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11.01.2019 08:33

Raffiniertes System verhindert Kannibalismus bei der Fruchtfliege

Susann Huster Stabsstelle Universitätskommunikation/Medienredaktion
Universität Leipzig

    Fruchtfliegen legen Eier, passen aber nicht auf ihre Brut auf. Daher haben die Insekten ein raffiniertes System entwickelt, um ihre Eier vor Kannibalen-Larven der eigenen Art zu schützen. In einer neuen Studie, die am 10. Januar 2019 in der Fachzeitschrift „PLOS Biology“ veröffentlicht wurde, berichten Prof. Dr. Andreas Thum und Dr. Astrid Rohwedder von der Arbeitsgruppe Genetik am Institut für Biologie der Universität Leipzig, wie Fruchtfliegen zum Schutz ihrer Eier eine chemische Täuschung verwenden.

    In Zusammenarbeit mit Forschern aus der Schweiz und Großbritannien gelang es ihnen erstmals, die sensorischen, genetischen und mechanistischen Grundlagen dieser chemischen Täuschung zu entschlüsseln.
    „Das Team war fasziniert von der Beobachtung, dass Fruchtfliegen-Larven trotz ihrer räuberischen Natur selten Eier in ihrer Nähe angegriffen haben, selbst wenn sie keine Nahrung hatten“, berichtet der Biologe Prof. Dr. Andreas Thum von der Universität Leipzig. Bei der Prüfung verschiedener plausibler Abwehrmechanismen stellten die Forscher fest, dass die extrem dünne Wachsschicht in der Eierschale eine Schutzbarriere darstellt, die Kannibalismus verhindert.

    Mit hochauflösender Massenspektrometrie zur Identifizierung der beteiligten Moleküle entdeckte das Team, dass die Wachsschicht aus einem Bouquet von Sexualpheromonen besteht, die von beiden Elternteilen stammen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Chemikalie 7,11-Heptacosadien, die von der Mutter in die Wachsschicht des Eies eingearbeitet wird. Dadurch wird das Ei auslaufsicher gemacht, damit es nicht austrocknet. Außerdem dient sie als chemische Maske, um die Identität des Eies vor Kannibalen-Larven zu verbergen.

    Geleitet wurde die Studie, die einen multidisziplinären Ansatz verfolgt, von Dr. Roshan Vijendravarma von der Abteilung für Ökologie und Evolution der Universität Lausanne in der Schweiz. „In unserem Teil des Projekts konnten wir ein Gen namens ppk23 identifizieren, welches der Larve als Rezeptor dient, um das Pheromon 7,11-HD zu erkennen. Genetisch veränderte Fruchtfliegenlarven, denen der Rezeptor ppk23 fehlt, fallen nicht mehr auf die chemische Täuschung herein und verzehren die Eier ihrer Artgenossen“, erklärt Thum.

    Die Täuschung als Verteidigungsstrategie gegen Raubtiere hat sich bei verschiedenen Arten unabhängig entwickelt. Aktuelle Studien dazu konzentrieren sich weitgehend auf visionsbasierte Strategien und weniger auf diejenigen, die die anderen Sinne täuschen. Die Ergebnisse des Teams deuten darauf hin, dass chemische Täuschung im gesamten Tierreich häufiger vorkommt als bisher angenommen, insbesondere, wenn Raubtiere ihre Nahrung durch chemische Hinweise identifizieren. Es gebe jedoch kaum Studien mit gentechnisch veränderten Tieren zu dieser Thematik. Daher zeige diese neueste Untersuchung, wie der Weg für die Erforschung sensorischer, neuronaler, genetischer und mechanistischer Täuschungsgrundlagen geebnet werden kann. Das eingehende Verständnis solcher Strategien ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere in den Bereichen Insektensterben, Epidemiologie und Schädlingsbekämpfung.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Andreas Stephan Thum
    Institut für Biologie
    Telefon: +49 341 97-36961
    E-Mail: andreas.thum@uni-leipzig.de


    Originalpublikation:

    Originaltitel der Veröffentlichung in PLOS Biology:
    „Drosophila melanogaster cloak their eggs with pheromones, which prevents cannibalism“
    doi: 10.1371/journal.pbio.2006012


    Weitere Informationen:

    https://journals.plos.org/plosbiology/article?id=10.1371/journal.pbio.2006012


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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