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09.04.2018 14:00

Verschwenderische Blaualgen: Überraschendes Angebot an Aminosäuren für Zooplankton

Dr. Barbara Hentzsch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde

    In der internationalen Fachzeitschrift Limnology and Oceanography berichtet die Rostocker Meeresbiologin Natalie Loick-Wilde von einer Studie in der zentralen Ostsee, mit der ihr und ihren KollegInnen vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde und dem US-amerikanischen Georgia Institute of Technology der Nachweis gelang, dass Blaualgen in einem späten Stadium ihrer Blüte einen Überschuss an Aminosäuren produzieren. In einer typischerweise nährstoffarmen Jahreszeit führt dies zu einem überraschenden Nahrungsangebot für marine Kleinstlebewesen und somit für das gesamte Nahrungsnetz.

    Unsere Meere sind nicht überall fruchtbar und voll des bunten, vielfältigen Lebens. Weite Bereiche der Weltozeane sind natürlicherweise arm an Nährstoffen. Dass trotzdem marines Leben entsteht und aufrechterhalten wird, ist zu einem großen Teil das Werk von Cyanobakterien (umgangssprachlich: Blaualgen). Dank ihrer einzigartigen Fähigkeit, sich den Luftstickstoff nutzbar zu machen – ein Prozess, der in der Wissenschaft als Stickstoff-Fixierung bezeichnet wird, reichen ihnen auch die geringen Phosphormengen, die ein nährstoffarmer Ozean zu bieten hat, um sich massenhaft zu vermehren. Für eine direkte Nutzung im Nahrungsnetz sind diese relativ großen und oftmals auch noch toxischen Organismen allerdings ungeeignet. Es sind vielmehr die von den Blaualgen produzierten Aminosäuren, die das Nahrungsnetz versorgen, sodass auch Zooplankton und Fische ernährt werden können. Weitestgehend unklar war bislang jedoch, wie hoch die Aminosäuresynthese während der Stickstofffixierung ist und welchen Einfluss die Reife der Blüte dabei hat.

    Natalie Loick-Wilde und ihre KollegInnen nutzten eine Forschungsfahrt in die zentrale Ostsee im Sommer 2015, um sich das Angebot an Aminosäuren am Höhepunkt und bei beginnendem sowie fortgeschrittenem Zerfall einer Blaualgen-Blüte genauer anzusehen. Die Ostsee ist generell kein nährstoffarmes Meer, aber im Hochsommer sind ihre Stickstoff- und Phosphor-Reserven weitgehend aufgebraucht. Dann ist auch in der unter Überdüngung leidenden Ostsee „Blaualgen-Zeit“. An vier Stationen in der westlichen und zentralen Ostsee beprobte das Team Blaualgen-Blüten unterschiedlicher Reife, inkubierte die Proben noch während der Fahrt an Deck des Forschungsschiffes und bestimmte später den Gesamtgehalt an Stickstoff sowie den Aminosäure-spezifischen Stickstoffanteil. Mithilfe stabiler Stickstoffisotope in den Aminosäuren entwickelten sie einen Ansatz, um erstmalig die Synthese von 13 Aminosäuren während der Stickstofffixierung zu untersuchen.

    „Wir gehören weltweit zu den wenigen Laboren, die die so genannte „molekül-spezifische Isotopenanalytik“ an Amino-Stickstoffen (compound specific isotope analysis an Aminosäuren, kurz: CSIA-AA) anwenden können“, berichtet Natalie Loick-Wilde. „Erst dadurch wurde dieser Ansatz, der uns erkennen lässt, wieviel essentielle Nährstoffe für ein Nahrungsnetz gebildet werden, möglich.“ Es zeigte sich, dass zu einem Zeitpunkt, zu dem die Blaualgen selber ihre Aktivität bereits weitgehend einstellen, in der Blüte noch solche Mengen an Aminosäuren freigesetzt werden, dass dies zwangsläufig Konsequenzen für das Nahrungsnetz haben muss. Im Hinblick auf die prognostizierte weltweite Zunahme von Blaualgenblüten ist dieses Überangebot an Nährstoffen vor dem Winter für den Jahreszyklus des Zooplanktons - aber auch von Fischbeständen - eine relevante Größe, deren Entwicklung und Auswirkungen verfolgt werden sollten.

    Nachzulesen unter:
    Loick-Wilde, N., S.C. Weber, E. Eglite, I. Liskow, D. Schulz-Bull, N. Wasmund, D. Wo-darg, and J. P. Montoya. 2017. De novo amino acid synthesis and turnover during N2 fixation. Limnology & Oceanography, doi: 10.1002/lno.10755

    Wissenschaftliche Ansprechpartner:
    Dr. Natalie Loick-Wilde | +49 381 5197 206 | natalie.loick-wilde@io-warnemuende.de

    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:
    Dr. Barbara Hentzsch | +49 381 5197-102 | barbara.hentzsch@io-warnemuende.de
    Dr. Kristin Beck | +49 381 5197-135 | kristin.beck@io-warnemuende.de

    Das IOW ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der zurzeit 91 Forschungsinstitute und wissenschaftliche Infrastruktureinrichtungen für die Forschung gehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Bund und Länder fördern die Institute gemeinsam. Insgesamt beschäftigen die Leibniz-Institute etwa 18.100 MitarbeiterInnen, davon sind ca. 9.200 WissenschaftlerInnen. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,6 Mrd. Euro. (www.leibniz-gemeinschaft.de)


    Bilder

    Forschungsschiff Meteor fährt durch eine zerfallende Blaualgenblüte
    Forschungsschiff Meteor fährt durch eine zerfallende Blaualgenblüte
    Andreas Raeke, DWD
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Forschungsschiff Meteor fährt durch eine zerfallende Blaualgenblüte


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