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05.08.2015 18:00

Die Macht des Einzelnen: Hemmende Synapsen beeinflussen Signale im Gehirn mit hoher Präzision

Dr. Stefanie Merker Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Neurobiologie

    Informationen werden in unserem Gehirn über Billionen von Synapsen von einer Zelle zur nächsten weitergegeben. Für einen optimalen Datenfluss ist jedoch nicht nur die Übertragung von Informationen wichtig, sondern auch ihre gezielte Hemmung. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie in Martinsried konnten nun in Mäusen zeigen, dass selbst einzelne hemmende Synapsen die Signalverarbeitung maßgeblich beeinflussen können. Die Studie ergänzt ein wichtiges Puzzleteil zum Verständnis dieser grundlegenden Gehirnfunktion, die auch bei manchen Krankheiten eine Rolle spielt.

    Das menschliche Gehirn besteht aus rund 100 Milliarden Nervenzellen. Jede dieser Zellen ist über mehrere hundert bis tausend Synapsen mit anderen Zellen verbunden. Unser Denken, Handeln und Fühlen, aber auch unsere Organ- und Körperfunktionen werden durch die synaptische Informationsweitergabe gesteuert – in jeder Sekunde sind es viele Billiarden Impulse. Damit dieser enorme Datenstrom in geregelten Bahnen läuft, gibt es erregende Synapsen, die Informationen zwischen Zellen weitergeben, und hemmende Synapsen, die den Informationsfluss eingrenzen und verändern.

    Wie wichtig auch das Unterdrücken unerwünschter Signale ist, zeigt sich unter anderem, wenn die Funktion der hemmenden Synapsen gestört ist: Es kommt zu einer überhöhten Erregung im Gehirn, wie sie zum Beispiel bei Epilepsie zu sehen ist. Doch auch um zu lernen, oder sich zu erinnern, braucht das Gehirn Nervenzellen, die die Aktivität anderer Nervenzellen regulieren. Die meisten dieser hemmenden Synapsen docken an die Empfangseinheit der Zielzelle an, die Dendriten. Welche Wirkung diese hemmenden Synapsen jedoch genau haben und wie präzise sie agieren, war bislang nicht erforscht.

    Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie konnten nun in Mäusen zeigen, dass selbst einzelne hemmende Synapsen die Signalverarbeitung in den Dendriten anderer Zellen entscheidend beeinflussen. Die Neurobiologen untersuchten den Einfluss der dendritischen Hemmung auf Nervenzellen im Hippocampus, einem Gehirnbereich, in dem unter anderem Kurzzeit- in Langzeiterinnerungen umgewandelt werden. Mit einer fein abgestimmten Kombination verschiedener Methoden konnten die Forscher durch das Mikroskop beobachten, wie schon einzelne hemmende Synapsen die Stärke und Ausbreitung eines Signals in der gehemmten Nervenzelle erheblich veränderten. Die Ergebnisse zeigen, dass Nervenzellsignale durch hemmende Synapsen mit einer Präzision von wenigen Millisekunden und Mikrometern in ihrer Amplitude reguliert werden können.

    Es war bekannt, dass hemmende Nervenzellen eine sehr grundlegende Funktion im Gehirn erfüllen. "Dass aber bereits einzelne hemmende Synapsen eine wichtige Rolle spielen und eine so präzise Wirkung haben, hat uns richtig fasziniert", erklärt Fiona Müllner, die Erstautorin der gerade erschienenen Studie. Aufbauend auf ihre Ergebnisse konnten die Wissenschaftler mit Hilfe eines Modells zeigen, wie einzelne hemmende Synapsen sogar die synaptische Plastizität, die Grundlage für Lernen und Gedächtnis, kontrollieren könnten. "Uns interessiert jetzt natürlich ganz besonders, welche Einflüsse eine so präzise Hemmung auf die Speicherung von Information im Nervensystem hat ", fügt Tobias Bonhoeffer hinzu, der mit seiner Abteilung am Max-Planck-Institut für Neurobiologie die Grundlagen der synaptischen Plastizität untersucht.

    ORIGINALVERÖFFENTLICHUNG
    Fiona Müllner, Corette Wierenga, Tobias Bonhoeffer
    Precision of Inhibition: Dendritic Inhibition by Individual GABAergic Synapses on Hippocampal Pyramidal Cells Is Confined in Space and Time
    Neuron, 5. August 2015

    KONTAKT
    Dr. Stefanie Merker
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Max-Planck-Institut für Neurobiologie, Martinsried
    Tel.: 089 - 8578 3514
    E-Mail: merker@neuro.mpg.de

    Prof. Dr. Tobias Bonhoeffer
    Abteilung "Synapsen – Schaltkreise – Plastizität"
    Max-Planck-Institut für Neurobiologie, Martinsried
    Tel.: 089 - 8578 3751
    Email: office.bonhoeffer@neuro.mpg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.neuro.mpg.de/bonhoeffer - Webseite der Abteilung von Prof. Tobias Bonhoeffer am Max-Planck-Institut für Neurobiologie


    Bilder

    Hemmende Nervenzellen (grün) können über einzelne Synapsen die Signalverarbeitung in Zellen der Großhirnrinde (rot) modulieren oder blockieren.
    Hemmende Nervenzellen (grün) können über einzelne Synapsen die Signalverarbeitung in Zellen der Groß ...
    MPI für Neurobiologie / Müllner
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hemmende Nervenzellen (grün) können über einzelne Synapsen die Signalverarbeitung in Zellen der Großhirnrinde (rot) modulieren oder blockieren.


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