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24.02.2017 14:25

Vorhofflimmern besser erkennen, hilft Schlaganfälle zu verhindern

Stefan Weller Stabsstelle Unternehmenskommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität

    Neuer Ansatz zur Verhinderung von Schlaganfällen. Forscher der Universitätsmedizin aus Göttingen und Mainz zeigen: Einfaches, günstiges und ungefährliches diagnostisches Konzept spürt Herzrhythmusstörungen bei Schlaganfallpatienten besser auf als aktuell verwendete Verfahren. Veröffentlicht in renommierter Fachzeitschrift „Lancet Neurology“.

    (umg) Vorhofflimmern ist eine der häufigsten Ursachen für Schlaganfälle. Diese Herzrhythmusstörung gilt als Vorbote für Schlaganfall und hat für die Betroffenen oft lebenslange Einschränkungen und Behinderungen zur Folge. Ursache ist ein Blutgerinnsel im Herzen. Wird es in das Gehirn ausgeschwemmt, verstopft es die Gefäße und führt dazu, dass Hirngewebe abstirbt.

    Sollte man Schlaganfallpatienten intensiver auf die Herzrhythmusstörung „Vorhofflimmern“ untersuchen? Dieser Frage sind Prof. Rolf Wachter, Leitender Oberarzt der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen (Direktor: Prof. Dr. Gerd Hasenfuß) und Wissenschaftler im Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), und Priv.-Doz. Dr. Klaus Gröschel, geschäftsführender Stellvertreter der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz (Direktorin: Univ.-Prof. Dr. Frauke Zipp), in ihrer Studie „Find-AF-randomised“ interdisziplinär nachgegangen. Insgesamt 398 Patienten mit frischem Schlaganfall wurden für die Studie untersucht. Ein Teil der Patienten wurde mit einem Langzeit-EKG über zehn Tage versorgt, das insgesamt drei Mal durchgeführt und in einem spezialisierten Labor ausgewertet wurde. Ein anderer Teil der Patienten bekam die aktuelle Standarddiagnostik. Die Ergebnisse sprechen für sich: In der Gruppe mit Langzeit-EKG-Diagnostik wurde drei Mal häufiger Vorhofflimmern gefunden (13,5 Prozent) als in der Gruppe mit Standarddiagnostik (4,5 Prozent). Die Ergebnisse wurden im Februar in der renommierten Fachzeitschrift „Lancet Neurology“ veröffentlicht.

    „Oft wird Vorhofflimmern nicht erkannt, weil die Herzrhythmusstörung nur für wenige Minuten auftritt. Deshalb wird sie bei den aktuell üblichen Herz-Kreislaufuntersuchungen leicht übersehen. Wird Vorhofflimmern jedoch rechtzeitig erkannt, lässt sich ein Schlaganfall als Folge verhindern“, sagt Prof. Rolf Wachter. „Vorhofflimmern besser zu erkennen, ist vermutlich die vielversprechendste Strategie, um die Zahl der Schlaganfälle zu reduzieren. Mit dieser Studie ist uns ein wichtiger Schritt hin zu einer personalisierten Medizin gelungen. Durch eine verbesserte Diagnostik können wir den Patienten genau die Therapien zuordnen, die sie benötigen“, so Wachter.

    „Aus Voruntersuchungen war uns bekannt, dass wir mit einem verlängerten Langzeit-EKG bei jedem achten Schlaganfallpatienten Vorhofflimmern finden können. Das ist wichtig, denn wir haben Medikamente, um bei diesen Patienten das Risiko für einen erneuten Schlaganfall um zirka 70 Prozent zu senken“, sagt der Mainzer Neurologe Privatdozent Dr. Klaus Gröschel.

    „Was bislang noch fehlte, war der Nachweis, dass dieses Verfahren auch wirklich Fälle von Vorhofflimmern findet, die wir normalerweise nicht finden würden. Deshalb haben wir eine Studie durchgeführt, bei der Patienten zufällig entweder unser verlängertes Langzeit-EKG bekamen oder die Standardverfahren, bei denen die Rhythmusaufzeichnung nur für ein bis drei Tage erfolgt. Nur so kann man beweisen, ob das neue Verfahren besser ist“, sagt Dr. Mark Weber-Krüger, Assistenzarzt in der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG und Koordinator der Studie.

    Ermutigend seien auch die Daten zu wiederholten Schlaganfällen, so die Autoren: Bei den Patienten, die das Langzeit-EKG bekamen, gab es etwa 40 Prozent weniger erneute Schlaganfälle und Schlaganfallvorstufen (transitorisch ischämische Attacken). „Aufgrund dieser Zahlen planen wir eine weitere größere Studie mit 5.000 Teilnehmern. Wir wollen zeigen, dass wir nicht nur mehr Vorhofflimmern finden, sondern auch Schlaganfälle verhindern“, sagt Prof. Wachter.

    „Interdisziplinäre Forschung ist eine der großen Stärken universitärer Medizin. Die enge Kooperation zwischen Neurologen und Kardiologen, wie jetzt zwischen den Universitätsmedizinen in Göttingen und Mainz, wollen wir in Zukunft auch in Göttingen weiter ausbauen“ sagt Prof. Dr. Heyo K. Kroemer, Dekan der Medizinischen Fakultät und Sprecher des Vorstandes der Universitätsmedizin Göttingen.

    „Über Disziplinen und Standorte hinweg Grenzen zu überwinden, ist der Schlüssel zum Erfolg“, so der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Prof. Dr. Ulrich Förstermann. „Diese Multicenter-Studie und ihre Veröffentlichung in einem so renommierten Journal wie dem Lancet Neurology ist ein sehr gutes Beispiel dafür.“

    Originalveröffentlichung: Rolf Wachter*, Klaus Gröschel*, Götz Gelbrich, Gerhard F Hamann, Pawel Kermer, Jan Liman, Joachim Seegers, Katrin Wasser, Anna Schulte, Falko Jürries, Anna Messerschmid, Nico Behnke, Sonja Gröschel, Timo Uphaus, Anne Grings, Tugba Ibis, Sven Klimpe, Michaela Wagner-Heck, Magdalena Arnold, Evgeny Protsenko, Peter U Heuschmann, David Conen, Mark Weber-Krüger for the Find-AF randomised Investigators and Coordinators. Holter-electrocardiogram-monitoring in patients with acute ischaemic stroke (Find-AFrandomised): an open-label randomised controlled trial. Lancet Neurology, Epub ahead of print Feb 07, 2017. *contributed equally; DOI: 10.1016/S1474-4422(17)30002-9

    Der Schlaganfall zählt zu den häufigsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 280.000 Menschen in Deutschland sind jedes Jahr davon betroffen. Meistens liegt eine Minderversorgung des Gehirns mit Blut zugrunde (ischämischer Schlaganfall), seltener einer Blutung. Infolge des Schlaganfalles kommt es oft zu lebenslanger Einschränkung im Alltag, viele Patienten werden dauerhaft pflegebedürftig.

    WEITERE INFORMATIONEN
    Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
    Klinik für Kardiologie und Pneumologie, Herzzentrum Göttingen
    Prof. Dr. Rolf Wachter
    Telefon (Sekretariat) 0551 / 39-9258
    wachter@med.uni-goettingen.de

    Universitätsmedizin Mainz
    Klinik und Poliklinik für Neurologie
    Priv.-Doz. Dr. Klaus Gröschel
    Telefon 06131 / 17 7156
    klaus.groeschel@unimedizin-mainz.de

    Universitätsmedizin Göttingen
    Unternehmenskommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Stefan Weller
    Robert-Koch-Str. 42, 37075 Göttingen
    Telefon 0551 / 39-99 59
    presse.medizin@med.uni-goettingen.de

    Universitätsmedizin Mainz,
    Stabsstelle Unternehmenskommunikation
    Barbara Reinke
    Telefon 06131 / 17-7428, Fax 06131 / 17-3496
    pr@unimedizin-mainz.de


    Bilder

    Erstautor der Studie: Prof. Dr. Rolf Wachter, Leitender Ober-arzt der Klinik für Kardiologie und Pneumologie, Universitätsmedizin Göttingen.
    Erstautor der Studie: Prof. Dr. Rolf Wachter, Leitender Ober-arzt der Klinik für Kardiologie und Pne ...
    Foto: privat
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    Erstautor der Studie: Privatdo-zent Dr. Klaus Gröschel, geschäftsführender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin Mainz
    Erstautor der Studie: Privatdo-zent Dr. Klaus Gröschel, geschäftsführender Oberarzt der Klinik und P ...
    Foto: privat
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Erstautor der Studie: Prof. Dr. Rolf Wachter, Leitender Ober-arzt der Klinik für Kardiologie und Pneumologie, Universitätsmedizin Göttingen.


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