idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
16.11.2018 11:11

Letztes Stadium vor dem grossen Knall?

Peter Rüegg Hochschulkommunikation
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

    Die Phlegräischen Felder westlich Neapels stehen am Anfang eines neuen Caldera-Zyklus’. Das fanden Vulkanologen anhand von Gesteinsanalysen und mithilfe einer Modellierung heraus.

    Die Phlegräischen Felder in der Nachbarschaft der Millionenagglomeration Neapel gehören zu den vulkanisch aktivsten und unruhigsten Gegenden der Welt. Neben unzähligen kleineren Vulkanausbrüchen kam es hier vor 39'000 und vor 15'000 Jahren zu gewaltigen Eruptionen, die Calderas hinterliessen. Dazwischen brachen auch kleinere Vulkane immer wieder aus. In jüngster Zeit sind die Phlegräischen Felder aktiver als auch schon.

    Vulkanologinnen und Vulkanologen unter der Federführung von Francesca Forni und Olivier Bachmann von der ETH Zürich zeigen nun in der Fachzeitschrift «Science Advances» auf, dass die Phlegräischen Felder Caldera-Zyklen durchlaufen. Derzeit, so folgern sie, steht dieses Vulkangebiet am Anfang eines neuen Zyklus. Kulminieren könnte dieser in einer weiteren gewaltigen Eruption.

    Ein Zyklus beginnt damit, dass sich Magma aus der Tiefe der Erde über tausende von Jahren in einem grossen Reservoir in der Erdkruste ansammelt. Dieses Stadium ist gekennzeichnet durch lange Ruhephasen und kleinere Ausbrüche von differenzierter Magma. Auslöser einer Megaeruption ist indes eine weitere Magmainjektion in die Kammer. Das Reservoir leert sich schlagartig, seine Decke stürzt ein – eine Caldera entsteht und der Zyklus kann von Neuem beginnen.

    Mineralien als Datenlogger

    Hinweise auf den Beginn des neuen Zyklus lieferte den Forschenden Gestein, das von 23 früheren Vulkanausbrüchen auf den Phlegräischen Feldern stammt. Insbesondere Gesteinsmaterial vom Monte Nuovo («neuer Berg»), der zuletzt 1538 ausbrach, glich in seiner Zusammensetzung demjenigen, das im Vorfeld der zwei grossen Ausbrüche ausgespuckt wurde.

    Dabei nutzten die Forschenden die Tatsache aus, dass die chemische Zusammensetzung von Mineralien aus magmatischem Gestein Informationen über die Bedingungen, unter denen sie entstehen, speichern. Vergleichen die Vulkanologen nun diese chemischen Signaturen von Gesteinen aus unterschiedlichen Epochen, können sie die Bedingungen, die im Untergrund herrschten, rekonstruieren. Damit können sie das Stadium, in welchem sich das Magmasystem derzeit befindet, bestimmen. Parallel dazu modellierten die Vulkanologen den Zyklusverlauf.

    «Diese Studie ist deshalb wichtig, weil wir aus früheren Ausbrüchen den Rhythmus von Supervulkanen rekonstruieren können - in diesem Fall den der Phlegräischen Felder, aber prinzipiell ist dies für alle Supervulkane der Erde machbar. Wir hoffen, dass wir auch vorhersagen können, wo sie in ihrem Zyklus stehen», sagt ETH-Professor Olivier Bachmann.

    Eine Prognose, wann den Phlegräischen Feldern ein grosser Ausbruch bevorsteht, ist trotzdem nicht möglich. In einem ist sich die ehemalige ETH-Doktorandin Forni jedoch sicher: «Eine katastrophale Eruption ist kaum in den nächsten 20'000 Jahren zu erwarten, denn das Magmareservoir unter den Phlegräischen Feldern lädt sich nur sehr langsam auf. Einen grossen Ausbruch werden wir und künftige Generationen, vielleicht auch die gesamte Menschheit, nicht mehr erleben.»

    Dennoch sei es wichtig, die Entwicklung der Phlegräischen Felder weiterhin dauerhaft und lückenlos zu überwachen. Bereits kleinere Vulkanausbrüche, die auch in einer frühen Phase des Zyklus auftreten können, würden in der Region ein Chaos verursachen, sagt Forni. Zu den frühen Anzeichen, dass eine Magmakammer vor einer Eruption steht, gehören Bodenhebungen und eine sich verändernde Zusammensetzung von Gasen, die auf den Phlegräischen Feldern austreten.

    Eine gigantischer Vulkanausbruch wäre nicht nur für den Grossraum Neapel verheerend, sondern auch für den Rest der Welt. Schon früher verursachten Supervulkane (kurzfristige) weltweite Klimakatastrophen und damit einhergehend Missernten und Hungersnöte. Gut dokumentiert ist beispielsweise der Ausbruch des indonesischen Supervulkans Tambora im Jahr 1815. Das darauffolgende Jahr ging als «Jahr ohne Sommer» in die Geschichtsbücher ein. Von einer Missernte betroffen war auch die Schweiz, obwohl der Vulkan in Indonesien liegt.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Olivier Bachmann, ETH Zürich, Tel +41 44 632 78 16, Mail olivier.bachmann@erdw.ethz.ch


    Originalpublikation:

    Forni F, Degruyter W, Bachmann O, De Astis G, Mollo S. Long-term magmatic evolution reveals the beginning of a new caldera cycle at Campi Flegrei. Science Advances 14 Nov 2018: Vol. 4, no. 11, eaat9401, DOI: 10.1126/sciadv.aat9401


    Weitere Informationen:

    https://www.ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2018/11/campi-fleg...


    Bilder

    Satellitensicht auf die Bucht von Neapel mit den Phlegräischen Feldern und dem Vesuv
    Satellitensicht auf die Bucht von Neapel mit den Phlegräischen Feldern und dem Vesuv
    Copyright: ESA, CC BY-SA 3.0 IGO
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Satellitensicht auf die Bucht von Neapel mit den Phlegräischen Feldern und dem Vesuv


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).