idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
09.01.2018 16:51

Bewirtschaftung von Bergwiesen beeinflusst Belastbarkeit gegenüber Klimaextremen

Susanne Héjja Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Biogeochemie

    Die artenreichen Bergwiesen der Alpen sind einem kontinuierlichen Nutzungswandel und häufiger werdenden Klimaextremen ausgesetzt. Anhaltende Dürreperioden werden als größte Gefahr für die Wiesenökosysteme angesehen. Um herauszufinden, wie eine veränderte Bewirtschaftung die Dürre-Reaktion von Bergwiesen beeinflusst, hat ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena zusammen mit internationalen Kooperationspartnern Feldexperimente im Tiroler Stubaital durchgeführt.

    Die Ergebnisse der kürzlich im Journal of Ecology veröffentlichten Studie zeigen, dass Landnutzung über verschiedene Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Bodenmikroorganismen die Widerstands- und Erholungsfähigkeit von Bergwiesen steuert.

    Bergwiesen stellen viele wichtige Ökosystemleistungen bereit, und das über die Grenzen der Bergregion hinaus. Dazu gehören Futtermittelproduktion, Biodiversität, Erosionsschutz und Trinkwasserversorgung. Zusätzlich besitzen diese Ökosysteme einen hohen kulturellen Wert und dienen der Erholung. Aufgrund gesellschaftlichen Wandels, kommt es seit dem letzten Jahrhundert immer wieder zu Veränderungen in der Bewirtschaftung der Bergwiesen. Besonders gut ist dies in der Alpenregion untersucht, wo örtlich bis zu 70 Prozent der traditionellen Bewirtschaftung aus Beweidung und Mahd aufgegeben wurde. Solche Umbrüche in der Landnutzung haben starke Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Pflanzengemeinschaft sowie auf den Boden und die darin enthaltenen Mikroorganismen.

    Zusammenspiel von Pflanzen und Bodenmikroorganismen ist wichtig

    Indem Pflanzen einen Teil ihres durch Photosynthese gewonnenen Kohlenstoffs an Bakterien und Pilze weitergeben, erhöhen sie deren Aktivität. Dies führt wiederrum zu einer größeren Freisetzung von Pflanzennährstoffen im Boden und zusätzlich ermöglichen Mykorrhiza-Pilze den Zugang zu weiteren Ressourcen außerhalb der Wurzelsphäre. Längere Dürre-Perioden, wie sie für die Alpen vorausgesagt werden, reduzieren jedoch die Kohlenstoffaufnahme und die Zufuhr in den Boden stark. Oberirdisch wird ein Welken von Blättern und Stängeln sichtbar, unterirdisch entstehen Einbußen in der Nährstoffaufnahme durch die Wurzeln. Eine gute Versorgung mit Nährstoffen ist allerdings wichtig, um eine schnelle Erholung der Pflanzen nach dem Ende der Trockenheit zu gewährleisten.

    Moderate Bewirtschaftung führt zu schnellerer Erholung

    An insgesamt 24 Versuchseinheiten in über 1800 Metern Höhe hat das interdisziplinäre Wissen-schaftlerteam aus Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich die Kohlenstoffdioxid-Aufnahme und -Verteilung mit Hilfe einer Isotopen-Markierung untersucht. Damit konnten die Forscher während und nach der Dürre den Weg des Kohlenstoffs über pflanzliche Zucker in Blättern und Wurzeln bis hin zur Wurzelatmung und Aufnahme in verschiedene Bakterien und Pilze verfolgen. Zusätzlich bestimmten sie nach der Dürre die Stärke der pflanzlichen Stickstoffaufnahme aus dem Boden.

    So konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die sparsamere Pflanzengemeinschaft einer brachlie-genden Wiese zwar weniger stark auf den Dürrestress reagiert, sich im Gegenzug aber langsamer erholt als die produktivere Pflanzengemeinschaft einer moderat bewirtschafteten Heuwiese. Die höhere Widerstandsfähigkeit der Brache ging einher mit einer größeren Ausbreitung von Mykorrhiza-Pilzen, die mit ihrem Netzwerk aus Hyphen den pflanzlichen Zugang zu Wasser- und Nährstoff-vorkommen im Boden verbessern. Die Pflanzen der Heuwiese hatten eine andere Strategie während der Dürre. Sie hielten möglichst viele Ressourcen in Form von Zuckern in den Wurzeln zurück, verloren aber gleichzeitig jede Menge Blattmasse. Nach der Dürre wurden diese Ressourcen wieder frei und die Pflanzen erholten sich schnell. Begleitet war der Prozess von einer erhöhten Kohlenstoffweitergabe an frei lebende Bakterien und Pilze im Boden. Diese sind in der Lage, Nährstoffe aus der organischen Bodensubstanz freizusetzen. Anhand einer erhöhten Stickstoffaufnahme während der Erholungsphase, konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Pflanzen der Heuwiese neu freigesetzte Nährstoffe im Boden effektiv aufnehmen und für den Wiederbewuchs verwenden können.

    Widerstands- und Erholungsfähigkeit von Wiesenökosystemen verhalten sich umgekehrt zueinander.

    “Einer hohen Widerstandsfähigkeit folgt eine langsame Erholung, eine geringere Widerstandfähigkeit geht einher mit rascher Erholung.“ erklärt Stefan Karlowsky, Erstautor der Studie und Doktorand am Max-Planck-Institut für Biogeochemie. Demzufolge lassen sich die Auswirkungen extremer Dür-reperioden auf Bergwiesen durch eine angepasste Bewirtschaftung gezielt regulieren und potenziell vermindern. “Dazu müssen wir noch herausfinden, wie sich unterschiedliche Zeitdauer und Stärke sowie sich wiederholende Dürreperioden auf die Wiesenökosysteme auswirken“, plant Stefan Karlowsky weiter „Wir gehen davon aus, dass sich bei stärkeren oder häufigeren Trockenphasen die gute Erholungsfähigkeit der bewirtschafteten Bergwiesen auszahlt.“ fügt apl. Prof. Gerd Gleixner hinzu. Durch die regelmäßige Mahd sind die Pflanzen daran gewöhnt, mehr Ressourcen in den Wurzeln zu speichern, um diese für einen schnellen Wiederbewuchs zu verwenden.

    Die Forschungsarbeiten wurden im Rahmen des EU-Projekts REGARDS durchgeführt (http://www.project-regards.org/).

    Originalveröffentlichung:
    Karlowsky S., Augusti A., Ingrisch J., Hasibeder R., Lange M., Lavorel S., Bahn M. and Gleixner G., Land use in mountain grasslands alters drought response and recovery of carbon allocation and plant-microbial interactions. J. of Ecology, 2017; 00:1–14. https://doi.org/10.1111/1365-2745.12910

    Kontakt:
    Stefan Karlowsky
    Tel: +49 (0)3641 57 6147, E-Mail: skarlo@bgc-jena.mpg.de

    apl. Prof. Dr. Gerd Gleixner
    Tel: +49 (0)3641 57 6172, E-Mail: gerd.gleixner@bgc-jena.mpg.de


    Weitere Informationen:

    https://doi.org/10.1111/1365-2745.12910 Link zur Veröffentlichung
    http://www.project-regards.org/index.html Link zum REGARDS Prokjekt
    https://www.bgc-jena.mpg.de/www/index.php/Main/HomePage Webseite MPI für Biogeochemie


    Bilder

    Versuchsfläche in den Alpen
    Versuchsfläche in den Alpen
    © Stefan Karlowsky
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Versuchsfläche in den Alpen


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).