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02.05.2016 17:00

Drei potenziell bewohnbare Welten um benachbarten sehr kühlen Zwergstern

ESO Science Outreach Network - Dr. Carolin Liefke Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Astronomie

    Pressemitteilung der Europäischen Südsternwarte (Garching) - Astronomen haben mit dem TRAPPIST-Teleskop am La Silla-Observatorium der ESO drei Planeten entdeckt, die einen sehr kühlen Zwergstern umkreisen, der nur 40 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Diese fremden Welten haben Größen und Temperaturen, die denen der Venus und Erde gleichen und stellen die besten Ziele für die Suche nach Leben jenseits des Sonnensystems dar, die bisher gefunden wurden. Es handelt sich um die ersten Planeten, die je um einen solch winzigen und dunklen Stern entdeckt wurden. Die neuen Ergebnisse werden am 2. Mai 2016 in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.

    Ein Team aus Astronomen unter der Führung von Michaël Gillon, vom Institut d’Astrophysique et Géophysique an der University of Liège in Belgien nutzten für ihre Beobachtungen des Sterns 2MASS J23062928-0502285, der nun auch TRAPPIST-1 genannt wird, das belgische TRAPPIST-Teleskop [1]. Sie fanden heraus, dass dieser dunkle und kühle Stern in regelmäßigen Abständen leicht an Helligkeit abnimmt, was darauf hindeutet, dass mehrere Objekte zwischen dem Stern und der Erde vorbeiziehen [2]. Detallierte Untersuchungen ergaben, dass drei Planeten mit erdähnlicher Größe den Stern umkreisen.

    TRAPPIST-1 ist ein sehr kühler Zwergstern – er ist deutlich kühler und rötlicher als die Sonne und nur wenig größer als Jupiter. Solche Sterne sind sowohl in der Milchstraße recht häufig anzutreffen als auch langlebig, dennoch ist dies das erste Mal, dass Planeten um einen solchen Stern gefunden wurden. Obwohl er sich vergleichsweise nahe an der Erde befindet, ist der Stern zu dunkel und zu rötlich, um mit dem bloßen Auge oder mit einem Amateur-Teleskop beobachtet zu werden. Zu finden ist er im Sternbild Wassermann (lat. Aquarius).

    Emmanuël Jehin, ein Ko-Autor der neuen Studie, berichtet aufgeregt: „Hierbei handelt es sich wirklich um einen Paradigmenwechsel in Bezug auf die Planeten-Population und hinsichtlich des Weges für die Suche nach Leben im Universum. Bisher war die Existenz solcher „roter Welten”, die sehr kühle Zwergsterne umkreisen, reine Theorie, aber jetzt haben wir nicht nur einen einzelnen Planeten um solch einen lichtschwachen roten Stern, sondern gleich ein komplettes System mit drei Planeten!“

    Michaël Gillon, Erstautor des Fachartikels erklärt die Wichtigkeit dieser neuen Entdeckung: „Warum versuchen wir erdähnliche Planeten um die kleinsten und kühlsten Sterne in der solaren Nachbarschaft zu finden? Der Grund hierfür ist einfach: Planetensysteme um diese winzigen Sterne sind die einzigen Orte, an denen wir mit unserer heutigen Technologie Leben auf einem erdgroßen Exoplaneten entdecken könnten. Wenn wir also Leben irgendwo im Universum finden wollen, sollten wir genau dort anfangen zu schauen.“

    Astronomen werden nach Hinweisen auf Leben suchen, indem sie den Effekt der Atmosphäre der vorbeiziehenden Planeten auf das Licht untersuchen, das die Erde erreicht. Bei den meisten erdähnlichen Planeten wird dieser Effekt durch die Leuchkraft des Sterns überdeckt, den sie umkreisen. Nur im Falle eines lichtschwachen roten, sehr kühlen Zwergsterns – wie TRAPPIST-1 – ist dieser Effekt groß genug, um wahrgenommen werden zu können.

    Nachfolge-Beobachtungen mit größeren Teleskopen, einschließlich des HAWK-I-Instruments am 8-Meter Very Large Telescope der ESO in Chile, haben gezeigt, dass die Planeten, die TRAPPIST-1 umkreisen, ähnlich groß sind wie die Erde. Zwei der Planeten haben Umlaufperioden von etwa 1,5 Tagen bzw. 2,4 Tagen, der dritte Planet hat eine weniger gut bestimmte Umlaufdauer im Bereich zwischen 4,5 und 73 Tagen.

    „Mit solch kurzen Umlaufperioden sind die Planeten zwischen 20 und 100 Mal näher an ihrem Stern als die Erde zur Sonne. Der Aufbau dieses Planetensystems ähnelt vom Maßstab her eher dem System der Jupitermonde als unserem Sonnensystem“, erklärt Michaël Gillon.

    Obwohl sie ihren Mutter-Zwergstern sehr nah umkreisen, erhalten die inneren zwei Planeten nur das Vier-, bzw. Zweifache der Menge an Strahlung, die auf die Erde trifft, da ihr Stern deutlich lichtschwächer als die Sonne ist. Dies hat zur Folge, dass sie sich näher am Stern befinden als die habitable Zone dieses Systems, obwohl es trotzdem möglich ist, dass sie bewohnbare Regionen auf ihren Oberflächen besitzen. Über die Umlaufbahn des dritten, äußeren Planeten, ist noch nicht viel bekannt, aber er erhält vermutlich weniger Strahlung als die Erde, jedoch könnte dies immer noch ausreichen, um in der habitablen Zone zu liegen.

    „Dank mehrerer Großteleskope, die momentan im Bau sind, einschließlich des E-ELT der ESO und des NASA/ESA/CSA James Webb Space Telescopes, das 2018 starten wird, werden wir schon bald in der Lage sein, die atmosphärische Zusammensetzung dieser Planeten zu untersuchen, zuerst um nach Wasser zu suchen und anschließend nach Spuren biologischer Aktivität. Das ist ein riesiger Schritt in der Suche nach Leben im Universum,“ meint Julien de Wit abschließend, Ko-Autor vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA.

    Diese Arbeit eröffnet eine neue Richtung für die Jagd nach Exoplaneten, da etwa 15% der Sterne in der Nähe zur Sonne sehr kühle Zwergsterne sind, und man sollte auch betonen, dass die Suche nach Exoplaneten in den Bereich von potentiell bewohnbaren Cousins der Erde vorgedrungen ist. Die TRAPPIST-Durchmusterung ist Vorbild für ein noch ambitionierteres Projekt namens SPECULOOS, das am Paranal-Observatorium installiert werden soll [3].
    Endnoten

    [1] TRAPPIST (TRAnsiting Planets and PlanetesImals Small Telescope) ist ein belgisches vollautomatisches 0,6-Meter-Teleskop, das von der Université de Liège betrieben wird und am La Silla-Observatorium der ESO in Chile steht. Die meiste Zeit überwacht es das Licht von etwa 60 der nächsten sehr kühlen Zwergsterne und Braunen Zwerge ( „Sterne“, die nicht massereich genug sind, um anhaltende Kernfusion in ihren Zentren auszulösen) und sucht nach Anzeichen für planetare Transits. In diesem Fall ist das Zielobjekt TRAPPIST-1, ein sehr kalter Zwerg, der etwa 0,05% der Leuchtkraft und eine Masse von etwa 8% der Sonne besitzt.

    [2] Dies ist eine der Hauptmethoden, die Astronomen verwenden, um die Anwesenheit eines Planeten um einen Stern nachzuweisen. Sie untersuchen das Licht, das von dem Stern kommt, um zu schauen, ob ein Teil des Lichts blockiert wird, wenn der Planet in Sichtlinie zur Erde vor seinem Heimatstern vorbeizieht – Astronomen nennen das einen Transit. Wenn der Planet seinen Stern umkreist, erwarten wir, regelmäßige kleine Abnahmen in der Intensität des Lichts zu beobachten, das vom Stern kommt, wenn der Planet an ihm vorbeizieht.

    [3] SPECULOOS wird hauptsächlich vom Europäischen Wissenschaftsrat finanziert und u. a. von der University of Liège betrieben. Vier vollautomatische 1-Meter-Teleskope sollen am Paranal-Observatorium installiert werden, um für die nächsten fünf Jahre nach bewohnbaren Planeten um 500 sehr kühle Sterne zu suchen.
    Weitere Informationen

    Die hier vorgestellten Ergebnisse sind Inhalt des Fachartikels „Temperate Earth-sized planets transiting a nearby ultracool dwarf star“ von M. Gillon et al., der demnächst in der Zeitschrift Nature erscheint.

    Die beteiligten Wissenschaftler sind: M. Gillon (Institut d’Astrophysique et Géophysique, Université de Liège, Belgien), E. Jehin (Institut d’Astrophysique et Géophysique, Université de Liège, Belgien), S. M. Lederer (NASA Johnson Space Center, USA), L. Delrez (Institut d’Astrophysique et Géophysique, Université de Liège, Belgien), J. de Wit (Department of Earth, Atmospheric and Planetary Sciences, Massachusetts Institute of Technology, USA), A. Burdanov (Institut d’Astrophysique et Géophysique, Université de Liège, Belgien), V. Van Grootel (Institut d’Astrophysique et Géophysique, Université de Liège, Belgien), A. J. Burgasser (Center for Astrophysics and Space Science, University of California, San Diego, USA und Infrared Telescope Facility, betrieben von der University of Hawaii), C. Opitom (Institut d’Astrophysique et Géophysique, Université de Liège, Belgien), A. H. M. J. Triaud (Cavendish Laboratory, Cambridge, UK), B-O. Demory (Cavendish Laboratory, Cambridge, UK), D.K. Sahu (Indian Institute of Astrophysics, Bangalore, Indien), D. B. Gagliuffi (Center for Astrophysics and Space Science, University of California, San Diego, USA und Infrared Telescope Facility, betrieben von der University of Hawaii), P. Magain (Institut d’Astrophysique et Géophysique, Université de Liège, Belgien) und D. Queloz (Cavendish Laboratory, Cambridge, UK).

    Die Europäische Südsternwarte (engl. European Southern Observatory, kurz ESO) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch 16 Länder: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO verfügt über drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Chile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist einer der Hauptpartner bei ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Auf dem Cerro Armazones unweit des Paranal errichtet die ESO zur Zeit das European Extremely Large Telescope (E-ELT) mit 39 Metern Durchmesser, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird.

    Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.

    Kontaktinformationen

    Carolin Liefke
    ESO Science Outreach Network - Haus der Astronomie
    Heidelberg, Deutschland
    Tel: 06221 528 226
    E-Mail: eson-germany@eso.org

    Michaël Gillon
    University of Liege
    Belgium
    Tel: +32 43 669 743
    Mobil: +32 473 346 402
    E-Mail: michael.gillon@ulg.ac.be

    Julien de Wit
    MIT
    Cambridge, Massachusetts, USA
    E-Mail: jdewit@mit.edu

    Richard Hook
    ESO Public Information Officer
    Garching bei München, Germany
    Tel: +49 89 3200 6655
    Mobil: +49 151 1537 3591
    E-Mail: rhook@eso.org


    Weitere Informationen:

    http://www.eso.org/public/germany/news/eso1615/?nolang - Webversion der Pressemitteilung mit weiteren Bildern und Videos (auch in höher aufgelösten Versionen). Zugang vor Ablauf der Sperrfrist bitte bei lars@eso.org erfragen
    http://www.eso.org/public/archives/releases/sciencepapers/eso1615/eso1615a.pdf - Fachartikel
    http://www.orca.ulg.ac.be/TRAPPIST/Trappist_main/Home.html - TRAPPIST
    http://www.orca.ulg.ac.be/SPECULOOS/Speculoos_main/Home.html - SPECULOOS


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    Europäische Südsternwarte
    Europäische Südsternwarte

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    Künstlerische Darstellung des sehr kühlen Zwergsterns TRAPPIST-1 von der Oberfläche eines seiner Planeten
    Künstlerische Darstellung des sehr kühlen Zwergsterns TRAPPIST-1 von der Oberfläche eines seiner Pla ...
    Illustration: ESO/M. Kornmesser
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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