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16.01.2017 11:56

Nervenkrankheit ALS: Mehr als nur ein Motor-Problem im Gehirn?

Sarah Schüler Wissenschaftsorganisation & Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Neurobiologie

    Neurologen und Neurowissenschaftlern vom Leibniz-Institut für Neurobiologie gelang
    gemeinsam mit Kollegen der Universitätsklinik für Neurologie Magdeburg, des DZNE
    Magdeburg sowie der Medizinischen Hochschule Hannover ein wichtiger Schritt in der
    Erforschung von ALS. Mit einem neuen Analyseverfahren konnten sie zeigen, dass ALS
    und frontotemporale Demenz eng verwandte Krankheitsbilder sind, auch wenn ALSPatienten nicht dement sind. Über ihre Untersuchungen berichten die
    Neurowissenschaftler nun in der Fachzeitschrift "Scientific Reports".

    Stephen Hawking ist vielleicht ihr berühmtester Patient, doch insgesamt leiden weltweit ca.
    150.000 Menschen an der ALS-Krankheit. Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine
    seltene degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems. Dabei werden die
    Nervenzellen, die für die Bewegungen von Muskeln im gesamten Körper verantwortlich sind,
    immer weiter abgebaut. Als Folge werden die Muskeln immer schwächer und die Patienten
    verlieren ihre Beweglichkeit, was bisher kaum durch eine Therapie behandelt werden kann.
    Die durch die Erkrankung bedingte Muskelschwäche führt typischerweise innerhalb weniger
    Jahre nach ihrem Ausbruch zum Tod durch Atemversagen. Die mittlere Überlebensdauer
    nach Diagnosestellung beträgt nur etwa drei Jahre. Allerdings sind auch Fälle mit einer
    Überlebensdauer von bis zu 15 Jahren oder mehr beschrieben. Stephen Hawking feierte
    gerade seinen 75. Geburtstag, obwohl er bereits mit 21 Jahren an ALS erkrankte. Die
    Ursachen der Erkrankung sind bislang weitestgehend unbekannt. Derzeit wird in der
    klinischen Forschung die Vermutung verfolgt, dass eine Verwandtschaft zwischen ALS und
    frontotemporaler Demenz, einer seltenen Form der Demenz, bestehen könnte.

    Unter der Leitung von Prof. Dr. Mircea Ariel Schoenfeld untersuchte das interdisziplinäre
    Team mittels funktioneller Kernspintomographie eine Gruppe von 64 ALS-Patienten ohne
    Gedächtnisstörungen und 38 gesunde Probanden. Es ging vor allem um die Frage, ob die
    funktionelle Verknüpfung einzelner Hirnbereiche bei den Patienten verändert ist. Mit Hilfeeiner neuen selbstentwickelten Analysemethode fand das Team zunächst erwartungsgemäß,
    dass bei ALS-Patienten tatsächlich vor allem jene Hirnregionen schlechter funktionell
    miteinander verknüpft sind, die für Bewegungen verantwortlich sind. Interessanterweise
    zeigte die Analyse solche gestörten funktionellen Verbindungen aber auch in ganz anderen
    Hirnregionen, nämlich im Hinterhaupt- und Scheitellappen, in denen bei der
    frontotemporalen Demenz typischerweise neurodegenerative Veränderungen auftreten.
    Diese Befunde belegen, dass frontotemporale Veränderungen ein Kernbestandteil der ALS-Erkrankung
    sind, obwohl die untersuchten Patienten nur schwache oder gar keine
    kognitiven Einbußen hatten. Das Besondere an der Studie ist also, dass hier zum ersten Mal
    krankheitsspezifische Hirnfunktionsveränderungen nachgewiesen werden konnten, bevor
    die entsprechenden Demenz-Symptome wie z.B. Vergesslichkeit auftreten. Die Ergebnisse
    zeigen die enge Verwandtschaft zwischen ALS und frontotemporaler Demenz und werden
    zur Entwicklung von Biomarkern für diese und andere neurodegenerative Erkrankungen
    beitragen, für deren Analyse das neue Verfahren künftig auch eingesetzt werden kann.

    Weitere Informationen finden Sie in der Publikation:
    Loewe, K. et al. Widespread temporo-occipital lobe dysfunction in amyotrophic
    lateral sclerosis. Sci. Rep. 7, 40252; doi: 10.1038/srep40252 (2017).
    Kontakt: Prof. Dr. Mircea Ariel Schoenfeld
    Leibniz-Institut für Neurobiologie
    Abteilung für Verhaltensneurologie und
    Universitätsklinik für Neurologie Magdeburg
    Leiter Abteilung Experimentelle Neurologie
    ariel.schoenfeld@med.ovgu.de.


    Weitere Informationen:

    http://www.nature.com/articles/srep40252


    Bilder

    Ähnliche Muster von Neurodegeneration? Die Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang zwischen ALS und einer seltenen Form der Demenz.
    Ähnliche Muster von Neurodegeneration? Die Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang zwischen ALS ...
    Foto: LIN/Sarah Schüler
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Ähnliche Muster von Neurodegeneration? Die Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang zwischen ALS und einer seltenen Form der Demenz.


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