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15.07.2016 13:22

1.001 Genome und Epigenome von Arabidopsis zeigen eine enorme Bandbreite an Variation

Nadja Winter Büro für Öffentlichkeitsarbeit & Kommunikation
Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie

    Ein internationales Wissenschafter-Team, darunter auch Prof. Dr. Detlef Weigel vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, hat die gesamten Genome und Epigenome von mehr als 1.000 Pflanzen von Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) sequenziert. Die Pflanzen dafür wurden in unterschiedlichen geografischen Regionen gesammelt. Die Sammlung von 1.001 Genomen und 1.001 Epigenomen beleuchtet nicht nur neue Aspekte der Evolutionsgeschichte, sondern liefert auch ein umfassendes Bild der Interaktion zwischen genetischen und epigenetischen Varianten dieser wichtigen Modellpflanze.

    Durch die Next-Generation-Sequenzierung können seit ungefähr 2007 Genome relativ rasch und billig sequenziert werden. Humangenetiker haben daher bald das Projekt „1.000 Genome“ entwickelt um den genetischen Variantenreichtum beim Menschen zu katalogisieren – was den Ehrgeiz der Pflanzenbiologen anspornte: „Wenn unsere Kollegen 1.000 Genome haben, dann wollen wir mindestens 1.001“, scherzte Detlef Weigel, Direktor des Max Planck Instituts für Entwicklungsbiologie in Deutschland, einer der Leiter des 1.001-Genome-Projekts. Doch die Sequenzierung der Genome bildete nur einen Teil der Geschichte: Die Forscher gingen weiter und sequenzierten auch die Transkriptome und Methylome dieser Pflanzen.

    Viele offene Fragen zur Pflanzenbiologie und Anpassung können mit diesen neuen Daten behandelt werden. „Es ist ein enormer Hypothesengenerator wenn es darum geht zu verstehen, was in der natürlichen Welt vor sich geht“, erklärt Joe Ecker, Forscher am Howard Hughes Medical Institute (HHMI) und an der Gordon and Betty Moore Foundation (GBMF), ein Pflanzenbiologe am Salk Institute, der das 1.001-Genome-Projekt leitet. „In der Vergangenheit haben wir Mutationen in fast allen Genen im Labor gemacht. Aber hier schauen wir sowohl auf subtile und nicht so subtile, sowohl genetische als auch epigenetische Varianten, die wir in der Wildnis gesammelt haben.“ Das gibt Forschern zum Beispiel die Möglichkeit sich damit zu beschäftigten, wie sich wilde Pflanzen an den Klimawechsel anpassen.

    „Forscher werden neue Werkzeuge haben, um zu sehen, welche natürliche Varianten in einem interessanten Gen existieren“, sagt Magnus Nordborg, Direktor des Gregor Mendel Instituts in Österreich, einer der Leiter des Genom-Projekts. „Das ultimative Ziel ist es, sich vom Referenzgenom wegzubewegen und ein komplettes Bild der gesamten genetischen Variation zu bekommen – und vor allem, was damit verbunden ist.“

    Die zwei neuen Studien, die gemeinsam in der am 14. Juli 2016 erscheinenden Ausgabe des Journals Cell erscheinen werden, zeigen, dass ungefähr 25 Prozent der Gene im Arabidopsis-Genom Vielfältigkeiten in ihrem Methylierungs-Status zeigen. Methylierung, also das Hinzufügen von Methylgruppen zu einem DNA-Strang, ist verbunden mit dem Abschalten von Transposons, den „springenden Genen“ eines Genoms. „Methylierung kann auch die Genexpression verändern, beispielsweise indem ein Transkriptionsfaktor daran gehindert wird auf einem Genpromoter zu landen und ihn zu aktivieren“, sagt Carol Huang, Bioinformatikerin am Salk Institute, die die Epigenom-Studie mitleitete.

    Die Forscher fanden auch heraus, dass Genome und Epigenome eng miteinander interagieren. „Es besteht eine klare Verbindung zwischen genetischen und epigenetischen Varianten“, sagt Ecker. „Es gibt Gene, die die Epigenome in diesen verschiedenen Pflanzen kontrollieren“, erklärt er, „und Varianten dieser Gene ändern eventuell das Epigenom so, dass es der Pflanze hilft, in einer bestimmten Umgebung besser zu überleben.“ Taiji Kawakatsu, Pflanzenbiologe am Salk Institut, der nun am National Institute of Agrobiological Sciences in Japan arbeitet und die Arbeit mit leitete, fügt hinzu: „Diese Gene könnten auch eine Rolle spielen bei der Bildung zellspezifischer Epigenom-Muster und der Epigenom-Vielfalt in verschiedenen Spezies.“

    Obwohl die Forscher schon seit längerem solche Verbindungen zwischen Genomen und Epigenomen gesucht hatten, waren diese Studien immer durch eine geringe Probengröße beschränkt. „Mit diesen Daten sind wir nun in der Lage weltweit zu messen, wie viel Methylierungsvariation durch genetische Varianten erklärbar ist,“ sagt Eriko Sasaki, Populationsgenetikerin am Gregor Mendel Institut in Österreich, eine Co- Leiterin der Epigenom-Analyse. „Das gibt uns ein viel besseres Gefühl vom Umfang der Wechselwirkungen zwischen genetischer und Methylierungs-Variation.“

    Eine weitere bemerkenswerte Eigenschaft, die dabei entdeckt wurde: Gene, die mit Immunität zu tun haben, zeigen eine größere genetische und epigenetische Variation als andere Genklassen. Die Immunitätsgene haben nicht nur kleine Mutationen, sondern auch „veränderliche Stadien der Epiallele und sind in großem Umfang mit strukturellen Neuanordnungen und Transposons verbunden“, sagt Florian Jupe, Pflanzenbiologe am Salk Institute und einer der Leiter des Epigenom-Projekts.

    Die Forscher bemerkten auch, dass genetische und epigenetische Varianten mit Klima und Standort korrelieren. Sie arbeiten nun daran die Gene und epigenetischen Marker zu identifizieren, die es einer bestimmten Art erlauben, in einer bestimmten Umgebung zu gedeihen. Pflanzen sind wahrscheinlich einer der besten Organismen, um Variationen zu untersuchen: Wenn Pflanzen in eine neue Umgebung gebracht werden, passen sie sich rasch an, da sie nirgendwo hingehen können, erklärt die HHMI-Forscherin Joanne Chroy, Pflanzenbiologin am Salk Institute, die nicht in die Studie eingebunden war. „Ich denke, dass Pflanzen die einzigen Organismen sind, bei denen man tatsächlich Erbgut in Verbindung mit Phänotyp und Fitness skizzieren kann. Das ist beim Menschen sehr schwierig … wenn sie das in der Pflanzenwelt herausfinden, dann wird das ein großer Beitrag sein, um mehrzelliges Leben im Allgemeinen zu verstehen“, sagt Chory.

    Der neue Datenbestand wird auch eine Inspiration für Pflanzenzüchter sein, die sich normalerweise auf genetische Marker konzentrieren, um interessante Gene auszuwählen. „Züchter könnten epigenetische Informationen verwenden, um Eigenschaften einer Pflanze auszuwählen, genau so wie sie genetische Informationen nutzen. Die Macht eines derartigen Ansatzes kann jetzt geprüft werden“, sagt Ecker: „So nützlich individuelle Gene sind – die Vorstellung, dass man nach epigenetischen Varianten auswählen kann, ist etwas, dem man Aufmerksamkeit schenken sollte.“


    Weitere Informationen:

    http://dx.doi.org/10.1016/j.cell.2016.06.044
    http://tuebingen.mpg.de/en/developmental-biology-news/weiterlesen/article/der-ne...


    Bilder

    Prof. Detelef Weigel in his lab
    Prof. Detelef Weigel in his lab
    Jörg Abendroth / Max Planck Institute for Developmental Biology
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Kooperationen
    Deutsch


     

    Prof. Detelef Weigel in his lab


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