idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
26.11.2018 12:01

Erfolgreiche zweite Experimentrunde mit Wendelstein 7-X

Isabella Milch Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Plasmaphysik

    Neue Stellarator-Rekorde erreicht / nächste Umbau-Phase plangemäß begonnen

    Die von Juli bis November an der Fusionsanlage Wendelstein 7-X im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Greifswald gelaufenen Experimente brachten höhere Werte für die Dichte und den Energieinhalt des Plasmas sowie lange Entladungsdauern bis zu 100 Sekunden – Rekordergebnisse für Anlagen vom Typ Stellarator. Inzwischen hat die nächste Runde des schrittweisen Ausbaus von Wendelstein 7-X begonnen. Sie soll die Anlage fit machen für höhere Heizleistungen und längere Entladungen. Wendelstein 7-X, die weltweit größte Fusionsanlage vom Typ Stellarator, soll die Kraftwerkseignung dieses Bautyps untersuchen.

    Im Verlauf der schrittweisen Aufrüstung von Wendelstein 7-X wurde das Plasmagefäß seit September letzten Jahres mit einer Innenverkleidung ausgestattet. Kacheln aus Grafit schützen seither die Gefäßwände. Hinzu kam der sogenannte Divertor, mit dem sich Reinheit und Dichte des Plasmas regeln lassen. In zehn breiten Streifen an der Wand des Plasmagefäßes folgen die Divertor-Kacheln der Kontur des Plasmarandes. Sie bedecken speziell die Wandbereiche, auf die Teilchen aus dem Rand des Plasmas gezielt gelenkt werden. Nach drei Monaten des Experimentierens mit der neuen Ausrüstung begann Ende 2017 die nächste Ausbau-Runde; unter anderem wurden neue Messgeräte und Heizsysteme installiert. Ab Juli 2018 wurden die Experimente wieder aufgenommen.

    Hatte der Divertor bereits zuvor seine gute Wirkung gezeigt (siehe PI 4/2018 http://www.ipp.mpg.de/de/aktuelles/presse/pi/2018/04_18), so konnten die Plasmawerte mit der aufgestockten Plasmaheizung und gereinigten Gefäßwänden jetzt deutlich gesteigert werden. Die neu installierte Neutralteilchen-Heizung schießt schnelle Wasserstoffatome in das Plasma hinein, die ihre Energie über Stöße an die Plasmateilchen abgeben. Das Ergebnis waren hohe Plasmadichten bis zu 2 x 10**20 Teilchen pro Kubikmeter – Werte, wie sie für ein künftiges Kraftwerk ausreichen. Zugleich erreichten die Ionen und Elektronen des Wasserstoff-Plasmas die beachtliche Temperatur von 20 Millionen Grad Celsius.

    Stellarator-Rekordwerte konnte Wendelstein 7-X für die im Plasma gespeicherte Energie erzielen: Mit starker Mikrowellen-Heizung überstieg der Energieinhalt des Plasmas erstmalig ein Megajoule, ohne dass die Gefäßwand zu heiß wurde. Bei guten Plasmakenngrößen gelangen zudem langlebige Plasmen von 100 Sekunden Dauer – ebenfalls einer der bislang besten Stellarator-Werte.

    Diese erfreulichen Resultate brachten dem Projekt große Aufmerksamkeit auf den diesjährigen internationalen Konferenzen. Auch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek ließ es sich nicht nehmen, die Ergebnisse zu kommentieren: „Glückwunsch an das Team des Wendelstein 7-X zu dem neuen Weltrekord. Der Weg ist richtig – so konnten wichtige Erkenntnisse für den künftigen Einsatz von Fusionskraftwerken gewonnen werden. Fusionsenergie könnte neben den Erneuerbaren Energien DIE Energiequelle der Zukunft sein. Die Forscher in Greifswald haben mit ihrer Arbeit dazu einen wichtigen Schritt getan. Ich wünsche dem Team viel Erfolg auch bei seinen weiteren Arbeiten.“

    Mitte Oktober liefen die letzten Experimente; inzwischen hat die nächste Ausbaurunde an Wendelstein 7-X begonnen. Um die Heizenergie weiter steigern zu können, ohne die Gefäßwand zu überlasten, werden in den kommenden zwei Jahren die jetzigen Graphitplatten des Divertors durch wassergekühlte Elemente aus kohlenstofffaserverstärktem Kohlenstoff ersetzt. So ausgerüstet, wird man sich schrittweise an 30 Minuten andauernde Plasmen heranarbeiten. Dann lässt sich überprüfen, ob Wendelstein 7-X seine Optimierungsziele auch im Dauerbetrieb – dem wesentlichen Plus der Stellaratoren – erfüllen kann.

    Hintergrund:
    Ziel der Fusionsforschung ist es, ein klima- und umweltfreundliches Kraftwerk zu entwickeln. Ähnlich wie die Sonne soll es aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie gewinnen. Weil das Fusionsfeuer erst bei Temperaturen über 100 Millionen Grad zündet, darf der Brennstoff – ein dünnes Wasserstoffplasma – nicht in Kontakt mit kalten Gefäßwänden kommen. Von Magnetfeldern gehalten, schwebt er nahezu berührungsfrei im Inneren einer Vakuumkammer.

    Den magnetischen Käfig von Wendelstein 7-X erzeugt ein Ring aus 50 supraleitenden, etwa 3,5 Meter hohen Magnetspulen. Ihre speziellen Formen sind das Ergebnis ausgefeilter Optimierungsrechnungen. Obwohl Wendelstein 7-X keine Energie erzeugen wird, soll die Anlage beweisen, dass Stellaratoren kraftwerkstauglich sind. Mit Wendelstein 7-X soll die Qualität des Plasmaeinschlusses in einem Stellarator erstmals das Niveau der konkurrierenden Anlagen vom Typ Tokamak erreichen.


    Weitere Informationen:

    http://www.ipp.mpg.de/de/aktuelles/presse/pi/2018/11_18


    Bilder

    Blick in das Plasmagefäß der Fusionsanlage Wendelstein 7-X
    Blick in das Plasmagefäß der Fusionsanlage Wendelstein 7-X
    Foto: IPP, Jan Michael Hosan
    None

    Das Rekordplasma mit einem Energieinhalt von über einem Megajoule
    Das Rekordplasma mit einem Energieinhalt von über einem Megajoule
    Foto: IPP, Wigner RCP
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Elektrotechnik, Energie, Maschinenbau, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Blick in das Plasmagefäß der Fusionsanlage Wendelstein 7-X


    Zum Download

    x

    Das Rekordplasma mit einem Energieinhalt von über einem Megajoule


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).