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15.12.2014 10:36

Neuer Fußboden kann zu Atemproblemen bei Babys führen

Tilo Arnhold Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ

    Leipzig. Neuer Fußboden im Wohnumfeld von Schwangeren erhöht deutlich das Risiko von Kleinkindern, im ersten Lebensjahr an Atemwegsbeschwerden zu leiden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Städtischen Klinikums "St. Georg", die Auswirkungen von flüchtigen organischen Verbindungen in den Monaten vor und nach der Geburt auf Atemprobleme in der frühesten Kindheit nachweisen konnte. Die Wissenschaftler empfehlen daher, zumindest während der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr nicht zu renovieren.

    Grob geschätzt könnten so allein in Deutschland pro Jahr zirka 20.000 Fälle von pfeifender Atmung (Giemen) bei Kleinkindern, die eine ärztliche Behandlung erfordert, vermieden werden, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt Environment International.

    Ursache dieser Gesundheitsbelastungen können erhöhte Konzentrationen von flüchtigen organischen Verbindungen (kurz: VOC) wie Styrol oder Ethylbenzol in den Wohnräumen sein, die aus den neuen Fußböden ausdünsten und dann über die Atemluft aufgenommen werden. „Wir raten daher davon ab, in Wohnungen von Schwangeren Laminat, Teppichboden oder Fußbodenbelag neu zu verlegen. Zwar sind die Konzentrationen dieser flüchtigen Chemikalien geringer, wenn kein Kleber beim Verlegen verwendet wird, aber selbst dann reichen die Konzentrationen immer noch aus, um das Risiko der Kleinkinder, in den ersten Monaten an Atemwegsbeschwerden zu leiden, deutlich zu erhöhen“, erklärt Dr. Ulrich Franck vom UFZ. Besonders gefährdet sind Kinder, deren Mutter oder Vater bereits unter Asthma, Heuschnupfen oder anderen allergischen Erkrankungen gelitten haben. Bei diesen Kindern verfünffacht sich das Risiko.

    Frühere Studien aus Leipzig hatten bereits gezeigt, dass die Schadstoffe aus den Wohnungsrenovierungen zu Veränderungen im Immunsystem der Schwangeren führen. „So konnten wir zum Beispiel eine verstärkte Typ 2-Immunantwort feststellen, die eine wichtige Rolle bei der Entstehung allergischer Reaktionen spielt. Das Design unserer Langzeitstudie mit einer umfangreichen Bewertung von Umweltbelastungen vor und nach der Geburt bietet uns die einmalige Chance, die Auswirkungen dieser Belastungen auf Erkrankungen der Kinder zu erforschen. Unseren Ergebnissen zufolge scheinen Belastungen mit flüchtigen Chemikalien in der Schwangerschaft bedeutsamer zu sein als im ersten Lebensjahr“, schlussfolgert Dr. Irina Lehmann vom UFZ, die die LiNA-Studie zu Lebensstil und Umweltfaktoren und deren Einfluss auf das Neugeborenen-Allergierisiko leitet. Bei der Auswertung der Daten zeigte sich, dass Renovierungen nach der Geburt des Kindes viel geringere Auswirkungen auf Atemwegsprobleme hatten als während der Schwangerschaft. Daher die Empfehlung, mit neuen Fußböden bis weit nach der Geburt zu warten.

    Die Untersuchungen wurden im Rahmen der LINA-Studie durchgeführt, die Mutter-Kind-Paare seit der Schwangerschaft beobachtet, um die Auswirkungen von Umwelteinflüssen und Lebensgewohnheiten auf Gesundheit und Wohlbefinden zu erforschen. Die LINA-Studie schließt sowohl regelmäßige Fragebogenerhebungen als auch Schadstoffmessungen in den Wohnungen und deren Umfeld sowie Labor- und ärztliche Untersuchungen ein. In die jetzt veröffentlichte Studie flossen Daten von insgesamt 465 Leipziger Müttern und deren Kindern ein. Die Renovierungen in den Wohnungen wurden per Fragebogen ermittelt und die Schadstoffbelastung per Passivsammler gemessen. Über zwei Drittel der Familien renovierten bereits während der Schwangerschaft die Wohnung. In jeder sechsten Wohnung wurde dabei auch der Fußboden erneuert.
    Tilo Arnhold

    Publikation:
    Ulrich Franck, Annegret Weller, Stefan W. Röder, Gunda Herberth, Kristin M. Junge, Tibor Kohajda, Martin von Bergen, Ulrike Rolle-Kampczyk, Ulrike Diez, Michael Borte, Irina Lehmann (2014): Prenatal VOC exposure and redecoration are related to wheezing in early infancy. Environment International, Volume 73, December 2014, Pages 393–401.
    http://dx.doi.org/10.1016/j.envint.2014.08.013
    Die Untersuchungen der LiNA-Studie wurden der Helmholtz-Gemeinschaft unterstützt.

    Weitere Informationen:
    Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
    Dr. Ulrich Franck
    Telefon: 0341-235-1540 (z.Z. via UFZ-Pressestelle 0341-235-1635, -1630)
    http://www.ufz.de/index.php?de=1585
    und
    Dr. Irina Lehmann
    Telefon: 0341-235-1216
    http://www.ufz.de/index.php?de=4384
    oder über
    Tilo Arnhold, Susanne Hufe (UFZ-Pressestelle)
    Telefon: 0341-235-1635, -1630
    http://www.ufz.de/index.php?de=640

    Weiterführende Links:
    Schwerpunktthema „Allergien durch Chemikalien“:
    http://www.ufz.de/index.php?de=31549
    LiNA-Studie (Lebensstil und Umweltfaktoren und deren Einfluss auf das Neugeborenen- Allergierisiko):
    http://www.ufz.de/index.php?de=10309
    Umwelt- und Lebensstilfaktoren & Immunregulation
    http://www.ufz.de/index.php?de=20052

    Frühere Pressemitteilungen zum Thema:
    Rauchen beeinflusst molekulare Mechanismen und damit das kindliche Immunsystem (Pressemitteilung vom 7. Oktober 2013):
    http://www.ufz.de/index.php?de=32084
    Zu viel Vitamin D in Schwangerschaft kann Nahrungsmittelallergien auslösen (Pressemitteilung vom 27. Februar 2013):
    http://www.ufz.de/index.php?de=31369
    Rauchen beeinflusst allergierelevante Stammzellen (Pressemitteilung vom 14. November 2012):
    http://www.ufz.de/index.php?de=30928
    Flüchtige Chemikalien aus Farben und Möbeln verändern Lungenzellen schon in geringer Konzentration (Pressemitteilung vom 7. April 2011):
    http://www.ufz.de/index.php?de=21382
    Stress in der Kindheit erhöht Allergierisiko (Pressemitteilung vom 18. Juni 2008):
    http://www.ufz.de/index.php?de=16934
    Renovieren in der Schwangerschaft - ein Gesundheitsrisiko für das Kind! (Pressemitteilung vom 13. Januar 2003):
    http://www.ufz.de/index.php?de=2188


    Weitere Informationen:

    http://www.ufz.de/index.php?de=33425


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Chemie, Medizin, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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