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01.12.2016 09:25

Auf der Roten Liste: Regenwürmer und Co

Judith Jördens Senckenberg Pressestelle
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

    Görlitz/Bonn, den 01.12.2016. Senckenberg-Wissenschaftler haben maßgeblich an der Erweiterung der „Roten Liste“ Deutschlands mitgearbeitet. Erstmals wurden in der bundesweiten Liste Bodenlebewesen, wie Regenwürmer, Hundert- und Doppelfüßer aufgenommen. Um die Grundlage für die Erweiterung zu schaffen, führten die Wissenschaftler eine umfassende Bestandsaufnahme der Bodentiere durch. Die „Rote Liste“ dient zur Gefährdungsabschätzung und letztlich zum Erhalt von Tiergruppen – derzeit gelten beispielsweise zwei Regenwurmarten in Deutschland als bestandsgefährdet. Etwa 20 Prozent der Doppelfüßer und drei Arten der Hundertfüßer werden als extrem selten angesehen.

    In einem Quadratmeter Boden können bis zu hundert Millionen Tiere leben – die eher unscheinbaren und oft winzig kleinen Lebewesen tragen dazu bei, unsere Böden fruchtbar zu halten oder vor Degradierung zu schützen. „Welche dieser Bodentiere selber gefährdet sind, ist aber sehr schwer auszumachen“, erklärt Dr. Ricarda Lehmitz vom Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz und fährt fort: „Meine Kollegen Peter Decker, Dr. Karin Voigtländer, Hans Reip und ich haben uns gemeinsam mit einem großen Autorenteam diesem Problem mit der Erweiterung der ‚Roten Liste Deutschlands’ nun zumindest teilweise angenommen.“

    Der kürzlich vom Bundesamt für Naturschutz in Bonn herausgegebene Sammelband mit Roten Listen umfasst 17 Tiergruppen und über 3.600 Taxa: Von Spinnentieren über Zikaden bis Zweiflüglern wird die Verbreitung und Gefährdung von wirbellosen Tieren eingeschätzt. Darüber hinaus bietet die Zusammenstellung wertvolle Zusatzinformationen für die Naturschutzpraxis oder zur Verantwortlichkeit Deutschlands für den weltweiten Erhalt der Arten. „Erstmalig wurden auch Bodentiere in die vom Bundesamt für Naturschutz geführte Liste aufgenommen“, ergänzt Lehmitz und fährt fort: „In den letzten zehn Jahren wurde, nicht zuletzt wegen des Bodenschutzgesetzes von 1998, die Notwendigkeit erkannt, Daten über die Gefährdung von Bodenorganismen zu erheben.“

    Die Arbeit an der Roten Liste hat darüber hinaus einen schönen „Nebeneffekt“: Um eine Grundlage für die Gefährdungsabschätzung zu haben, wurden für die Tiergruppen erstmalig historische und aktuelle Bestandsaufnahmen zusammengeführt. „Für die Regenwürmer war beispielsweise vor dem neuen Rote Liste-Band nicht bekannt, wie viele Arten es in Deutschland eigentlich gibt. Heute wissen wir, dass in Deutschland 47 verschiedene Regenwurmarten nachgewiesen sind. Zwei in die Gesamtliste aufgenommene Arten – Aporrectodea smaragdina und Octodrilus argoviensis – wurden erstmalig in der Bundesrepublik nachgewiesen“, ergänzt die Görlitzer Biologin.

    Zwei der 47 Regenwurmarten gelten als im Bestand gefährdet, 14 Arten sind aufgrund extremer Seltenheit gegenüber Bedrohungen, wie Versiegelung, intensiver Landwirtschaft oder globalem Klimawandel besonders anfällig und bei drei Arten war ein negativer langfristiger Trend zu beobachten. Die gute Nachricht: Über die Hälfte der gegliederten Würmer sind nach bisherigem Kenntnisstand als ungefährdet anzusehen. Die Regenwurmart Lumbricus rubellus beispielsweise zeigt über einen Zeitraum von 62 Jahren einen Rückgang um 42 Prozent – durch das derzeit noch häufige Auftreten der Tiere ist aber keine Gefährdung der Bestände zu erkennen.

    Auch für weitere Bodentiere wurden Rote Listen erstellt: Bei den Doppelfüßern, einer Gruppe der Tausendfüßer, befinden sich 29 Taxa auf der Roten Liste – von diesen sind zwei vom Aussterben bedroht und zwei weitere in unbekanntem Maße gefährdet. Vier der 54 Hundertfüßerarten erhalten einen Rote Liste-Status.

    Die wichtigste Datengrundlage für die Erstellung der Roten Liste war die am Senckenberg Museum für Naturkunde aufgebaute Datenbank „Edaphobase“, die Daten zu Ökologie, Verbreitung und Taxonomie verschiedener Bodentiergruppen in Deutschland enthält. Darüber hinaus wurden Literaturdaten gesammelt sowie unveröffentlichte Daten von Institutionen und Privatpersonen aufbereitet. Lehmitz hierzu: „Unsere Arbeit hat aber gezeigt, dass der Datenbestand zu Bodentieren häufig mangelhaft ist. Ich sehe hier nach wie vor großen Forschungsbedarf. Es müssen umfassende Monitoring-Programme zur Erfassung von Bodentieren über längere Zeiträume und in allen Habitaten erfolgen, um deren Schutz zu gewährleisten.“

    Kontakt
    Dr. Ricarda Lehmitz
    Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz
    Sektion Oribatida
    Tel. 03581-4760-5570
    ricarda.lehmitz@senckenberg.de

    Judith Jördens
    Pressestelle
    Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
    Tel. 069- 7542 1434
    pressestelle@senckenberg.de

    Publikation
    Rote Liste gefährdeter Tier, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 4: Wirbelose Tiere (Teil 2). ISBN: 978-3-7843-5474-3

    Die Natur mit ihrer unendlichen Vielfalt an Lebensformen zu erforschen und zu verstehen, um sie als Lebensgrundlage für zukünftige Generationen erhalten und nachhaltig nutzen zu können - dafür arbeitet die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung seit nunmehr fast 200 Jahren. Diese integrative „Geobiodiversitätsforschung“ sowie die Vermittlung von Forschung und Wissenschaft sind die Aufgaben Senckenbergs. Drei Naturmuseen in Frankfurt, Görlitz und Dresden zeigen die Vielfalt des Lebens und die Entwicklung der Erde über Jahrmillionen. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main wird von der Stadt Frankfurt am Main sowie vielen weiteren Partnern gefördert. Mehr Informationen unter www.senckenberg.de.


    Bilder

    Die Regenwurmart Eisenia lucens wurde im Jahr 2000 erstmals in Deutschland nachgewiesen. Sie lebt im Zittauer Gebirge und scheidet bei Reizung einen im Dunkeln fluoreszierenden Schleim aus.
    Die Regenwurmart Eisenia lucens wurde im Jahr 2000 erstmals in Deutschland nachgewiesen. Sie lebt im ...
    © Manfred Wanner
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    Auch Doppelfüßer, wie beispielsweise Ommatoiulus vilnense sind nun in der „Roten Liste“ vertreten.
    Auch Doppelfüßer, wie beispielsweise Ommatoiulus vilnense sind nun in der „Roten Liste“ vertreten.
    © Ulrich Burkhardt
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Die Regenwurmart Eisenia lucens wurde im Jahr 2000 erstmals in Deutschland nachgewiesen. Sie lebt im Zittauer Gebirge und scheidet bei Reizung einen im Dunkeln fluoreszierenden Schleim aus.


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