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23.01.2015 10:00

Proteinsynthese in den Kraftwerken der Zelle

Dipl.-Volkswirt Thomas Jung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Technische Universität Kaiserslautern

    Menschliche Zellen sind aus tausenden von verschiedenen Proteinen aufgebaut. Diese katalysieren chemische Reaktionen, nehmen Substanzen aus der Umgebung auf, fungieren als Botenstoffe, lesen die Erbinformation ab oder geben den Zellen ihre Struktur. Alle diese Proteine werden von Proteinsynthese-Maschinerien gebildet, die man Ribosomen nennt. Ribosomen kommen in unseren Zellen in zwei Varianten vor: eine im Cytosol, die die allermeisten Proteine herstellt. Dieses Ribosom ist gut charakterisiert und für die Aufklärung seiner Struktur wurde 2009 der Nobelpreis für Chemie vergeben. Ein zweites, hochspezialisiertes Ribosom anderer molekularer Zusammensetzung befindet sich in den Kraftwerken der Zelle, den Mitochondrien. In Zusammenarbeit mit Kollegen am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München haben Wissenschaftler der Technischen Universität Kaiserslautern jetzt zum ersten Mal Einblicke in den Aufbau und die Struktur der mitochondrialen Ribosomen in intakten Zellen erhalten und dabei faszinierende Unterschiede der beiden Proteinsynthese-Maschinerien der Zelle entdeckt. Die Ergebnisse der Forscher wurden jetzt in Nature Communications veröffentlicht.

    Mitochondrien sind essentielle Bestandteile unserer Zellen. Sie dienen als eine Art Kraftwerk, die alle Lebensprozesse mit der notwendigen Energie versorgen. Die Reaktionszentren der Mitochondrien sind wahre Wunderwerke an Effizienz: Während die meisten vom Menschen gebauten Motoren lediglich 20 bis 30 Prozent der Energie umsetzen, die sie verbrauchen, erreichen die Reaktionszentren in den Mitochondrien Wirkungsgrade von über 90 Prozent. Diese komplexen Reaktionszentren bestehen aus einer Vielzahl von Einzelteilen, deren wichtigste Bestandteile von den hochspezialisierten Ribosomen der Mitochondrien synthetisiert werden. Während die cytosolischen Ribosomen frei durch das Innere der Zelle schweben, sitzen die Mito-Ribosomen fest verbunden auf den Membranen der Mitochondrien und können so neu gebildete Proteine direkt in die Reaktionszentren einbauen.

    Wissenschaftlern der Zellbiologie der TU Kaiserslautern und der Forschungsgruppe „Modellierung von Proteinkomplexen“ des Max-Planck-Instituts in Martinsried bei München gelang es jetzt erstmals, die Struktur des Mito-Ribosoms in seiner natürlichen Umgebung sichtbar zu machen. Möglich wurde dies durch die Verwendung der Kryo-Elektronentomographie und neuartigen Einzelelektronen-Detektoren. Dieses innovative Verfahren erlaubt vorher unvorstellbare Einblicke in die Struktur unserer Zellen. Professor Johannes Herrmann, der die Abteilung für Zellbiologie in Kaiserslautern leitet, erklärt das so: „Während man früher mit Elektronenmikroskopen nur hauchdünne metallbedampfte Schnitte untersuchen konnte, können wir jetzt Zellen wie in einem Eiswürfel im Elektronenmikroskop hin- und herdrehen und dabei alles in seiner dreidimensionalen Struktur sehen, und das noch mit unglaublich hoher Auflösung“.

    Mit diesem Verfahren entdeckte das bayerisch-pfälzische Forscherteam zwei Verbindungs-stützen, durch die die Mito-Ribosomen direkt mit der Membran verbunden sind. Durch biochemische Experimente konnten sie herausfinden, dass eine dieser Stützen durch das Membranprotein Mba1 gebildet wird. „Ein alter Bekannter, wir hatten dieses Protein schon 2006 als einen Rezeptor identifiziert, der Mito-Ribosomen mit der Membran verbindet. Aber jetzt sehen wir zum ersten Mal, wie Mba1 dies genau macht und erkennen dabei, dass es quasi als molekulare Rutschbahn die neu synthetisierten Proteine in die Membran einführt“ schwärmt Herrmann. Die Forscher wollen ihre begonnene Zusammenarbeit in Zukunft noch weiter verstärken, um die Details der Architektur mitochondrialer Ribosomen aufzuklären und ihre molekulare Funktionsweise bei der Bildung der Reaktionszentren zu verstehen.

    Bildunterschrift:
    Die Struktur der Ribosomen in Mitochondrien
    Links: Elektronentomographisches Bild eines Mitochondriums. Die umhüllenden Membranen sind in gelb und grau dargestellt und Mito-Ribosomen in blau. Reaktionszentren an der Membran sind rot eingefärbt. Die kleinen Bilder zeigen vergrößerte Darstellungen der Ribosomen. Im oberen Bild lassen sich die beiden Verbindungsstützen an der Membran gut erkennen. Im unteren Bild sind mehrere Ribosomen zu erkennen, die gemeinsam die Erbinformation ablesen, um Proteine zu synthetisieren. (Bild: Friedrich Förster / Copyright: MPI für Biochemie).

    Originalveröffentlichung:
    Pfeffer, S., Woellhaf, M.W., Herrmann, J.M., Förster, F.: Organization of the mitochondrial translation machinery studied in situ by cryo-electron tomography. Nature Commun, January 22, 2015, Doi: 10.1038/ncomms7019

    Kontakt:
    Prof. Dr. Johannes Herrmann, Dipl.-Biol. Michael Wöllhaf
    Lehrgebiet Zellbiologie
    TU Kaiserslautern
    Tel.: 0631/205-2406
    E-Mail: hannes.herrmann@biologie.uni-kl.de


    Weitere Informationen:

    http://www.nature.com/ncomms/2015/150122/ncomms7019/full/ncomms7019.html
    http://www.uni-kl.de


    Bilder

    Die Struktur der Ribosomen in Mitochondrien Links: Elektronentomographisches Bild eines Mitochondriums. Die umhüllenden Membranen sind in gelb und grau dargestellt und Mito-Ribosomen in blau.
    Die Struktur der Ribosomen in Mitochondrien Links: Elektronentomographisches Bild eines Mitochondriu ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Die Struktur der Ribosomen in Mitochondrien Links: Elektronentomographisches Bild eines Mitochondriums. Die umhüllenden Membranen sind in gelb und grau dargestellt und Mito-Ribosomen in blau.


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