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13.03.2017 10:07

Rostocker Biologen entdecken neue Arten von Meeresborstenwürmern

Ingrid Rieck Presse- und Kommunikationsstelle
Universität Rostock

    Wissenschaftler verleihen den Tieren einen Namen

    Biologen um Privatdozent Dr. Andreas Bick von der Universität Rostock haben in Kooperati-on mit internationalen Kollegen eine neue Art von Meeresborstenwürmern entdeckt. Das Besondere: die etwa zwei Zentimeter großen Tiere wurden nicht in weit entfernten oder schwer zugänglichen Regionen der Weltmeere gefunden, sondern fast zeitgleich in den Niederlanden, der Ostsee und dem Asowschen Meer.

    Gemeinsam mit einem Rostocker Forscher-Kollegen machte Andreas Bick sich nach Holland auf und suchte nach diesen Würmern. Tiere, die in Estland auftauchten, wurden den Rostocker Biologen zugeschickt und auch aus dem Asowschen Meer kamen Tiere per Post ins Labor der Universität Rostock.

    Eingeschleppt aus Australien oder Brasilien? „Keiner weiß, wo die Tiere herkommen“, sagt Dr. Bick. „Eine Ausbreitung durch den Schiffsverkehr ist aber wahrscheinlich“. Doch wie ist zu erkennen, ob eine Art neu, also noch unentdeckt ist, und wie ist dies zu beweisen?

    Neben äußeren Merkmalen geben anatomische und genetische Untersuchungen, wie sie am Institut für Biowissenschaften der Uni Rostock vorgenommen werden, eine sichere Antwort. Der aktuelle Fakt: Es gibt drei Funde von Meeresborstenwürmern aus eben den drei weit voneinander entfernten Regionen in Europa. Nach Untersuchungen der Rostocker Wissen-schaftler gehören die Tiere zu einer Art. „Und die ist der Wissenschaft bislang nicht bekannt. Es handelt sich also um sogenannte Neozoen. So werden Tierarten bezeichnet, die unbeein-flusst oder beeinflusst durch den Menschen in ein Gebiet gelangt sind, in dem sie ursprünglich nicht beheimatet waren und die dort leben und sich erfolgreich vermehren.

    Bisher tragen die in den beiden Meeren und in den holländischen Flüssen und Kanälen le-benden Würmer verschiedene Namen bereits bekannter Arten. „Das ist falsch“, sagt Dr. Bick. Will man herausfinden, ob die Würmer aus der Ostsee, den Niederlanden und aus dem Asowschen Meer verwandt sind oder sogar derselben Art angehören, müssen die Tiere in Alkohol konserviert werden. Wenn dann gleiche DNA-Sequenzen gefunden werden, wie im Fall dieser Würmer, können alle Tiere derselben Art zugeordnet werden. Sie sind dadurch genau charakterisiert, wie etwa ein Barcode auf den Produkten im Baumarkt oder beim Dis-counter diese eindeutig charakterisiert.

    „Strichcodes, die auf Produktverpackungen zu finden sind, enthalten Informationen zur Ware, beispielsweise deren Artikelidentifikation oder die Abpackungsgröße“, verdeutlicht ein Rostocker Biologe. In gleicher Weise können bestimmte Abschnitte, Sequenzen, der Erbsubstanz DNA genutzt werden, um beispielsweise eine Tierart eindeutig zu identifizieren.

    Dieses DNA-Barcoding ist zu einem globalen Standard zur Identifikation von Tieren, Pflanzen, Pilzen usw. geworden. Denn: immer wieder werden neue Tierarten entdeckt. Gegenwärtig sind es weltweit etwa 15 000 pro Jahr. Es sind überwiegend Insekten, aber sogar Säugetiere und Vögel werden neu beschrieben. Das Entdecken und Beschreiben einer bis dahin unbekannten Art ist ein Höhepunkt für jeden Forscher. Anhand einer kurzen DNA-Sequenz können so fast alle Tierarten auf der Erde identifiziert werden. Mit Hilfe des molekularen Barcodes ist es möglich, alle Gewebe tierischen Ursprungs wie z. B. Muskulatur, Haare, Federn, Fischschuppen, Speichel, Kot und alle Lebensstadien wie Eier (z.B. Kaviar!), Larven, Puppen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Art zuzuordnen. Nach der Isolation der DNA aus tierischem Gewebe wird der DNA-Abschnitt des COI-Gens mittels Polymerasekettenreaktion vervielfältigt und anschließend die Sequenz bestimmt. Durch Abgleich mit DNA-Sequenzen aus Datenbanken kann diese Sequenz dann mit bereits dort hinterlegten Barcodes verglichen und ein Tier einer bestimmten Art mit hoher Wahrscheinlichkeit zugeordnet werden. Ist noch kein Barcode hinterlegt, trägt der neue DNA-Barcode zur Vergrößerung der Datenbasis bei.

    Außerordentlich wichtig sei hierbei, dass die Datenbanken nur mit sorgfältig erhobenen DNA-Barcodes „gefüttert“ werden, betont Bick. Ideal sei es, so der Biologe, wenn klassische Ta-xonomie, also die Wissenschaft der Einordnung in verschiedene Klassen nach einem zuvor festgelegten System und DNA-Barcoding zusammenarbeiten und sich wechselweise beför-dern, wie im Falle dieser neuen Art. Der Artname, den sich die Rostocker Wissenschaftler für diese Tiere noch ausdenken müssen, soll auf das plötzliche Erscheinen in den verschiedenen Gewässern Bezug nehmen. Text: WOLFGANG THIEL

    Kontakt:
    PD Dr. Andreas Bick
    Universität Rostock
    Institut für Biowissenschaften
    Allgemeine und Spezielle Zoologie
    Fon. ++49(0)381 498 6267
    Fax. ++49(0)381 498 6262
    andreas.bick(at)uni-rostock(dot)de


    Bilder

    Privatdozent Dr. Andreas Bick ist als Biologe auch Taxonom, bestimmt also die Identität von Tieren oder Pflanzen und  überprüft, ob es sich um eine schon bekannte oder eine neue Art handelt.
    Privatdozent Dr. Andreas Bick ist als Biologe auch Taxonom, bestimmt also die Identität von Tieren o ...
    Foto: Uni Rostock / Julia Tetzke
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    Vorderende der unbekannten Meeresborstenwurmart mit Tentakelkrone.
    Vorderende der unbekannten Meeresborstenwurmart mit Tentakelkrone.
    Foto: privat
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

    Privatdozent Dr. Andreas Bick ist als Biologe auch Taxonom, bestimmt also die Identität von Tieren oder Pflanzen und überprüft, ob es sich um eine schon bekannte oder eine neue Art handelt.


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    Vorderende der unbekannten Meeresborstenwurmart mit Tentakelkrone.


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