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14.02.2017 15:10

Wie bewegen sich Zellen? Forscher aus Münster untersuchen ihre mechanischen Eigenschaften

Dr. Christina Heimken Presse- und Informationsstelle
Westfälische Wilhelms-Universität Münster

    Forscher des Exzellenzclusters "Cells in Motion" der Universität Münster haben mit einem optischen Verfahren - der holographischen optischen Pinzette - die mechanischen Eigenschaften von Zellen in lebenden Zebrafischembryos untersucht und erstmals mehrere Bestandteile der Zellen gleichzeitig beeinflusst. Die Studie ist in der Zeitschrift "Journal of Biophotonics" erschienen.

    Zellen bilden Gewebe und Organe. Sie wandern von Ort zu Ort, und bei all diesen Prozessen spielen die Kräfte und mechanischen Eigenschaften der Zellen eine große Rolle. Forscherinnen und Forscher des Exzellenzclusters "Cells in Motion" der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) haben nun mit der Methode der holographischen optischen Pinzette die mechanischen Eigenschaften von Zellen in lebenden Zebrafischembryos untersucht. Dazu arbeiteten Zellbiologen und Physiker eng zusammen. Mit der auf Licht basierenden Technik konnten sie erstmals mehrere Bestandteile der Zellen gleichzeitig beeinflussen und Messungen durchführen. Die Studie ist aktuell in der Fachzeitschrift "Journal of Biophotonics" (online) erschienen.

    Im Exzellenzcluster "Cells in Motion" beobachten die Zellbiologen um Prof. Dr. Erez Raz "Urkeimzellen", also die Vorläufer von Spermien und Eiern, bei ihrer Wanderung im sich entwickelnden Zebrafisch. Wie andere Zellen auch bewegt sich eine Keimzelle vorwärts, indem sie sich verformt und kleine Auswölbungen der Zellmembran in Wanderungsrichtung ausbildet. Hierfür sind die mechanischen Eigenschaften der Zelle und ihrer Umgebung entscheidend. Diese mechanischen Eigenschaften sind bei der Entwicklung von Organismen, aber auch in Krankheitsfällen von Bedeutung, zum Beispiel, wenn Krebszellen wandern und Metastasen bilden. "Wenn eine Zelle sich teilt oder bei einer Erkrankung verändert, können sich auch die mechanischen Eigenschaften von Zellen verändern", sagt Florian Hörner, Erstautor der Studie und Doktorand am Institut für Zellbiologie.

    Um diese physikalischen Eigenschaften zu untersuchen, brachte die Forschergruppe um Physikerin Prof. Dr. Cornelia Denz eine spezielle Methode ein: Sie nutzten die holographische optische Pinzette. Eine optische Pinzette basiert auf fokussiertem Laserlicht, mit dem kleinste Partikel in einer Zelle oder im Gewebe bewegt, verformt und festgehalten werden können. Der Laser wirkt wie eine "Pinzette" aus Licht. Um mehr als ein einzelnes Partikel gleichzeitig festzuhalten, kombinierten die Forscher die optische Pinzette mit holographischen Verfahren. Das bedeutet: Durch computerberechnete Hologramme wird der Laserstrahl so geformt, dass unter dem Mikroskop eine Vielzahl an einzelnen optischen Pinzetten entsteht.

    Um die mechanischen Eigenschaften der Zelle während der Embryonalentwicklung zu untersuchen, injizierten die Wissenschaftler in einem frühen Entwicklungsstadium kleine Kunststoffkügelchen in Zellen von lebenden Zebrafischembryos. Mit der optischen Pinzette übten die Forscher Kraft auf die einen Mikrometer großen Kügelchen in den Zellen aus und bewegten sie so. Die Untersuchung ihrer Bewegung als Reaktion auf diese Kraft erlaubte es den Forschern, mechanische Eigenschaften der Zellen zu bestimmen. Darüber hinaus war es dank des holographischen Verfahrens möglich, an verschiedenen Orten gleichzeitig Kraft auszuüben – als würden mehrere Hände gleichzeitig verschiedene Strukturen innerhalb der Zellen verformen.

    "Wir haben eine gute Grundlage gefunden, um in Zukunft vielen verschiedenen Fragestellungen hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften von Zellen im lebenden Embryo nachgehen zu können, ohne in dessen Entwicklung einzugreifen", resümiert Florian Hörner. Den Forschern gelang es, eine vielseitige Methode aufzubauen, die zukünftig auch für ähnliche Untersuchungen in anderen Organismen genutzt werden kann. "Letztendlich wollen wir in der Lage sein, die biomechanischen Eigenschaften von Zellen zu bestimmen und zu manipulieren, die für ihr Bewegungsverhalten im lebenden Gewebe relevant sind", sagt Erez Raz.

    Die Studie entstand in einem durch den WWU-Exzellenzcluster "Cells in Motion" geförderten Forschungsprojekt. Darüber hinaus wurde sie durch den von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereich TRR 61 "Multilevel Molecular Assemblies – Structure, Dynamics and Function" der WWU, den Europäischen Forschungsrat und den Deutschen Akademischen Austauschdienst unterstützt.

    Redaktion:

    Svenja Ronge
    Pressereferentin/Forschungsredakteurin im Exzellenzcluster "Cells in Motion"
    Tel.: +49 251 83-49310
    svenja.ronge@uni-muenster.de



    Originalpublikation:

    Hörner F, Meissner R, Polali S, Pfeiffer J, Betz T, Denz C, Raz E. Holographic optical tweezers-based in vivo manipulations in zebrafish embryos. J Biophotonics 2017, DOI: 10.1002/jbio.201600226


    Bilder

    Fluoreszierende Kügelchen (grün) im 24 Stunden alten Zebrafischembryo. Die Kügelchen wurden im Einzellstadium in den Embryo eingebracht und verteilten sich, ohne die Entwicklung zu beeinflussen.
    Fluoreszierende Kügelchen (grün) im 24 Stunden alten Zebrafischembryo. Die Kügelchen wurden im Einze ...
    Bildnachweis: Hörner et al./Journal of Biophotonics
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Fluoreszierende Kügelchen (grün) im 24 Stunden alten Zebrafischembryo. Die Kügelchen wurden im Einzellstadium in den Embryo eingebracht und verteilten sich, ohne die Entwicklung zu beeinflussen.


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