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31.03.2017 13:14

Durstige Landwirtschaft: Übermässige Grundwassernutzung bedroht Lebensmittelversorgung weltweit

Sabine Wendler Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Pressestelle
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

    Frankfurt am Main, den 30.03.2017. Der Anbau international gehandelter Lebensmittel zapft immer größere Mengen an nicht-erneuerbarem Grundwasser an. Dies führt dazu, dass die Grundwasservorräte schrumpfen – die zukünftige Verfügbarkeit von Lebensmitteln und Wasser gerät damit weltweit in Gefahr, warnt ein internationales Forscherteam im Fachblatt „Nature”. Laut den Experten des University College of London, des Senckenberg, der Universität Klagenfurt, der NASA and des International Institute for Applied Systems Analysis, ist die Menge an nicht-erneuerbarem Grundwasser, das zur Bewässerung genutzt wird, von 2000 bis 2010 um knapp ein Viertel angestiegen.

    Reis aus Pakistan, Weizen aus Ägypten und Baumwolle aus den USA – wenn es um die Herkunft dieser und anderer landwirtschaftlicher Güter geht, bedient sich auch der deutsche Verbraucher gern international. Was in Anbauregionen mit aridem oder semiariden Klima an Regen fehlt, wird durch Bewässerung mit Grundwasser ersetzt. Und genau das ist ein Problem. „Die Menge des dabei verbrauchten, nicht-erneuerbaren Grundwassers – also Wasser, das nicht oder nur wenig durch Regen oder Eindringen von Oberflächenwasser erneuert wird – hat weltweit zwischen 2000 und 2010 um 22 Prozent zugenommen. 11 Prozent des übermäßig genutzten Grundwassers fließen in den Bewässerungsanbau von international gehandelten Lebensmitteln“, so Dr. Thomas Kastner, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum und Universität Klagenfurt, Ko-Autor der neuen Nature-Studie.

    Hauptexporteur von landwirtschaflichen Produkten, die mit nicht- erneuerbaren Grundwasser angebaut wurden, ist Pakistan (29 % des nicht-erneuerbaren Grundwassers, das weltweit zum Anbau gehandelter landwirtschaftliche Produkte eingesetzt wird), gefolgt von den USA (27 %) und Indien (12 %). Beim Import ist China der Spitzenreiter (9 % des nicht-erneuerbaren Grundwassers, das weltweit zum Anbau gehandelter landwirtschaftliche Produkte eingesetzt wird), gefolgt von den USA und Iran. Für Deutschland liegt dieser Wert immerhin bei 2,5 % und damit deutlich über dem Anteil der Deutschen an der Weltbevölkerung.

    Exporteure von Produkten, zu deren Anbau übermässig Grundwasser verbraucht wurde, mögen kurzfristig profitieren. Langfristig gesehen dürfte diese Form der Landwirtschaft aber nicht aufrechtzuerhalten sein. Aber auch für Importeure, wie Deutschland, birgt die Entwicklung Risiken. „Obwohl in Deutschland kein Grundwassermangel herrscht, importieren wir Nahrungsmittel, die durch übermässige Grundwassernutzung hergestellt wurden. Langfristig gesehen, könnte diese Versorgung einbrechen oder die Preise stark steigen“, so Kastner.

    Die Liste der Produkte, die im internationalen Handel das meiste nicht-erneuerbare Grundwasser ‚im Gepäck haben‘ wird angeführt von Reis (29 % der Gesamtmenge an nicht-erneuerbarem Grundwasser). Mit Abstand folgen Weizen (12 %) und Baumwolle (11 %), Mais (4 %) und Sojabohnen (3 %). Beim Anbau in trockeneren Regionen werden häufig konventionelle Berieselungssysteme eingesetzt. Sie stehen in der Kritik, weil die Entnahmenraten 20 bis 50 Mal über der Menge an Grundwasser liegen, die als erneuerbar eingeschätzt wird.

    Dr. Carole Dalin vom University College London, Hauptautorin der Studie, ist besorgt: „Wo und wie Produkte angebaut werden ist äußerst wichtig, denn Grundnahrungsmittel wie Brot und Reis könnten sich negativ auf die globalen Wasservorräte auswirken. Wenn sich Verbraucher und Produzenten nicht auf Strategien einigen, um die Nachhaltigkeit der Grundwasernutzung zu maximieren, stehen für einen großen Teil der Weltbevölkerung die stabile Nahrungsmittelversorgung und -preise auf dem Spiel. Im Zuge des Klimawandels werden zudem Dürren in vielen Regionen häufiger werden. Um dies kompensieren zu können, dürfen wir die Grundwasservorräte nicht erschöpfen.“

    Kontakt

    Dr. Thomas Kastner
    Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
    Tel. 069- 7542 1807
    thomas.kastner@senckenberg.de

    Sabine Wendler
    Pressestelle
    Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
    Tel. 069- 7542 1818
    Sabine.wendler@senckenberg.de

    Publikation

    Dalin, C., Wada, Y. Kastner, Th. And Puma, M.J. (2017): Groundwater depletion embedded in international food trade. Nature. Doi: 10.1038/nature21403

    Die Pressebilder können kostenfrei für redaktionelle Berichterstattung zu dieser Pressemeldung verwendet werden unter der Voraussetzung, dass der genannte Urheber mit veröffentlicht wird. Eine Weitergabe an Dritte ist nur im Rahmen der aktuellen Berichterstattung zulässig.

    Die Pressemitteilung und Bildmaterial finden Sie auch unter www.senckenberg.de/presse


    Die Natur mit ihrer unendlichen Vielfalt an Lebensformen zu erforschen und zu verstehen, um sie als Lebensgrundlage für zukünftige Generationen erhalten und nachhaltig nutzen zu können - dafür arbeitet die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung seit nunmehr 200 Jahren. Ausstellungen und Museen sind die Schaufenster der Naturforschung, durch die Senckenberg aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse mit den Menschen teilt und Einblicke in vergangene und gegenwärtige Veränderungen der Natur vermittelt. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main wird von der Stadt Frankfurt am Main sowie weiteren Sponsoren und Partnern gefördert. Mehr Informationen unter www.senckenberg.de.

    200 Jahre Senckenberg! 2017 ist Jubiläumsjahr bei Senckenberg – die 1817 gegründete Gesellschaft forscht seit 200 Jahren mit Neugier, Leidenschaft und Engagement für die Natur. Seine 200-jährige Erfolgsgeschichte feiert Senckenberg mit einem bunten Programm, das aus vielen Veranstaltungen, eigens erstellten Ausstellungen und einem großen Museumsfest im Herbst besteht. Natürlich werden auch die aktuelle Forschung und zukünftige Projekte präsentiert. Mehr Infos unter: www.200jahresenckenberg.de.


    Bilder

    Bewässerungsanbau in der Wüste: Satellitenbild des Landwirtschaftsprojektes East Oweinat, Ägypten aus dem Februar 2017. [Detail]
    Bewässerungsanbau in der Wüste: Satellitenbild des Landwirtschaftsprojektes East Oweinat, Ägypten au ...
    NASA Earth Observatory
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Gesellschaft, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Bewässerungsanbau in der Wüste: Satellitenbild des Landwirtschaftsprojektes East Oweinat, Ägypten aus dem Februar 2017. [Detail]


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