Um sich der Hochschule, den neuen Kollegen und Studierenden vorzustellen, halten neu berufene Professoren und Professorinnen an der Northern Business School eine sogenannte Antrittsvorlesung. Anfang November war es für drei Professoren – Prof. Dr. Becken, Prof. Dr. Metzner und Prof. Dr. Zerbin – soweit. Dritter Redner des Abends war Prof. Dr. Daniel Zerbin, Professur für Kriminalwissenschaften, mit seiner Antrittsvorlesung zu dem Thema "Von Hamburg nach New York: Die Genese des Mohamed Atta". Dabei evaluierte er potenzielle Motive des Attentäters vom 11. September 2001 und Mitglied der sogenannten "Hamburger Zelle" aus der kriminalwissenschaftlichen Perspektive.
Zerbin fokussierte seine Ausführungen auf das kriminalpsychologische Phänomen des Psychopaten. Hierzu erläuterte er zunächst dessen typische Merkmale, darunter mangelnde emotionale Intelligenz, Renitenz gegen Weisungsbefugte und aggressives Verhalten schon im Kindesalter. Spätere Charaktermerkmale von Psychopaten seien u. a. Egozentrik, Impulsivität und Reuelosigkeit. Dazu verhielten sie sich i. d. R. impulsiv, unbeherrscht und verantwortungslos. Derartige Einstellungen und Verhaltensweisen seien mit hoher Wahrscheinlichkeit sowohl auf biologische Faktoren als auch auf Umwelteinflüsse zurückzuführen.
Im weiteren Verlauf des Vortrags übertrug Zerbin die vorab erarbeiteten Aspekte auf sein Fallbeispiel Mohamed Atta. Deutlich wurde, dass Atta kaum eines dieser Merkmale aufweist: In seinem Studiengang an der Technischen Universität Hamburg war er sozial integriert und nicht signifikant auffällig in seinem Verhalten. Dies bestätigte auch Prof. Dr. Dittmar Machule, der Atta seinerzeit unterrichtete und der Antrittsvorlesung als Gast beiwohnte. Darüber hinaus zeigte der Attentäter vom 11.09.2001 auch empathische Züge auf. So druckte er auf dem Deckblatt seiner Abschlussarbeit etwa Fotos arabischer Kinder seiner Heimat ab. Insgesamt weise Atta keine eindeutigen Spuren einer hochgradigen psychopatischen Veranlagung auf, was Zerbin zum Ausschluss dieses Motivs für das Attentat bewegte.
Daraufhin widmete Prof. Zerbin sich der kriminalsoziologischen Analyse des Falls und betrachtete das Umfeld des Attentäters. Im Vorwege seiner Tat habe sich Atta regelmäßig in der Hamburger al-Quds-Moschee aufgehalten und dort zahlreiche islamistische Kontakte geknüpft. Auch die Entwicklung zu immer radikaleren Thesen der Islam-AG an der Technischen Universität Hamburg, die Atta mitbegründet hatte, trug zur Fanatisierung bei. Das Leben in einer extremistisch denkenden Diaspora führte bei Mohamed Atta zu einer Wesensveränderung, ohne die er mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zum Massenmörder geworden wäre, so die These der Antrittsvorlesung.
Zerbin resümierte, dass Mohamed Atta bis zu den Attentatsvorbereitungen ein normal-menschlich konformes Verhalten aufwies, das das Motiv eines psychopathisch denkenden Serienmörders ausschließe. Aufgrund der Komplexität des Themas ließ er die "Gretchenfrage" in Bezug auf die religiöse Ausrichtung Attas offen. Wie die Kommentare von Prof. Dr. Machule aber unterstrichen, scheint die religiöse Fanatisierung Attas eine entscheidende Grundlage für die Genese zum Massenmörder gewesen zu sein. Auch in der anschließenden Diskussion blieben die Anwesenden in Einigkeit darüber, dass Handeln dieses Ausmaßes für "normal" denkende Menschen theoretisch nur sehr schwer rekonstruierbar ist.
Prof. Dr. Daniel Zerbin
Foto: NBS
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler
fachunabhängig
regional
Buntes aus der Wissenschaft, Personalia
Deutsch
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