idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
24.05.2018 17:00

Das perfekte Gleichgewicht des Blutes

Stephan Brodicky Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Hämatopoetische Stammzellen (HSCs) bilden Blut- und Immunzellen des Körpers und sind daher für unser Überleben ausschlaggebend. HSCs befinden sich in einem Ruhezustand, aber sobald Blut gebildet werden muss – wie nach Blutverlust oder Chemotherapie – werden sie schnell aktiviert, um diesen Verlust auszugleichen. Nach Abschluss ihrer Mission müssen sie in ihren Ruhezustand zurückkehren. Ein Team von WissenschafterInnen rund um Manuela Baccarini von den Max F. Perutz Laboratories, einem Joint Venture der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien, hat nun gezeigt, wie intrazelluläre Signalübertragungen dieses heikle Gleichgewicht zwischen Aktivierung und Ruhe bewahren können.

    Blut ist das Elixier des Lebens: Während es durch den Körper zirkuliert, gibt es lebensnotwendige Substanzen wie Sauerstoff und Nährstoffe an Zellen und Gewebe ab. Die einzigen Zellen, die Blut erzeugen können, sind hämatopoetische Stammzellen, auch HSCs genannt. HSCs sind nicht nur für die Produktion roter Blutkörperchen zuständig, sondern auch für Zellen des Immunsystems. Aus diesem Grund spielen HSCs eine tragende Rolle für das Überleben des Organismus.

    Im Falle einer Chemotherapie oder einer Stammzelltransplantation sind es HSCs, die das dezimierte System wieder aufstocken können. Sie sind nämlich in der Lage, sich selbst aktiv zu erneuern und sich in verschiedene Arten von Blutzellen zu differenzieren. Nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt haben, müssen HSCs sehr schnell in ihren ursprünglichen, inaktiven Zustand zurückkehren – sonst droht eine Erschöpfung der eigenen Reserven.

    Der "Switch" zwischen aktivem und inaktivem Zustand erfordert ein präzise reguliertes Gleichgewicht. Ein noch so kleines Kippen in Richtung Aktivierung oder Ruhephase kann katastrophale Folgen für den Organismus haben, im schlimmsten Fall sogar zum Tode führen.

    Manuela Baccarinis Gruppe an den Max F. Perutz Laboratories (MFPL) hat jetzt entdeckt, wie dieses empfindliche Gleichgewicht in HSCs aufrechterhalten wird. Erstautor Christian Baumgartner erläutert: "Wir wussten bereits, dass ein Gleichgewicht zwischen Aktivierung und Rückkehr in den Ruhezustand besteht. Aber wie das Gleichgewicht gehalten wird und welche Akteure daran beteiligt sind, war bislang unbekannt". Die WissenschaftlerInnen waren nun erstmals in der Lage, die für das Gleichgewicht verantwortlichen intrazelluläre Netzwerke im Detail zu beschreiben.

    "Zwei zentrale intrazelluläre Signaltransduktionswege, die fast immer zeitgleich aktiviert werden, werden von einer Rückkopplungsschleife koordiniert, welche die HSCs in einem perfekten Gleichgewicht hält. Das Schöne daran ist, dass das System unabhängig vom auslösenden Stimulus durch die gleiche Rückkopplungsschleife wieder runterreguliert wird", erklärt Manuela Baccarini. Um dies zu beweisen, entfernten die MolekularbiologInnen absichtlich einen der Akteure aus der Rückkopplungsschleife und stellten fest, dass das gesamte Gleichgewicht verschoben war. Dies hatte eine uneingeschränkte HSC-Aktivierung zur Folge, was zur Erschöpfung des HSC-Kompartiment und dadurch zu einem Totalversagen der Produktion der Blutzellen führte.

    Inhibitoren dieser Signaltransduktionswege werden derzeit häufig in der Krebstherapie eingesetzt. Die neuen Erkenntnisse könnten dazu führen, dass diese Therapien in der Zukunft auch eingesetzt werden, um "faule" HSCs zu mobilisieren, wie es zum Beispiel bei alternden Organismen der Fall ist.

    Publikation in "Cell Stem Cell":
    Christian Baumgartner, Stefanie Toifl, Matthias Farlik, Florian Halbritter, Ruth
    Scheicher, Irmgard Fischer, Veronika Sexl, Christoph Bock, and Manuela Baccarini: "AN ERK-DEPENDENT FEEDBACK MECHANISM PREVENTS HEMATOPOIETIC STEM CELL EXHAUSTION. Published online in Cell Stem Cell
    DOI: 10.1016/j.stem.2018.05.003
    https://www.cell.com/cell-stem-cell/fulltext/S1934-5909(18)30221-2

    Wissenschaftlicher Kontakt
    Univ.-Prof. Dr. Manuela Baccarini
    Max F. Perutz Laboratories
    Universität Wien
    Vienna BioCenter
    1030 Wien, Dr.-Bohr-Gasse 9
    T +43-1-4277-546 07
    manuela.baccarini@univie.ac.at

    Rückfragehinweise
    Mag. Alexandra Frey
    Pressebüro der Universität Wien
    Forschung und Lehre
    1010 Wien, Universitätsring 1
    T +43-1-4277-175 33
    M +43-664-602 77-175 33
    alexandra.frey@univie.ac.at

    Caterina Purini, MSc
    Max F. Perutz Laboratories
    Communications
    Vienna BioCenter
    1030 Wien, Dr.-Bohr-Gasse 9
    T +43-1-4277-240 14
    M +43-664-602 77-24014
    caterina.purini@mfpl.ac.at

    Offen für Neues. Seit 1365.
    Die Universität Wien ist eine der ältesten und größten Universitäten Europas: An 19 Fakultäten und Zentren arbeiten rund 9.500 MitarbeiterInnen, davon 6.600 WissenschafterInnen. Die Universität Wien ist damit die größte Forschungsinstitution Österreichs sowie die größte Bildungsstätte: An der Universität Wien sind derzeit rund 94.000 nationale und internationale Studierende inskribiert. Mit 174 Studien verfügt sie über das vielfältigste Studienangebot des Landes. Die Universität Wien ist auch eine bedeutende Einrichtung für Weiterbildung in Österreich. http://www.univie.ac.at

    Über die MFPL
    Die Max F. Perutz Laboratories (MFPL) sind ein gemeinsames Forschungs- und Ausbildungszentrum der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien am Vienna Biocenter, einem der größten Life Sciences Cluster in Österreich. An den MFPL sind rund 500 MitarbeiterInnen aus 40 Nationen in durchschnittlich 60 Forschungsgruppen mit Grundlagenforschung und Lehre im Bereich der Molekularbiologie beschäftigt.


    Bilder

    Das Bild repräsentiert die ruhenden (links) und aktivierten (rechts) hämatopoetischen Stammzellen.
    Das Bild repräsentiert die ruhenden (links) und aktivierten (rechts) hämatopoetischen Stammzellen.
    Copyright: Manuela Baccarini
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Das Bild repräsentiert die ruhenden (links) und aktivierten (rechts) hämatopoetischen Stammzellen.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).