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18.11.2015 01:00

Warum Mäuse längere Spermien haben als Elefanten

Beat Müller Kommunikation
Universität Zürich

    Paaren sich in der Tierwelt Weibchen mit mehreren Männchen, wetteifern deren Spermien um die Befruchtung der wenigen Eier. Bei dieser Spermienkonkurrenz scheinen längere Spermien oft einen Vorteil zu haben. Eine Studie von Forschern der Universität Zürich und Stockholm zeigt nun, dass es auch auf die Grösse der Tiere ankommt. Je grösser die Tiere einer bestimmten Art sind, desto wichtiger ist die Zahl der Spermien und nicht deren Länge. Elefanten haben deshalb kleinere Spermien als Mäuse.

    Spermien sind in Form und Grösse wohl die vielfältigsten Zellen und haben seit ihrer Entdeckung vor fast 350 Jahren nicht an Faszination verloren. Doch warum sind Spermien zwischen Arten so unglaublich verschieden? Sie haben doch alle dieselbe Aufgabe, nämlich die Eier der Weibchen zu befruchten. Wie man durch viele Studien weiss, spielt die Spermienkonkurrenz in der Evolution von Spermien eine zentrale Rolle. Diese Konkurrenz entsteht, wenn sich Weibchen mit mehreren Männchen paaren und deren zahlreiche Spermien um die Befruchtung der wenigen Eier wetteifern. Längere Spermien sind dabei oft erfolgreicher. Interessanterweise ist dies bei kleinen Nagetieren wie Mäu-sen und Ratten eher der Fall als bei grösseren Tieren. Die Spermien der Nager sind oft etwa doppelt so lange wie jene der grösseren Raubtiere, Huftiere, Primaten oder gar Wale. Die Gründe dafür sind jedoch umstritten.

    Zahl und Länge der Spermien berücksichtigt

    Eine neue Studie könnte nun Klarheit schaffen. Stefan Lüpold, neues Forschungsmitglied am Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften der Universität Zürich, und sein Kollege John Fitzpatrick, Universität Stockholm, haben den Einfluss der Spermienkonkurrenz auf die Evolution der Spermien bei 100 Säugerarten verglichen. Im Gegensatz zu früheren Studien haben sie nicht nur die Spermienlänge berücksichtigt, sondern auch die Anzahl Spermien pro Ejakulat. Dies ist wichtig, weil die zur Spermienproduktion verfügbaren Ressourcen zwischen Anzahl und Grösse geteilt werden müssen. In andern Worten, je länger jedes einzelne Spermium ist, desto weniger davon kann ein Hoden bestimmter Grösse produzieren. Aufgrund früherer Studien nahm man an, dass die Spermienzahl ebenso wichtig, wenn nicht wichtiger sein könnte als die Spermienlänge. Denn je mehr Spermien ein Männchen gegen seine Kontrahenten ins Rennen schickt, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass eines davon gewinnt.

    Grösse der Tiere ist relevant

    Durch die gemeinsame Betrachtung von Spermiengrösse und -zahl und mithilfe neuer metaanalytischer Methoden zeigen die beiden Forscher nun, dass Arten mit intensiver Spermienkonkurrenz durchschnittlich mehr in ihre Ejakulate investieren als solche, die eher monogam sind. Zudem haben sie herausgefunden, dass es von der Grösse der Tiere abhängt, ob die Länge oder die Zahl der Spermien von Bedeutung ist. Mit steigender Körpergrösse erhöht sich der Selektionsdruck auf die gesamten Investitionen in Ejakulate, und die Spermienzahl wird immer wichtiger als die Spermienlänge. Dies hängt mit dem voluminöseren weiblichen Geschlechtstrakt zusammen, in dem die Spermien eher verloren gehen oder «verdünnt» werden.

    Die Spermienlänge oder -geschwindigkeit wirkt sich bei grossen Arten wohl erst dann aus, wenn überhaupt genügend Spermien in die Nähe der Eier gelangen. Bei kleinen Arten ist die zurückzulegende Strecke der Spermien kürzer und das Verlustrisiko viel kleiner, so dass grosse Spermien eher von Vorteil sind. Aus diesem Grund findet man wohl die komplexesten Spermienformen bei kleinen und nicht bei grossen Arten. So haben die kleinen Fruchtfliegen die grössten je beschriebenen Spermien und nicht etwa Wale. Bei Walen sind die Spermien weniger als einen Zehntelsmillimeter lang und fast tausendmal kürzer als bei den Fliegen.

    Literatur
    Lüpold S & Fitzpatrick JL. Sperm number trumps sperm size in mammalian ejaculate evolution. Pro-ceedings of the Royal Society of London B. Doi: 10.1098/rspb.2015.2122

    Kontakt:
    Dr. Stefan Lüpold
    Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften
    Universität Zürich
    Tel. +41 44 635 47 69
    E-Mail: stefan.luepold@ieu.uzh.ch


    Weitere Informationen:

    http://www.medaidesk.uzh.ch


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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