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21.11.2017 15:54

Humanitäre Hilfe: Bedingungslose Geldtransfers können Gesundheit der Betroffenen fördern

Nils Ehrenberg Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie - BIPS

    Im Mai 2016 forderte Ban Ki-moon nichts weniger als einen Paradigmenwechsel. In der globalen Nothilfe, so der damalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, sollten Staaten und Institutionen verstärkt auf direkte Bargeldtransfers und nicht – wie bislang – auf eingeflogene oder importierte Sachleistungen setzen. Ein internationales Forscherteam aus Neuseeland, den USA, Indien und Deutschland konnte nun zeigen, dass sich bedingungslose Bargeldtransfers positiv auf die Gesundheit der betroffenen Kinder und Erwachsenen auswirken.

    Im Mai 2016 forderte Ban Ki-moon nichts weniger als einen Paradigmenwechsel. In der globalen Nothilfe, so der damalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, sollten Staaten und Institutionen verstärkt auf direkte Bargeldtransfers und nicht – wie bislang – auf eingeflogene oder importierte Sachleistungen setzen. Die Forschung wusste Ban bei seiner Forderung auf dem UN-Nothilfegipfel in Istanbul auf seiner Seite. Denn tatsächlich belegen zahlreiche Studien, dass die massive Einfuhr kostenloser Güter wie etwa Nahrungsmittel die Produktion und die regionalen Märkte im Zielland schwächt. Direkt an Betroffene ausgezahlte Gelder dagegen können die lokale Wirtschaft stärken. Im Rahmen dieser sogenannten „Cash Transfer Programs“ – kurz CTPs – wird Bargeld indirekt in Form von Gutscheinen oder direkt an die Betroffenen ausgezahlt. Letztere Direktzahlung kann wiederum an Bedingungen – zum Beispiel bestimmte Arbeitsleistungen – geknüpft oder komplett bedingungslos sein.

    Die Vorteile liegen auf der Hand. Denn anders als bei Sachleistungen können betroffene Familien die Werte flexibel einsetzen – etwa zum Erwerb von Nahrungsmitteln, Kleidern, Hygieneartikeln und Baumaterialien oder um Schul- und Transportkosten der Kinder zu bezahlen. Und auch für die „Geber“ sind Vorteile offensichtlich. So können Bargeldleistungen schnell und flexibel bereitgestellt werden. Sachleistungen dagegen müssen mit hohem logistischem Aufwand zum Zielort transportiert und dort mit großem Personaleinsatz verteilt werden.

    Ein internationales Forscherteam aus Neuseeland, den USA, Indien und Deutschland konnte nun zeigen, dass sich bedingungslose Bargeldtransfers auch positiv auf die Gesundheit der betroffenen Kinder und Erwachsenen auswirken. An der Studie beteiligt war auch Prof. Dr. Stefan Lhachimi, Leiter der Forschungsgruppe Evidence-Based Public Health (BIPS und Universität Bremen). „Weltweit gab und gibt es zahlreiche Hilfsprogramme, in denen bedingungslose Geldtransfers eingesetzt wurden. Bislang fehlte jedoch eine systematische Analyse dieser Programme im Hinblick auf folgenden Frage: Wie wirkt sich der Geldtransfer auf die Gesundheit der Betroffenen aus?“

    Insgesamt 21 für ihre Analyse geeignete Studien zu Hilfsprogrammen in Entwicklungs- und Schwellenländern konnten die Wissenschaftler identifizieren und auswerten. Darunter beispielsweise das „Hunger Safety Net Pilot Programme“, mit dem die Regierung Kenias der unter den Folgen heftiger Dürren leidenden Bevölkerung half.

    „Insgesamt zeigten sich viele positive Effekte von bedingungslosen Bargeldtransfers“, sagt Stefan Lhachimi. „Die Zuwendungsempfänger zeigten nach der Intervention ein deutlich geringeres Risiko, eine Krankheit zu entwickeln, waren also gesünder. Darüber hinaus verbesserten die Geldtransfers die Nahrungsmittelversorgung, so dass die Betroffenen nach der Hilfe besser ernährt waren. Und nicht zuletzt besuchten Kinder aus betroffenen Familien nach dem Hilfsprogramm deutlich häufiger die Schule.“ Neben positiven Impulsen für die lokale Wirtschaft können bedingungslose Geldtransferprogramme also auch gesundheitliche Verbesserungen bei der versorgten Bevölkerung bewirken.

    Die Studie:

    “Unconditional cash transfers for reducing poverty and vulnerabilities: effect on use of health services and health outcomes in low- and middle-income countries (Review)”; Pega F, Liu SY, Walter S, Pabayo R, Saith R, Lhachimi SK

    ist erschienen in:

    Cochrane Library: Cochrane Database of Systematic Reviews.

    Die vollständige Studie sowie einen englischsprachigen Podcast finden Sie hier:

    http://www.cochrane.org/podcasts/10.1002/14651858.CD011135.pub2

    Weitere Informationen zur Arbeitsgruppe von Stefan Lhachimi finden Sie hier:

    http://www.ebph.uni-bremen.de

    Kontakt:

    Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie - BIPS
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Nils Ehrenberg
    Tel: +49 (0)421 218-56780
    Fax: +49 (0)421 218-56761
    ehrenberg( at )leibniz-bips.de

    Das BIPS – Gesundheitsforschung im Dienste des Menschen

    Die Bevölkerung steht im Zentrum unserer Forschung. Als epidemiologisches Forschungsinstitut sehen wir unsere Aufgabe darin, Ursachen für Gesundheitsstörungen zu erkennen und neue Konzepte zur Vorbeugung von Krankheiten zu entwickeln. Unsere Forschung liefert Grundlagen für gesellschaftliche Entscheidungen. Sie klärt die Bevölkerung über Gesundheitsrisiken auf und trägt zu einer gesunden Lebensumwelt bei.

    Das BIPS ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der 91 selbstständige Forschungseinrichtungen gehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.700 Personen, darunter 9.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,8 Milliarden Euro.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Politik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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