idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
11.08.2016 14:24

Biophysik - Zufallsbewegung und gezielter Stopp

Luise Dirscherl Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Biologische Zellenmüssen ihr Skelett immer wieder umstrukturieren. LMU-Physiker zeigen, dass die beteiligten Proteine ihren Einsatzort durch Diffusion sehr effizient erreichen – vorausgesetzt, sie halten am Ziel an.

    Zellen höherer Organismen sind von röhrenförmigen Strukturen – sogenannten Mikrotubuli – durchzogen, die als Teil des Zellskeletts an vielen lebenswichtigen Prozessen beteiligt sind. Damit das Zellskelett seine Funktion erfüllen kann, muss die Zelle es immer wieder flexibel umbauen. An dieser Umstrukturierung sind mehrere Proteine beteiligt, die die Mikrotubuli zum Wachsen und Schrumpfen bringen. Wissenschaftler um den LMU-Biophysiker Erwin Frey konnten nun mithilfe eines neuen theoretischen Modells die Mechanismen aufklären, mit denen diese Proteine ihren Einsatzort sehr effizient erreichen. Über ihre Ergebnisse berichten sie im Fachmagazin Physical Review Letters.

    Die Umstrukturierung der Mikrotubuli funktioniert nur, wenn die regulierenden Proteine an deren Ende binden – keine leichte Aufgabe, da der Mikrotubulus viel größer ist als die Proteine und tausende potenzieller Bindeplätze bietet. „Experimentelle Studien haben für zwei Proteine gezeigt, dass diese sich diffusiv, also scheinbar völlig zufällig, auf den Mikrotubuli bewegen“, sagt Emanuel Reithmann, der Erstautor der Studie. „Mithilfe unseres neuen theoretischen Modells konnten wir diese experimentellen Daten sehr gut widerspiegeln und zeigen, dass die diffusive Bewegung den Proteinen hilft, an das Molekülende zu gelangen.“

    Entscheidend ist allerdings noch ein zweiter Faktor: Die Proteine müssen das Ende des Mikrotubulus erkennen und dann ihre diffusive "Irrfahrt" beenden. Geschieht dies nicht, verschwindet der Effekt. Theoreme aus der theoretischen Physik legen nahe, dass zum Stoppen der diffusiven Bewegung Energie benötigt wird. „Daher gehen wir davon aus, dass das Molekülende eine Reaktion auslöst, die wahrscheinlich unter Energieverbrauch die Struktur der regulierenden Proteine ändert und sie dadurch stoppt“, sagt Reithmann. „Diese Hypothese könnte man nun in Experimenten weiter untersuchen, um dadurch die Dynamik der Mikrotubuli besser zu verstehen.“ Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass ihr Modell auch auf andere Systeme – etwa DNA-bindende Moleküle – anwendbar ist. Der Ansatz liefert zudem allgemein neue Einblicke in physikalische Systeme, die sich nicht im thermischen Gleichgewicht befinden – ein bedeutendes Fachgebiet der theoretischen Physik.
    Physical Review Letters 2016

    Publikation:
    A nonequilibrium diffusion and capture mechanism ensures tip-localization of regulating proteins on dynamic filaments
    Emanuel Reithmann, Louis Reese, and Erwin Frey
    Physical Review Letters 2016
    https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.117.078102

    Kontakt:
    Prof. Dr. Erwin Frey
    Statistische und Biologische Physik
    Tel.: 089 2180 4538 (Sekretariat)
    frey@lmu.de
    http://www.theorie.physik.uni-muenchen.de/lsfrey/group_frey/index.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).