjagd
    © J. Amendt
    None


    Anhang
    attachment icon Download als pdf

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)


    Zum Download

    x

    Wissenschaftlerin auf Zeckenjagd


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).