idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
05.09.2017 13:18

Magnetische Surfer: Nanostrukturen können gezielt beeinflusst werden

Petra Giegerich Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Effekt von akustischen Oberflächenwellen auf magnetische Nanostrukturen wird mit neuer Abbildungsmethode sichtbar gemacht

    Auf dem Weg zur Entwicklung von winzigen, ultraschnellen Bauelementen für die Computer- und Kommunikationstechnik spielen die magnetischen Eigenschaften von Materialien und die Möglichkeit, diese Eigenschaften gezielt anzusteuern, eine wichtige Rolle. Einem internationalen Team von Wissenschaftlern unter Beteiligung von Physikern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ist es gelungen, magnetische Nanostrukturen mithilfe von akustischen Oberflächenwellen zu beeinflussen und die Effekte mit neuen Abbildungsmethoden sichtbar zu machen. Die Nutzung akustischer Oberflächenwellen, um die Magnetisierung von nanomagnetischen Elementen zu ändern, liefert eine neue Möglichkeit, um Magnetisierung energiesparend zu schalten. Die Forschungsarbeit wurde von Nature Communications publiziert.

    Die Kontrolle der magnetischen Eigenschaften von Materialien ist von grundlegender Bedeutung, um Speicher, Computer und Kommunikationsgeräte auf der Nanoskala zu entwickeln. Während Datenspeicherung und Datenverarbeitung in rasantem Tempo voranschreiten, suchen Wissenschaftler nach neuen Methoden, wie die magnetischen Eigenschaften von Materialien zu kontrollieren sind. Ein Ansatz stützt sich auf die elastische Verformung des magnetischen Materials durch elektrische Felder. Das Forschungsgebiet hat viel Interesse auf sich gezogen, weil es die Möglichkeit bietet, kleine magnetische Elemente mit wenig Energieaufwand umzuschalten. Studien dazu waren jedoch bislang auf einer Zeitskala von Sekunden bis Millisekunden erfolgt, viel zu langsam für Anwendungen in der Informationsverarbeitung.

    Um schnelle Verformungsänderungen und dadurch schnelle Magnetisierungswechsel im Subnanosekundenbereich zu erzeugen, nutzt das internationale Wissenschaftlerteam akustische Oberflächenwellen. Diese „Surface Acoustic Waves“ (SAW) lassen sich mit Schallwellen in einem Festkörper vergleichen, nur dass SAWs für Menschen nicht hörbar sind. Schlägt man zum Beispiel mit einem Hammer auf eine Eisenstange, dann bewegt die Schallwelle eine Verformung entlang der Stange. Auf ähnliche Weise propagiert eine SAW eine Verformung, allerdings nur an der Oberfläche vom Material, in etwa wie Wellen im Ozean, die sich an der Oberfläche entlangbewegen. In bestimmten Materialien, sogenannten Piezokristallen, die sich unter elektrischer Spannung ausbereiten oder zusammenziehen, können SAWs durch oszillierende elektrische Felder auf ultraschnellen Zeitskalen erzeugt werden.

    In Zusammenarbeit mit Gruppen in Spanien, der Schweiz und Berlin hat der Arbeitskreis von Prof. Dr. Mathias Kläui am Institut für Physik der JGU eine neue experimentelle Technik genutzt, um die akustischen Oberflächenwellen sichtbar zu machen. Damit können die Wissenschaftler zeigen, dass sich SAWs eignen, um die Magnetisierung von nanometerkleinen magnetischen Elementen auf der Oberfläche der Kristalle extrem schnell umzuschalten. Die Ergebnisse zeigen, dass magnetische Elemente ihre Eigenschaften durch den SAW-Effekt verändern und die magnetischen Domänen sich vergrößern oder schrumpfen, je nach Phase der Oberflächenwellen. Interessanterweise tritt die Veränderung nicht sofort ein, die beobachtete Verzögerung kann sogar moduliert werden. Hier liegt der Schlüssel, um in Zukunft energiesparende magnetische Geräte zu entwerfen: in dem Verständnis, wie die magnetischen Eigenschaften auf einer schnellen Zeitskala zu modifizieren sind.

    „Für hochkomplexe Messungen sind eine enge internationale Zusammenarbeit mit führenden Gruppen und ein starkes Alumni-Netzwerk von strategischem Vorteil“, betont Kläui. „Wir haben uns mit einer Gruppe der spanischen Synchrotronstrahlungsquelle ALBA zusammengetan. Ein ehemaliger Doktorand aus der Gruppe in Mainz arbeitet bei ALBA und leitet dort diese Aktivitäten. Die Arbeit erfolgte außerdem in Kooperation mit einem Doktoranden der Exzellenz-Graduiertenschule MAINZ. Es ist großartig zu sehen, dass unsere Studierenden und Alumni so erfolgreich sind“, sagt Kläui, der auch als Direktor der Graduiertenschule MAINZ vorsteht.

    Die Graduiertenschule MAINZ wurde in der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder im Jahr 2007 bewilligt und erhielt in der zweiten Runde 2012 eine Verlängerung. Sie besteht aus Arbeitsgruppen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der Technischen Universität Kaiserslautern und des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung in Mainz. Einer der Forschungsschwerpunkte ist die Spintronik, wobei die Zusammenarbeit mit führenden internationalen Partnern eine wichtige Rolle spielt.

    Abbildung:
    http://www.uni-mainz.de/bilder_presse/08_physik_komet_magnet_saw.jpg
    Zwei Beispiele der Abbildung von Verformung und der resultierenden Magnetisierungskonfigurationen. Links: Bilder der Verformung durch eine Oberflächenwelle um ein magnetisches Element herum. Die Welle bewegt sich über das magnetische Quadrat hinweg (weiß, 2 μm Kantenlänge), und abhängig vom Zeitpunkt kann das Quadrat entweder im nicht verformten Zustand (oben) oder im verformten Zustand (unten) abgebildet werden. Korrespondierende experimentelle Bilder mit magnetischem Kontrast sind direkt daneben dargestellt. Rechts: Schematische Darstellung der magnetischen Domänenkonfiguration im magnetischen Quadrat ohne Verformung (oben, Pfeile und die Graustufenskala zeigen die Richtung der Magnetisierung an) und magnetische Konfiguration im verformten Zustand (unten). Hier wird die horizontale Magnetisierungsrichtung durch die Verformung favorisiert, sodass die weiße und die schwarze Domäne größer werden.
    Abb./©: Michael Foerster, ALBA

    Veröffentlichung:
    Michael Foerster et al.
    Direct imaging of delayed magneto dynamic modes induced by surface acoustic waves
    Nature Communications 8, 1. September 2017
    DOI: 10.1038/s41467-017-00456-0
    https://www.nature.com/articles/s41467-017-00456-0

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Mathias Kläui
    Physik der kondensierten Materie
    Institut für Physik
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    55099 Mainz
    Tel. +49 6131 39-23633
    E-Mail: klaeui@uni-mainz.de
    http://www.klaeui-lab.physik.uni-mainz.de/308.php

    Exzellenz-Graduiertenschule Materials Science in Mainz (MAINZ)
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    55099 Mainz
    Tel. +49 6131 39-26984
    Fax +49 6131 39-26983
    E-Mail: mainz@uni-mainz.de
    http://www.mainz.uni-mainz.de/

    Weiterführende Links:
    https://www.uni-mainz.de/presse/76072.php (Pressemitteilung vom 28.07.2016 „Internationales Forscherteam deckt grundlegende Eigenschaften des Spin-Seebeck-Effekts auf)


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Elektrotechnik, Informationstechnik, Maschinenbau, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).