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15.10.1998 00:00

Universität Heidelberg Vorreiterin bei der Hochschulreform

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Projekt "Dezentrale Ressourcenverantwortung" setzt hohe Ziele - Rektor
    Prof. Dr. Jürgen Siebke: "Ich erwarte, daß ökonomischer als bislang mit
    den knappen Mitteln umgegangen wird" - "Indem wir die Verantwortung auf
    die untere Ebene der Institute verlagern, erhalten sie zusätzlichen
    Bewegungsfreiraum."

    Dezentrale Ressourcenverantwortung an der Universität Heidelberg

    Zwei gegenläufige Entwicklungen bestimmen derzeit die Lage der Universitäten. Einerseits hält ihre Überlast an, und die Anforderungen, die von außen an sie gestellt werden, wachsen; die Universitäten sollen die Lehre verbessern, die Studienzeiten verkürzen, die Grundlagenforschung intensivieren und den Technologietransfer beschleunigen. Andererseits stagnieren die ihnen zugewiesenen Mittel, wenn sie nicht gar sinken.

    Mehr denn je kommt es deshalb darauf an, die knappen Ressourcen so wirtschaftlich wie irgend möglich für die eigentlichen Ziele einer Universität, nämlich für Forschung und Lehre, einzusetzen. Vor diesem Hintergrund ist das Projekt "Dezentrale Ressourcenverantwortung" der Universität Heidelberg entstanden, das die Volkswagenstiftung mit fünf Millionen Mark unterstützt. Das Vorhaben befindet sich noch in der Startphase, hat aber bereits lebhafte Diskussionen innerhalb der Universität ausgelöst. Obwohl allen Beteiligten klar ist, daß das Projekt die inneruniversitären Strukturen tiefgreifend verändern wird, ist die Resonanz insgesamt positiv.

    Projektansatz: Institute stärken

    In der gegenwärtigen Reformdiskussion stehen die erste Ebene, die Zentralorgane, und die zweite Ebene, die der Fakultäten, im Mittelpunkt. Das wichtigste Stichwort lautet: Stärkung des Rektorats und der Dekane. Weniger Aufmerksamkeit wurde bisher der dritten Ebene, den wissenschaftlichen Einrichtungen (Instituten, Seminaren) und den Betriebseinheiten, kurz: der Institutsebene, geschenkt. Dies ist umso erstaunlicher, als hier die wichtigsten Leistungen der Universität erbracht und folglich auch die meisten Ressourcen verbraucht werden.

    Mit dem Projekt "Dezentrale Ressourcenverantwortung" hat sich die Universität Heidelberg zum Ziel gesetzt, gerade diese dritte Ebene entscheidend zu stärken. Selbstverständlich benötigt die Universität auch funktionsfähige Fakultäten und starke Dekane. Deren Aufgabe liegt aber primär darin, die Leistungsfähigkeit der Universität in akademischen Angelegenheiten zu steigern, und nicht darin, für einen wirtschaftlicheren Einsatz der Mittel zu sorgen.

    Der Grundgedanke der dezentralen Ressourcenverantwortung ist einfach. Den Instituten werden "globale" Haushalte zugewiesen, über die sie eigenverantwortlich verfügen können. Institute sind überschaubare Einheiten mit erheblichen ideellen und damit auch materiellen Eigeninteressen. Entläßt man sie aus zentraler Steuerung und kameralistischen Zwängen, so werden sie sich nicht mehr, wie bisher, an die ihnen vorgegebenen Haushaltsdaten passiv anpassen, sondern aktiv ihren Bereichserfolg maximieren. Die eigennützige Verfolgung der Bereichsinteressen ist auch dem Wohl des Ganzen förderlich. So sind folgende wesentliche Vorteile zu erwarten:
    - Die Bereitschaft zur Leistung und zum verantwortungsvollen Umgang mit knappen Ressourcen wächst. Die Institute führen nicht mehr die Entscheidungen der Zentrale aus, sondern entscheiden selbst und rechnen sich die positiven und negativen Folgen ihrer Entscheidungen zu.
    - Die Qualität der Entscheidungen verbessert sich, weil die Entscheidungen nun dort getroffen werden, wo sich die entscheidungsrelevanten Informationen befinden.
    - Die Flexibilität insgesamt erhöht sich, weil kleine, dezentrale Einheiten mit eigener Entscheidungskompetenz rascher auf Veränderungen ihrer Umwelt reagieren als Institute, die auf einen Entscheidungsweg über die Zentrale angewiesen sind.



    Universitätsinterne Märkte öffnen

    Um die Autonomie der Institute zu erweitern, sieht das Projekt zwei zentrale Maßnahmen vor: eine Budgetflexibilisierung sowie die Schaffung universitätsinterner Märkte.

    Mit der Budgetflexibilisierung überläßt die Universitätsleitung den Instituten nicht nur die Entscheidung, wofür sie ihren Haushalt verwenden, welche Mittel sie beispielsweise für Sachausgaben, welche für die Einstellung von wissenschaftlichen Hilfskräften ausgeben.
    Die Institute sollen zudem ihre Budgets auch zeitlich flexibel handhaben können, was die Abschaffung des kameralistischen Jährlichkeitsprinzips voraussetzt. Dies bedeutet zum einen, daß ein Institut die Mittel, die es in einem Jahr zugewiesen bekommt, auf das nächste Haushaltsjahr übertragen kann, zum Beispiel um eine größere Investition durchzuführen. Dies kann aber auch bedeuten, daß das Institut einen "Kredit" aufnimmt, den es aus zukünftigen Zuweisungen tilgt.

    Um den Instituten einen solchen zeitlich flexiblen Mitteleinsatz zu ermöglichen, bedarf es der Einrichtung eines universitätsinternen Kapitalmarktes: Die Kreditaufnahme eines Institutes setzt voraus, daß ein anderes Institut spart. Auf die zentrale Universitätsverwaltung kommt damit quasi die Funktion einer Bank zu, die Kapitalangebot und -nachfrage der Institute zusammenführt.

    Die zweite Maßnahme, um die Haushaltsautonomie der Institute zu erweitern, besteht darin, universitätsinterne Märkte zu eröffnen, auf denen die Institute die ihnen zugewiesenen Ressourcen tauschen können. Die Institute erhalten das Recht, Stellen oder Personal bei der Zentralen Universitätsverwaltung in Geld umzuwandeln, solange wichtige Funktionen, etwa in der Lehre, nicht vernachlässigt werden. Darüberhinaus dürfen die Institute zeitweilig nicht genutzte Räume an andere inneruniversitäre Einrichtungen vermieten. Die Zentrale Universiätsverwaltung fungiert hier als Notar. Sie registriert die Bewegungen auf dem Markt und kann jederzeit über die aktuelle Ressourcenverteilung Auskunft geben.

    Die inneruniversitären Märkte können nur funktionieren, wenn es den Instituten erlaubt ist, untereinander langfristige Vereinbarungen zu treffen. So wird der Tausch einer Stelle gegen Geld nur dann erfolgen, wenn das Institut sicher sein kann, daß ihm das Geld als Gegenwert für die Stelle auf Dauer verbleibt und der Tausch nicht zum Anlaß genommen wird, bei nächster Gelegenheit Stelle oder Geld wegzunehmen. Ein funktionierender Markt setzt daher ein dauerhaftes Verfügungsrecht der Institute an ihren Ressourcen voraus. Dies darf jedoch keinesfalls zur Zementierung einer bestehenden Ressourcenverteilung führen. Das Spannungsfeld zwischen der Ausgestaltung der Verfügungsrechte auf der einen Seite und der Formulierung allgemein anerkannter Spielregeln zur langfristigen Ressourcenumverteilung auf der anderen Seite stellt damit auch das Kernstück des Projektes dar.

    Controlling und Kennziffern

    Wird die Ressourcenverantwortung auf die Institutsebene verlagert, benötigt die Universitätsleitung im Gegenzug ein effizientes Controlling, um die Gesamtsteuerung weiterhin in der Hand zu behalten. Gleichzeitig benötigen auch die Institute eine aussagefähige Kosten- und Leistungsrechnung, um mit ihrem Haushalt professionell umgehen zu können. Nur dann können sie unter marktähnlichen Bedingungen effiziente Ressourcenentscheidungen treffen. Im Zuge des Projektes soll daher das alte, auf der Kameralistik basierendes
    EDV-Haushaltssystem durch eine moderne betriebswirtschaftliche Finanzsoftware abgelöst werden, die es den Instituten ermöglicht, nach kaufmännischen Grundsätzen zu wirtschaften.

    Eine über die kameralistische Rechnungslegung hinausgehende Kostenerfassung ist in Heidelberg zwar bereits vorhanden, muß aber noch zu einer Kostenträgerrechnung weiterentwickelt werden. Erst dann wird ein Institut eine wirtschaftlich rationale Entscheidung treffen können, beispielsweise wenn es darum geht, ein Großgerät anzuschaffen oder den tatsächlich geleisteten Aufwand für ein Forschungsprojekt zu ermitteln.

    Eine aussagefähige Kostenrechnung allein reicht noch nicht aus, um die Mittel für Lehre und Forschung effektiv einzusetzen. Um die Universität als Ganzes steuern zu können, muß die Universitätsleitung wissen, welche Leistungen die einzelnen Institute mit den ihnen zugewiesenen Mitteln erbracht haben. Notwendig ist ein internes Informations- und Berichtssystem, das neben Kosten- auch Leistungskennziffern umfaßt. Nur damit läßt sich ein "strategisches Controlling" aufbauen, das der Universitätsleitung die Grundlage für langfristige Entscheidungen bietet oder auch den Vergleich der Universität Heidelberg mit anderen deutschen und ausländischen Hochschulen ermöglicht.

    Ohne Zweifel ist es der schwierigste und zugleich ehrgeizigste Teil des Projektes, aussagefähige Kennziffern für Forschungs- und Lehrleistung zu definieren. Hier betritt die Universität weitgehend Neuland, auch wenn es bereits einige wenige Ansätze gibt, auf denen das Projekt aufbauen kann. Die Zahl der erfolgreich abgelegten Examen pro Semester, die durchschnittliche Studiendauer pro Absolvent oder das zahlenmäßige Verhältnis von Studierenden zu Lehrenden werden bereits heute als Kennziffern für Lehrerfolg und Lehrleistung gewertet. Eingeworbene Drittmittel sind eine Möglichkeit, zumindest in bestimmten Fächern Forschungsleistungen zu bewerten.

    Stand der Umsetzung

    Insgesamt ist für das Projekt eine Laufzeit von fünf Jahren veranschlagt. Bis zum Jahre 2002 werden sich die Aktivitäten im wesentlichen auf die Zentralverwaltung und ausgewählte Pilotinstitute konzentrieren. Erst danach ist die flächendeckende Einführung der dezentralen Ressourcenverantwortung vorgesehen. Das Projektmanagement übertrug die Universität einer externen Beratungsgesellschaft, der Mummert + Partner Unternehmensberatung AG in Hamburg.

    Bereits am 20. März 1996 hatte der Verwaltungsrat der Universität dem Antragsentwurf zugestimmt, der wenige Monate später von der VW-Stiftung positiv beschieden wurde. Der Senat der Universität billigte das Vorhaben einstimmig; auch Öffentlichkeit und Politik, insbesondere die Landesregierung, begrüßten das Vorhaben und zollten der Initiative der Universität Lob.

    Dennoch stockte im Jahr 1997 das Projekt. Das Land Baden-Württemberg war zwar bereit, die erforderliche Verwaltungs-EDV zu finanzieren, doch die notwendige Zusage, den Haushalt umfassend zu globalisieren und insbesondere Haushaltsreste von einem Kalenderjahr auf das folgende zu übertragen, blieb aus. Die Universitätsleitung entschied daraufhin in Abstimmung mit der Volkswagenstiftung, das Projekt erst zu starten, sobald die Landesregierung den erforderlichen Globalhaushalt verbindlich zusagen würde.

    Erst nach langwierigen Verhandlungen mit dem Finanzministerium erzielte das Rektorat einen Durchbruch: Die Haushaltstitel werden von über 150 auf nunmehr zehn Ausgabe- und sieben Einnahmetitel reduziert und sind gegenseitig deckungsfähig. Damit kann die Universität ohne kamerale Vorgaben die Mittelvergabe selbständig bestimmen und die Buchhaltung kaufmännisch führen. Nun erst, Anfang 1998, war der Weg frei für den eigentlichen Start des Projektes.

    Die Piloteinrichtungen, bei denen die Umsetzung des Projektes beginnen sollte, standen schon seit März 1997 fest: Südasien-Institut, Psychologisches Institut, Zentralbereich Theoretikum, Physikalisch-Chemisches Institut, Mineralogisches Institut, Botanisches Institut, Physikalisches Institut mit Werkstatt, Universitätsrechenzentrum und Universitätsbibliothek. In einer ersten Veranstaltung wurden alle Teilnehmer der Pilotphase umfassend über das Projekt informiert; es folgten verschiedene Einzelveranstaltungen in den Pilotinstituten.

    Mit Blick auf den geplanten inneruniversitären Dienstleistungsmarkt wurde ein Werkstattverbund gebildet. Seine Aufgabe ist es, das Leistungsangebot zu vernetzen und aufeinander abzustimmen. Um die interne und externe Nachfrage zu verbessern und die Konkurrenzfähigkeit des Verbundes zu stärken, soll ein einheitliches Abrechnungssystem und die Koordinierung von Rationalisierungs- und Investitionsmaßnahmen entwickelt werden. Eine wichtige Grundsatzentscheidung fiel im Juli 1998. Bei der Frage nach der neuen Finanzsoftware entschied sich die Universität - nach einem umfassenden Auswahlverfahren - für das R/3-System von SAP.

    Die ursprüngliche Idee, das neue EDV-System mit der ohnehin zum Jahre 2000 erforderlichen EDV-Umstellung zu kombinieren, hat sich wegen des verzögerten Projektbeginns zerschlagen. Das bisherige Haushalts- und Kassensystem ist für den Jahrtausendwechsel nicht geeignet und muß daher rechtzeitig durch eine moderne Standardsoftware abgelöst werden. Vorgesehen war, daß die Pilotinstitute hierbei bereits die Anforderungen der neuen Kosten- und Leistungsrechnung einbringen würden. Da dies zeitlich nun nicht mehr zu schaffen ist, wird die neue Software noch die aktuellen, von den kameralistischen Regeln geprägten Abläufe abbilden. Die spätere Anpassung der Software an die Anforderungen des VW-Projektes wird zweifellos einen EDV-technischen Mehraufwand erfordern. Andererseits bestehen bis dahin erste Erfahrungen mit der modernen Software, was den Restrukturierungsprozeß wiederum einfacher gestalten dürfte.

    Einbindung des Projektes
    nach innen und außen

    Das Projekt der Volkswagen-Stiftung fällt insofern aus dem Rahmen, als es von der Universität insgesamt getragen wird. Von Beginn an waren Verwaltungsrat und Senat einbezogen, beide Gremien diskutierten das Vorhaben und stimmten ihm zu. Die universitäre Öffentlichkeit kennt das Projekt und wird über den Fortgang auf dem Laufenden gehalten.

    Für das Gelingen des Vorhabens ist diese inneruniversitäre Einbindung entscheidend. Deshalb achtete das Projektteam auch bei der Auswahl der Pilotinstitute - die durchweg freiwillig ihr Interesse an einer Mitarbeit angemeldet hatten - auf ein repräsentatives Spektrum: Sowohl das kleine geisteswissenschaftliche Institut wie auch das "Großunternehmen Physik" sind mit von der Partie, ebenso die Universitätsbibliothek und das Universitätsrechenzentrum als zentrale Dienstleister, aber auch eine zentrale wissenschaftliche Einrichtung wie das Südasieninstitut. Bereits in der Pilotphase werden auf diese Weise die unterschiedlichsten Anforderungen und Interessen in das Projekt eingebunden - was schon jetzt eine breite, universitätsweite Diskussion ausgelöst hat.

    Die Projektbeteiligten sind zudem bemüht, möglichst viel an Wissen und Erfahrungen anderer Universitäten, auch im Ausland, zu nutzen. Im Vorfeld der Software-Entscheidung beispielsweise besuchte eine Heidelberger Delegation eine Reihe von Hochschulen in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden, um die dortigen Erfahrungen mit Globalhaushalt, Ressourcenverantwortung und EDV-System kennenzulernen.

    Für die Konzeption des kaufmännischen Rechnungswesens arbeiten die beiden Finanzdezernate der Universitäten Heidelberg und Stuttgart eng zusammen. Im Zentrum steht dabei ein Problem: Die Anforderungen der externen Rechnungslegung, wie sie das Finanz- und Wissenschaftsministerium, aber auch Drittmittelgeber wie zum Beispiel die Europäischen Union an die Universitäten herantragen, müssen mit den Zielen der geplanten dezentralen Ressourcenverantwortung in Einklang gebracht werden. Die Flexibilität der internen Kosten- und Leistungsrechnung darf durch die Bedingungen, die von außen an das Rechnugswesen gestellt werden, nicht verloren gehen. Gemeinsam mit der Universität Stuttgart soll dem Ministerium deshalb ein abgestimmter Kontenplan vorgelegt werden, der den unterschiedlichen Anforderungen gerecht wird.

    Eine weitere Kooperation besteht mit dem Weitzmann-Institute of Science in Rehovot (Israel). Besonders interessant für das Heidelberger Projektteam sind die Erfahrungen, die das Institut mit der Zurechnung von allgemeinen Verwaltungskosten auf spezifische Dienstleistungen gemacht hat. Je nach Fach ergeben sich für Großgeräte- und Service-Leistungen ganz unterschiedliche Verrechnungspreise. Ein weiterer, für Heidelberg interessanter Aspekt ist die Art und Weise, wie die Leistungsdaten bei den Werkstätten erfaßt werden. Im Gegenzug sind die Kollegen in Rehovot daran interessiert, die Heidelberger Erfahrungen mit der Einführung des kaufmännischen Rechnungswesens kennenzulernen.

    Stimmen aus der Universität

    An das Projekt der Volkswagen-Stiftung werden hohe Erwartungen gestellt. Die folgenden "Stimmen aus der Universität" zeigen, daß das Vorhaben insgesamt positiv aufgenommen wurde. Es wird durchweg als Chance begriffen, zu effizienteren Arbeits- und Verwaltungsstrukturen zu kommen.

    "Die Universität wird wissen,
    wofür sie ihre Mittel ausgibt"

    Prof. Dr. Jürgen Siebke, Rektor der Universität Heidelberg, über seine Erwartungen an das Projekt der Volkswagen-Stiftung

    Herr Prof. Siebke, welche Haupterwartung knüpfen Sie an das Projekt?

    Siebke: Vor allem erwarte ich, daß ökonomischer als bislang mit den knappen Mitteln umgegangen wird. Indem wir die Verantwortung für die Ressourcenverwendung auf die untere Ebene der Institute verlagern, erhalten diese zusätzlichen Bewegungsfreiraum - tragen aber auch sehr viel mehr Verantwortung für einen sparsamen Umgang mit den Ressourcen. Entscheidend für die Motivation wird dabei sein, daß die Einsparungen auch bei den jeweiligen Instituten bleiben, sie also für ihre Bemühungen belohnt werden. Das Ziel ist eine effektivere Verwendung der Mittel für Forschung und Lehre.

    Um dieses Ziel zu erreichen, sind aussagekräftige Kennziffern für Forschung und Lehre erforderlich. Liegt hier nicht eine der großen Herausforderungen des Projektes?

    Siebke: Das ist ein zentraler Punkt. Bei der Forschung sind die Drittmittel ein wichtiger Indikator, aber nicht der alleinige. Zumindest muß hier gewichtet werden zwischen den Disziplinen. Geisteswissenschaften werben zum Beispiel sehr viel weniger Drittmittel ein, einfach weil ihre apparative Ausstattung viel niedriger ist als die der Naturwissenschaften.
    Bislang noch kein befriedigendes Indikator- oder Kriteriensystem gibt für die Lehre. Das scheint mir ein besonders schwieriger Punkt zu sein.

    ... den man in Heidelberg jetzt anpacken wird?

    Siebke: Den müssen wir gemeinsam mit den Instituten anpacken - natürlich auch zurückgreifend auf Erfahrungen, die man in anderen Bundesländern und anderen Staaten gemacht hat. Ich weiß heute noch nicht, wie das System am Ende aussieht.

    Wenn die Universitätsleitung Verantwortung an die Institute delegiert, steigen die Anforderungen an ein leistungsfähiges Controlling...

    Siebke: Ja. Zentraler Bestandteil des Projektes ist daher ein neues Berichtswesen. Am Ende werden wir über ein wesentlich besseres Informationssystem verfügen. Die Universität wird dann genau wissen, wofür sie an welcher Stelle welche Mittel ausgegeben hat. Dann sind wir auch sehr viel besser in der Lage, uns vor dem Steuerzahler zu rechtfertigen.

    "Die Verwendung der Mittel
    transparent machen"

    Romana Gräfin vom Hagen,
    Kanzlerin der Universität Heidelberg:

    "An die Hochschulen werden heute vor allem zwei Anforderungen gestellt: Sie sollen in Forschung, Lehre und Verwaltung effizienter werden und sie sollen sich neue Finanzquellen erschließen. Diese Erwartungen können wir nur erfüllen, wenn wir unsere Leistungen und die Verwendung der Mittel transparent machen. Wie sonst sollten wir uns gegenüber unseren Geldgebern rechtfertigen? Und wie sonst können wir feststellen, ob es innerhalb der Universität noch verdeckte Ressourcen zu erschließen gibt?

    Wie die Mittel effizient eingesetzt werden können, wissen am besten die Wissenschaftler vor Ort. Deshalb ist es die Philosophie des VW-Projektes, die Verantwortung für die Ressourcen dorthin zu verlagern, wo die meisten Mittel verbraucht, aber auch die meisten Leistungen erbracht werden - eben auf die Institutsebene. Als Instrumentarium dazu benötigen wir ein aussagefähiges Berichtswesen, damit die Hochschulleitung auch weiterhin die Gesamtsteuerung in der Hand behält. Der Kern des Projektes liegt genau darin, einerseits die Ressourcenverantwortung zu delegieren, andererseits ein effizientes Controlling auf der Ebene des Rektorats einzurichten.

    Voraussetzung für das Projekt ist natürlich ein flexibles Budget, nur dann können die Institute beispielsweise Personal- und Sachmittel gegeneinander austauschen. Als erste Universität in Baden-Württemberg hat Heidelberg jetzt, zumindest in groben Zügen, einen Globalhaushalt bekommen. Insofern spielt die Universität Heidelberg eine Vorreiterrolle - und hat damit auch eine besondere Verpflichtung, ein auch nach außen hin sehr transparentes Berichtswesen zu entwickeln. Denn wer einen globalen Haushalt in die Verantwortung einer Universität gibt, möchte verständlicherweise hinterher auch eine detaillierte Auskunft über die Mittelverwendung."

    Rückfragen bitte an:

    Dr. Herbert Schleich
    Interner Projektmanager
    Tel. 06221 544341
    schleich@ihep.uni-heidelberg.de

    Dr. Josef Mauermair
    Externer Projektmanager
    Mummert + Partner Unternehmensberatung AG
    Josef.Mauermair@mummert.de

    Medienkontakte:

    Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Postfach 105760, 69047 Heidelberg, www.uni-heidelberg.de
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
    www.uni-heidelberg.de/uni/pressehome/index.html


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Wirtschaft, fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte, Organisatorisches, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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