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04.12.2013 19:00

Älteste menschliche DNA entziffert

Dr Harald Rösch Wissenschafts- und Unternehmenskommunikation
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

    Max-Planck-Forscher entziffern das mitochondriale Erbgut eines 400.000 Jahre alten Homininen aus Spanien

    Mithilfe neuester Extraktions- und Analysetechniken ist es Forschern vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig gelungen, eine nahezu vollständige mitochondriale Genomsequenz eines 400.000 Jahre alten Homininen aus Sima de los Huesos, Spanien, zu bestimmen. Anhand dieser Sequenz konnten die Forscher eine Verwandtschaft dieses Vertreters der Gattung Homo mit den Denisova-Menschen aufdecken, einem ausgestorbenen Verwandten des Neandertalers aus Asien. So alte DNA konnte bis vor kurzem nur von Fossilien aus Permafrostgebieten gewonnen werden.

    Die „Knochengrube“ Sima de los Huesos, eine einzigartige Höhle in Nordspanien, birgt das weltweit größte Inventar an homininen Fossilien aus dem Mittleren Pleistozän. Die mindestens 28 Skelette werden seit mehr als 20 Jahren von einem spanischen Forscherteam unter der Leitung von Juan-Luis Arsuaga ausgegraben und zusammengesetzt. Klassifiziert wurden die Fossilien als Homo heidelbergensis, sie weisen aber auch für den Neandertaler typische Merkmale auf. Bisher war es nicht möglich, das Erbgut dieser einzigartigen Homininen zu untersuchen.

    Matthias Meyer und sein Team vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig entwickelten kürzlich neue Techniken für die Gewinnung und Sequenzierung stark degradierter alter DNA, die sie zunächst erfolgreich auf die Überreste eines Höhlenbären aus Sima de los Huesos anwendeten. Anschließend entnahmen die Forscher dem Oberschenkelknochen eines Homininen aus derselben Höhle zwei Gramm Knochenpulver. Daraus extrahierten sie die DNA und entzifferten das Genom des Mitochondriums, welches einen kleinen Teil des Gesamtgenoms repräsentiert, in vielen Kopien pro Zelle vorkommt und mütterlicherseits an die Nachfahren weitergegeben wird. Die Forscher verglichen diese alte mitochondriale DNA (mtDNA) mit der von Neandertalern, Denisova-Menschen, heute lebenden Menschen und Menschenaffen.

    Anhand der in den alten DNA-Sequenzen fehlenden Mutationen berechneten die Forscher das Alter des Homininen aus Sima auf etwa 400.000 Jahre. Darüber hinaus stellten sie fest, dass dieser Hominine und die Denisova-Menschen vor etwa 700.000 Jahren einen gemeinsamen Vorfahren hatten. „Dass die mtDNA des Homininen aus Sima einen gemeinsamen Vorfahren mit der mtDNA des Denisova-Menschen und nicht mit der des Neandertalers teilt, überrascht uns, denn die Fossilien von Sima de los Huesos weisen Merkmale auf, die vom Neandertaler zu stammen scheinen”, sagt Matthias Meyer. Angesichts ihres Alters und der Ähnlichkeit zum Neandertaler könnten die Homininen aus Sima mit der Population verwandt sein, aus der später sowohl die Neandertaler als auch die Denisova-Menschen hervorgegangen sind. Alternativ dazu könnte eine andere Gruppe von Homininen Denisova-ähnliche mtDNA an die Sima-Homininen oder deren Vorfahren weitergegeben haben.

    „Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir nun sogar das Erbgut von menschlichen Verwandten untersuchen können, die vor mehreren hunderttausend Jahre lebten“, sagt Svante Pääbo, Direktor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. „Das eröffnet uns ganz neue und aufregende Möglichkeiten: Wir können jetzt womöglich die DNA der Vorfahren von Neandertalern und Denisova-Menschen analysieren.“

    „Dieses unerwartete Ergebnis deutet auf ein kompliziertes Evolutionsmuster hinsichtlich der Entstehung von Neandertalern und modernen Menschen“, sagt Juan-Luis Arsuaga, Direktor des Forschungszentrums zur Evolution und zum Verhalten des Menschen. „Weitere Studien werden hoffentlich zur Klärung der genetischen Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den Homininen aus Sima de los Huesos, den Denisova-Menschen und den Neandertalern beitragen.“ Um dieses Ziel zu erreichen, werden die Forscher nun versuchen, DNA von weiteren homininen Fossilien aus Sima zu gewinnen, darunter auch DNA-Sequenzen aus dem Zellkern.

    Originalpublikation:
    Matthias Meyer, Qiaomei Fu, Ayinuer Aximu-Petri, Isabelle Glocke, Birgit Nickel, Juan-Luis Arsuaga, Ignacio Martínez, Ana Gracia, José María Bermúdez de Castro, Eudald Carbonell and Svante Pääbo
    A mitochondrial genome sequence of a hominin from Sima de los Huesos
    Nature, 4. Dezember 2013 (DOI: 10.1038/nature12788)

    Ansprechpartner:
    Dr. Matthias Meyer
    Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
    Telefon: +49 341 3550-509
    E-Mail:mmeyer@eva.mpg.de

    Sandra Jacob
    Pressebeauftragte
    Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
    Telefon: +49 341 3550-122
    Fax: +49 341 3550-119
    E-Mail:info@eva.mpg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.mpg.de/7636592/hominine_aus_sima_de_los_huesos Die Originalpressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft und zusätzliches Bild- und Filmmaterial


    Bilder

    Skelett eines Homo heidelbergensis aus Sima de los Huesos, einer einzigartigen Höhle in Nordspanien.
    Skelett eines Homo heidelbergensis aus Sima de los Huesos, einer einzigartigen Höhle in Nordspanien. ...
    Javier Trueba, Madrid Scientific Films
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    Die Homininen aus Sima de los Huesos lebten vor ungefähr 400.000 Jahren während des Mittleren Pleistozäns.
    Die Homininen aus Sima de los Huesos lebten vor ungefähr 400.000 Jahren während des Mittleren Pleist ...
    Javier Trueba, Madrid Scientific Films
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Geschichte / Archäologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Skelett eines Homo heidelbergensis aus Sima de los Huesos, einer einzigartigen Höhle in Nordspanien.


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    Die Homininen aus Sima de los Huesos lebten vor ungefähr 400.000 Jahren während des Mittleren Pleistozäns.


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