idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
03.03.2016 11:13

Einige Vögel sind genauso schlau wie Affen: Forscher ergründen Gemeinsamkeiten in Hirnarchitektur

Dr. Julia Weiler Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Einige Vogelgruppen sind mental ebenso schlau wie Menschenaffen. Zu dieser Schlussfolgerung kommen Prof. Dr. Onur Güntürkün von der Ruhr-Universität Bochum und Prof. Dr. Thomas Bugnyar von der Universität Wien in einem Übersichtsartikel in der Zeitschrift „Trends in Cognitive Sciences“. Die Forscher trugen zahlreiche neuroanatomische Studien zusammen, die eine Reihe von Ähnlichkeiten in den Gehirnen von Vögeln und Säugetieren offenbaren. Diese könnten dem komplexen kognitiven Verhalten zugrunde liegen.

    Die Gehirne von Vögeln und Säugetieren sind auf den ersten Blick sehr verschieden. Trotzdem sind die kognitiven Fähigkeiten einiger Vogelgruppen denen von Menschenaffen ebenbürtig.

    Forschungsergebnisse der vergangenen Jahrzehnte legen nahe, dass Vögel ausgeklügelte kognitive Fähigkeiten besitzen. Eine Theorie besagt, dass sie diese nur in speziellen Bereichen, zum Beispiel beim Verstecken von Futter, anwenden können. Dass dies nicht der Fall ist, belegen Prof. Dr. Onur Güntürkün von der Ruhr-Universität Bochum und Prof. Dr. Thomas Bugnyar von der Universität Wien in einem Übersichtsartikel in der Zeitschrift „Trends in Cognitive Sciences“.

    Die beiden Forscher trugen Studien zusammen, die diverse kognitive Fähigkeiten bei Vögeln nachgewiesen haben. „Das mentale Geschick von Rabenvögeln und Papageien ist ebenso ausgeprägt und vielfältig wie das der Menschenaffen“, sagt Onur Güntürkün, Leiter der Abteilung Biopsychologie in Bochum. Sie können unter anderem logisch denken, sich selbst im Spiegel erkennen und sich in andere hineinversetzen.

    Komplexe Kognition braucht keinen Kortex

    Bei Säugetieren ist die mehrschichtige Großhirnrinde, auch Neocortex genannt, für das kognitive Können verantwortlich. Diese Hirnstruktur besitzen Vögel nicht; bei ihnen meistert stattdessen das sogenannte Pallium die komplexen mentalen Aufgaben. Zudem haben Vögel erheblich kleinere Gehirne als Menschenaffen. „Wie können Vögel trotzdem die gleichen kognitiven Leistungen erbringen?“, fragt Güntürkün. „Ist es möglich, dass sich in den 300 Millionen Jahren unabhängiger Entwicklung von Vögeln und Säugetieren sehr unterschiedliche Hirnmechanismen für komplexe Denkprozesse entwickelt haben?“

    Im Hinblick auf diese Frage wertete er gemeinsam mit seinem Kollegen zahlreiche neuroanatomische Studien aus. Fazit: Im Großen und Ganzen sind die Gehirne der beiden Tiergruppen tatsächlich sehr verschieden aufgebaut. Schaut man aber ins Detail, ergeben sich Gemeinsamkeiten. Einzelne Module der Gehirne sind zum Beispiel auf ähnliche Weise verschaltet, und beide Tiergruppen besitzen eine präfrontale Hirnstruktur, die ähnliche exekutive Funktionen steuert.

    Ursprung der Gemeinsamkeiten unklar

    Unklar ist, wie diese Gemeinsamkeiten zustande kamen. Entweder hat der letzte gemeinsame Vorfahre Vögeln und Säugetieren die neuronale Basis dafür vererbt. Oder – und das halten die Autoren für wahrscheinlicher – sie sind unabhängig voneinander in der Evolution entstanden, weil die beiden Tiergruppen vor den gleichen Herausforderungen standen. Das würde bedeuten, so die Forscher, dass bestimmte Verschaltungsmuster im Gehirn notwendig sind, um höhere Denkleistungen zu erbringen.

    „Klar ist, dass der mehrschichtige Kortex der Säugetiere für komplexe Kognition nicht erforderlich ist“, schlussfolgert Güntürkün. „Auch das absolute Hirngewicht spielt für die mentalen Fähigkeiten keine Rolle.“ Während die Gehirne von Menschenaffen durchschnittlich 275 bis 500 Gramm auf die Waage bringen, schaffen es die kognitiv ebenso geschickten Vögel ohne Kortex gerade einmal auf 5 bis 20 Gramm.

    Originalveröffentlichung

    O. Güntürkün, T. Bugnyar (2016): Cognition without Cortex , Trends in Cognitive Sciences, DOI: 10.1016/j.tics.2016.02.001

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Onur Güntürkün, Abteilung Biopsychologie, Institut für Kognitive Neurowissenschaft, Fakultät für Psychologie, Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel.: 0234 32 26213, E-Mail: Onur.Guentuerkuen@rub.de

    Bild im Netz

    Ein Foto zu dieser Presseinformation finden Sie im Internet unter: http://aktuell.ruhr-uni-bochum.de/pm2016/pm00026.html.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).