idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
25.10.2016 12:10

Rätsel um fehlendes Eisen in Sauerstoffminimumzonen gelöst

Dr. Andreas Villwock Kommunikation und Medien
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

    Internationales Forschungsteam entdeckt wichtigen biochemischen Prozess im Ozean
    Eisen ist ein grundlegender Nährstoff in den Ozeanen. Allerdings verbindet sich gelöstes Eisen schnell mit Sauerstoff und ist dann von Organismen nicht mehr nutzbar. Ein Rätsel war lange, warum selbst in tropischen Sauerstoffminimumzonen die gelösten Eisenkonzentrationen relativ gering sind. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des GEOMAR hat jetzt entdeckt, dass das Eisen dort durch Reaktion mit Nitrat an Stelle von Sauerstoff aus dem Meerwasser ausgefällt wird. Dieser Prozess hat auch Auswirkungen auf den Stickstoff- und den Kohlenstoffkreislauf und damit letztendlich auf das Klima.

    Eigentlich herrscht kein Mangel an Eisen auf der Erde. Das Metall gehört zu den häufigsten Elementen in der Erdkruste. Doch ausgerechnet im Meer ist gelöstes Eisen sehr selten, denn es reagiert schnell mit Sauerstoff zu schlecht löslichen und daher für Organismen nicht verfügbaren Eisenmineralen. Dabei ist gelöstes Eisen ein grundlegender Nährstoff für das Leben. Ohne Eisen kein Planktonwachstum, keine Nahrungskette, keine Photosynthese und keine Kohlenstofffixierung in den Ozeanen. Die Quelle des Nährstoffs ist für die Meeresforschung also eine zentrale Frage. Eigentlich müsste in sauerstoffarmen Gebieten viel gelöstes Eisen vorkommen, denn dort fehlt der Reaktionspartner. Doch Messungen zeigen, dass dies selbst in den großen Sauerstoffminimumzonen der tropischen Ozeane nicht der Fall ist.

    Ein internationales Forscherteam unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel hat im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 754 „Klima-Biogeochemische Wechselwirkungen im Tropischen Ozean“ jetzt in einer aufwendigen interdisziplinären Studie einen Prozess entdeckt, der den Eisenabbau unter sauerstoffarmen Bedingungen erklärt. „Die Ergebnisse können auch dazu beitragen, so fundamentale Vorgänge wie den Stickstoff- und den Kohlenstoffkreislauf besser zu verstehen“, erklärt Dr. Florian Scholz vom GEOMAR. Er ist Erstautor der Studie, die jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Earth and Planetary Science Letters erschienen ist.

    Das Rätsel um die relative „Eisenarmut“ in den tropischen Sauerstoffminimumzonen war bisher umso größer, weil frühere Studien gezeigt haben, dass der Meeresboden in diesen Regionen sehr viel Eisen an das Meerwasser abgibt. „Doch nur ein geringer Teil dieses Eisens kommt offensichtlich in den Wasserschichten nahe der Oberfläche und im offenen Ozean an. Genau dort wird es für die biologische Produktion benötigt“, erklärt Dr. Scholz. Die Frage lautete also: Welcher Prozess entzieht dem Wasser das Eisen wieder?

    Um diese Frage zu lösen, hat das Team im Januar 2013 während der Expedition M92 mit dem deutschen Forschungsschiff METEOR in der tropischen Sauerstoffminimumzone vor Peru ausgiebig Proben aus dem Meeresboden, aus der Grenzschicht zwischen Meeresboden und Meerwasser sowie aus verschiedenen Schichten des Meerwassers genommen. Diese Proben wurden anschließend umfassend auf chemische, physikalische und biologische Faktoren hin untersucht.

    „Beteiligte Mikrobiologen haben unter anderem Genanalysen der im Wasser lebenden Mikroorganismen durchgeführt, um herauszufinden, welche Stoffwechselprozesse bei ihnen vorherrschen“, erklärt Dr. Scholz. Außerdem hat das Team Partikelproben aus der Wassersäule im Elektronensynchrotron am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) untersucht. So konnten sie ermitteln, welche Eisenminerale in welchen Wasserschichten genau vorkommen.

    Nach der Auswertung dieser Analysen zeigte sich, dass das Eisen nicht mit Sauerstoff, sondern mit Nitrat reagiert. Dafür sorgen bestimmte Mikroorganismen, die auch für den Stickstoffabbau verantwortlich sind. „Diese Prozesse sind in Sauerstoffminimumzonen bisher nicht nachgewiesen worden“, sagt Dr. Scholz, „sie sind aber wichtig, um das Gesamtsystem zu verstehen. Nur wenn wir wissen, wann warum wo bestimmte Nährstoffe für Planktonwachstum zu Verfügung stehen, können wir auch abschätzen, wie viel Kohlenstoff das Plankton durch Photosynthese binden und damit der Atmosphäre entziehen kann.“

    Als Leiter einer neuen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Emmy-Noether-Nachwuchsforschergruppe will sich Dr. Scholz in den kommenden Jahren noch weiter mit den Stoffflüssen am Meeresboden von Sauerstoffminimumzonen beschäftigen. „Derzeit entwickeln wir bestehende, autonome Tiefseelabore so weiter, dass sie auch sehr geringe Konzentrationen bestimmter Spurenelemente wie Eisen aufspüren können. Denn wir wissen noch lange nicht alles darüber, welche Stoffe zwischen Meeresboden und Meerwasser wie ausgetauscht werden“, betont der Biogeochemiker.

    Hinweis:
    Die Arbeit entstand im Rahmen der Projekte Sonderforschungsbereich 754, “Climate-Biogeochemistry Interactions in the Tropical Ocean“ und BICYCLE, „Benthic Iron Cycling in Oxygen Minimum Zones and Implications for Ocean Biogeochemistry“ (7. Rahmenprogramm der EU; Marie-Curie International Outgoing Fellowship; Förderzeichen: 300648).

    Originalarbeit:
    Scholz, F., C. R. Löscher, A. Fiskal, S. Sommer, C. Hensen, U. Lomnitz, K. Wuttig, J. Göttlicher, E. Kossel, R. Steininger, Donald E. Canfield (2016): Nitrate-dependent iron oxidation limits iron transport in anoxic ocea regions. Earth and Planetary Science Letters, 454, 272-281, http://dx.doi.org/10.1016/j.epsl.2016.09.025


    Weitere Informationen:

    http://www.geomar.de/forschen/expeditionen/detailansicht/exp/completed/319134/ -Meteor Expedition M92
    https://www.sfb754.de - Sonderforschungsbereich 754 „Klima-Biogeochemische Wechselwirkungen im Tropischen Ozean“


    Bilder

    Während der Expedition M92 wurden mit verschiedenen Geräten, Proben und Daten vom Meeresboden und aus der Wassersäule der Sauerstoffminimumzone vor Peru gewonnen.
    Während der Expedition M92 wurden mit verschiedenen Geräten, Proben und Daten vom Meeresboden und au ...
    Foto: Michael Schneider, FS METEOR
    None

    Vertikale und horizontale Verteilung von Sauerstoff, Stickstoffverbindungen und Eisen im Meerwasser in der Sauerstoffminimumzone vor Peru.
    Vertikale und horizontale Verteilung von Sauerstoff, Stickstoffverbindungen und Eisen im Meerwasser ...
    Quelle: GEOMAR.
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Meer / Klima
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Während der Expedition M92 wurden mit verschiedenen Geräten, Proben und Daten vom Meeresboden und aus der Wassersäule der Sauerstoffminimumzone vor Peru gewonnen.


    Zum Download

    x

    Vertikale und horizontale Verteilung von Sauerstoff, Stickstoffverbindungen und Eisen im Meerwasser in der Sauerstoffminimumzone vor Peru.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).