idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
12.11.2018 17:00

Neues Zeitalter für Genbanken bricht an – Vielfalt einer Sammlung molekular charakterisiert

Regina Devrient Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung

    Biodiversität ist mehr als nur die Vielfalt der Arten. Ein weiterer, wichtiger Aspekt von Biodiversität ist die genetische Vielfalt innerhalb einer Art. Diese zeigt sich bei Kulturpflanzen in der Vielfalt der Sorten. Ein internationales Forschungskonsortium unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK Gatersleben) hat nun eine der weltweit umfassendsten Sammlungen von Gerstensorten molekular charakterisiert - insgesamt mehr als 22.000 Saatgutmuster. Im Fachmagazin „Nature Genetics“ beschreiben die Wissenschaftler den Beginn eines neuen Zeitalters für Genbanken, die sich von reinen Sammlungen zu bio-digitalen Ressourcenzentren entwickeln.

    Um die genetische Vielfalt von Kulturpflanzen zu sichern und wissenschaftlich zu erforschen, werden in so genannten Genbanken Proben verschiedener Landrassen, Sorten und Wildformen gesammelt. Eines der weltweit umfassendsten Sortimente für viele Kulturpflanzen, darunter der Gerste, ist die bundeszentrale Ex-situ-Genbank am IPK Gatersleben. Unter Führung des IPK Gatersleben arbeiten Forschende des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), des Julius Kühn-Instituts (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen Quedlinburg und der Georg-August-Universität Göttingen mit Teams aus Japan, China und der Schweiz zusammen. Durch die internationale Kooperation konnte geklärt werden, wie umfassend das IPK-Weltsortiment der Gerste zusammengesetzt ist. Von jedem der über 22.000 Saatgutmuster wurde jeweils eine Einzelpflanze genotypisiert. Auf diese Weise konnten die Forscher gezielt genetische Duplikate in der Sammlung identifizieren. Dies eröffnet neue Möglichkeiten des Qualitätsmanagements aber auch eine effektive Nutzung der Sammlung in Forschung und Züchtung. Pflanzenlinien, die eine vertiefende Betrachtung verdienen, lassen sich gezielter als bisher aufspüren.

    Prof. Dr. Nils Stein (IPK Gatersleben und Georg-August-Universität Göttingen) sagt: „Mit dieser Veröffentlichung gelingt es, ein großes Sortiment einer weltweiten Sammlung in einer Genbank molekulargenetisch komplett zu beschreiben – mit anderen Worten, die weltweite natürliche Diversität einer der wichtigsten Kulturarten mit einem Blick zu erfassen.“ Dafür nutzten Stein und sein Team die Methode des „Genotyping-by-Sequencing“ (GBS). Grundlage der Arbeit bildet die vollständige DNA-Sequenz der Gerstensorte „Morex“. Diese liegt als Anker-Sequenz seit 2017 in hoher Qualität vor. Um die kompletten Genome sämtlicher Gerste-Muster und deren Wildformen zu charakterisieren, suchten die Forscher nach sogenannten SNPs (Einzelnukleotidpolymorphismen). Insgesamt fanden sie über 171.000 dieser kleinen Variationen in der DNA, die jeweils nur ein einzelnes Basenpaar betreffen. „Eine Dichte, die im Genom der Gerste (insgesamt 5 Milliarden Basenpaare) geeignet ist, kleinste Unterschiede aber auch Dopplungen zielsicher aufzuspüren“, so Stein weiter.

    „Valide Rückschlüsse auf Herkunft, Verbreitungsgebiet und Ähnlichkeiten sind so möglich. Durch die Digitalisierung und öffentliche Verfügbarkeit lassen sich die Ergebnisse dank eines modernen Datenbanksystems gezielt abfragen und mit den Passport-Daten der Genbanken aber auch mit eigenen Forschungs- und Züchtungsdaten kombinieren“, ergänzt der an der Studie gleichwertig beteiligte Dr. Martin Mascher vom IPK und iDiv. Die Kombination von historischen Daten der Genbanken mit den molekularen Analysen zeigt eindrucksvoll, welche Möglichkeiten in Genbanken schlummern. Nur mit modernen Forschungsansätzen und Methoden sowie im Verbund mehrerer Teams kann es gelingen, den Schatz der genetischen Vielfalt zu nutzen und zu erhalten. Prof. Dr. Frank Ordon vom Julius Kühn-Institut betont: „Da sich die Pflanzenzüchtung vermehrt auf wechselnde Umweltbedingungen wie Hitze, Trockenheit, neue Schaderreger, aber auch Veränderungen bezüglich des Dünge- und Pflanzenschutzmitteleinsatzes einstellen muss, sind detaillierte Kenntnisse über die genetische Variabilität und deren Nutzung eine Voraussetzung für die Züchtung angepasster Sorten. Gene, die für wichtige Eigenschaften codieren, lassen sich so in Landrassen oder verwandten Wildarten schneller auffinden und in der Züchtung nutzen“.

    Der praktische Wert einer Sammlung wie jener am IPK Gatersleben war bisher begrenzt, da umfassende genetische Informationen zu den Saatgutmustern fehlten. Dank der neuen Analyse ist für die Gerste nun eine gezieltere Datenbankabfrage zu den 22.626 Samenmustern möglich. Das im Projekt entwickelte und öffentlich zugängliche BRIDGE „Data Warehouse“ markiert den Startpunkt für ein bio-digitales Ressourcenzentrum.

    [Gemeinsame Pressemitteilung des IPK, JKI, iDiv und der Universität Göttingen]


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Nils Stein
    (IPK Gatersleben und Universität Göttingen)
    Tel.: +49 39482 5522,
    E-mail: stein@ipk-gatersleben.de

    Dr. Martin Mascher
    (IPK Gatersleben und iDiv)
    Tel.: +49 39482 5243,
    E-Mail: mascher@ipk-gatersleben.de

    Prof. Dr. Frank Ordon (JKI)
    Tel.: +49 3946 47602,
    E-Mail: frank.ordon@julius-kuehn.de


    Originalpublikation:

    “Genebank genomics highlights the diversity of a global barley collection”, Sara G. Milner et al.; Nature Genetics (2018).
    doi: 10.1038/s41588-018-0266-x


    Weitere Informationen:

    https://www.nature.com/articles/s41588-018-0266-x
    https://www.nature.com/articles/nature22043
    http://bridge.ipk-gatersleben.de/bridge/
    http://www.ipk-gatersleben.de/genbank/genomik-genetischer-ressourcen/
    http://www.uni-goettingen.de/de/48115.html
    http://www.ipk-gatersleben.de/unabhaengige-arbeitsgruppen/domestikationsgenomik/
    https://www.idiv.de/de.html
    https://www.julius-kuehn.de/rs/personal/p/s/frank-ordon/


    Bilder

    Illustrierte Vielfalt unterschiedlicher Gerste Muster.
    Illustrierte Vielfalt unterschiedlicher Gerste Muster.
    IPK Gatersleben
    None

    Die genetische Struktur der Sammlung spiegelt die geographische Herkunft wider. Jeder farbige Punkt stellt ein Genbank-Muster dar.
    Die genetische Struktur der Sammlung spiegelt die geographische Herkunft wider. Jeder farbige Punkt ...
    IPK Gatersleben
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Illustrierte Vielfalt unterschiedlicher Gerste Muster.


    Zum Download

    x

    Die genetische Struktur der Sammlung spiegelt die geographische Herkunft wider. Jeder farbige Punkt stellt ein Genbank-Muster dar.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).