idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
01.09.2014 09:16

Reale Bedrohung aus Iran? Zum Stand der NATO-Raketenabwehr in Europa

Babette Knauer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit & Fundraising
Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung

    Eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) analysiert das in Europa im Aufbau befindliche Raketenabwehrsystem der USA und die bestehenden Programme der NATO, die vor Raketenangriffen aus Iran schützen sollen. Der Autor schlussfolgert: Es gibt keine überzeugenden Iran-bezogenen Bedrohungsszenarien, die sowohl die gegenwärtigen Programme der USA als auch die derzeit zusätzlich vorhandenen Abwehrsysteme europäischer NATO-Mitglieder rechtfertigten.

    Auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der NATO-Mitgliedsländer am 4. und 5. September in Wales will die Allianz demonstrieren, dass sie „Stabilität in einer Welt ohne Vorhersehbarkeit“ schaffen kann. Das trifft auch für die Raketenabwehraktivitäten des Bündnisses und vor allem für die der USA zu, die Europa vor Raketenangriffen aus Iran schützen sollen – US-Präsident Barack Obama hat die iranischen Arsenale als „reale Gefahr“ bezeichnet.

    Vor diesem Hintergrund untersucht der aktuelle Policy Brief "U.S./NATO Missile Defense in Europe. Implications for Iran and the Two Major Conveners of the Helsinki Conference" von PD Dr. Bernd W. Kubbig, Projektleiter am Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), die US- und NATO-Raketenabwehr in Europa, ihre Auswirkungen auf Iran und auf die Umsetzung der geplanten Helsinki-Konferenz. So erläutert Kubbig, dass das mit Raketenabwehrwaffen ausgerüstete Aegis-Schiff, das Kernelement des US-Abwehrschirms für Europa gegen iranische Raketen ist, nach Meinung des Pentagons nicht ständig im Einsatz sein und nicht jeden Ort in NATO-Europa schützen muss. Laut Bernd W. Kubbig unterstreicht diese überraschende operative Tatsache, dass selbst aus offizieller Sicht die „reale Bedrohung“ aus dem Iran nicht beständig in gleicher Intensität besteht.

    Vertreter der Obama-Regierung erklärten wiederholt, dass die US-Abwehraktivitäten in Europa den Kontinent und seine Bevölkerung ab 2018 zu schützen vermögen. Dies wirft für Kubbig die Frage auf, warum die teuren und technologisch äußerst begrenzten Raketenabwehrwaffen von europäischen NATO-Partnern hierfür zusätzlich notwendig sind. „Sie sind einfach für die Territorialverteidigung selbst der östlichen Türkei nicht geeignet, wobei die türkische Regierung in Ankara in absehbarer Zeit seine eigenen Systeme aufstellen wird“, erläutert der Autor der Studie. Für das Ziel, Soldaten der Mitgliedsstaaten bei Einsätzen außerhalb des Bündnisses gegen Raketen zu schützen, gebe es keine überzeugenden Iran-bezogenen Szenarien, so Kubbig.

    Der Policy Brief betont außerdem die wichtige Rolle der USA und Russlands, daran mitzuwirken, dass die Helsinki-Konferenz noch vor der Überprüfungskonferenz des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrages im Frühling 2015 in New York stattfindet. Mehr als 20 Jahre nach Ende des Kalten Krieges hat die Raketenabwehr, anders als von ihren Befürwortern erwartet, die Kooperation zwischen Ost und West nicht verstärkt. Vielmehr hat sie zu einem zunehmend konfrontativen Klima zwischen Staaten beigetragen.
    Laut Kubbig ist es dennoch für die USA und Russland, die beiden Haupteinladenden der Helsinki-Konferenz, trotz der Ukraine-Krise nicht zu spät für eine große gemeinsame Kraftanstrengung, damit das internationale Treffen in der finnischen Hauptstadt stattfindet. Das gezielte wie entschlossene bilaterale Vorgehen der USA und Russlands, das dazu führte, dass das syrische Regime der Chemiewaffenkonvention beitrat, gebe hierzu Hoffnung, so Kubbig.

    PD Dr. Bernd W. Kubbig ist Projektleiter am Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) und Koordinator der Track II-Initiative Akademisches Friedensorchester Nahost.


    Weitere Informationen:

    http://hsfk.de/fileadmin/downloads/Policy_Brief_No_37-38_WEB.pdf Policy Brief "U.S./NATO Missile Defense in Europe. Implications for Iran and the Two Major Conveners of the Helsinki Conference"
    http://www.hsfk.de Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK)
    http://www.academicpeaceorchestra.com Akademisches Friedensorchester Nahost


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Politik
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).