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06.02.2019 10:00

Dresdner Forscher entdecken Protein für mehr Bewegungsfreiheit

Stephan Wiegand, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

    Nur Wenige kennen die extrem seltene Krankheit FOP: Wie in einem Alptraum verwandeln sich Muskeln und Bindegewebe in Knochen – und die Betroffenen werden buchstäblich lebendig eingemauert. So werden die Patienten quasi zu Gefangenen ihres eigenen Körpers. Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden haben nun ein Protein entdeckt, welches die überschießende Knochenbildung bei FOP hemmt. In Zukunft könnte das ein Therapieansatz sein. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden im Fachjournal „Nature Metabolism“ (www.nature.com/natmetab/, https://doi.org/10.1038/s42255-018-0005-8) veröffentlicht und die Entdeckung patentiert.

    Insgesamt vier Millionen Kinder und Erwachsene in Deutschland sind von einer der mehr als 6.000 seltenen Erkrankungen betroffen. Viele dieser Erkrankungen sind noch nahezu unerforscht und es gibt für die Mehrzahl der Erkrankungen noch keine passende Therapie.
    Eine dieser seltenen Erkrankungen ist die Fibrodysplasia Ossificans Progressiva (FOP). Für die Patienten bedeutet die Diagnose die fortschreitende Verknöcherung des Binde- und Stützgewebes. Gesunde Muskeln, Bänder und Sehnen verwandeln sich in Knochen – alles am falschen Ort - was zu Steifheit und dauerhafter Unbeweglichkeit führt, als ob man dauerhaft in ein Gipskorsett eingezwängt wäre. Das Wachstum dieser Extraknochen kann ohne Vorwarnung ausgelöst werden oder Folge eines leichten Stoßes sein. Die Ursache liegt in einer fehlerhaften Erbinformation. Dabei kommt es zu einem Defekt im Bauplan für den ACVR1-Rezeptor.

    Wissenschaftler des Forschungslabors „Bone-Lab“ des Universitätsklinikums an der TU Dresden haben nun ein Protein entdeckt, das zwei augenscheinlich unverwandte Systeme mit einander verknüpft. Transferrinrezeptor-2 (Tfr2), verantwortlich für den Eisenstoffwechsel, wurde als neue Komponente im Knochenstoffwechsel entdeckt. Tfr2 bindet sogenannte BMPs, welche für die Mineralisierung des Knochens verantwortlich sind. Gemeinsam mit einem interdisziplinären Team an internationalen Forschern hat das „Bone Lab“ nun herausgefunden, dass die Bindungsregion von Tfr2 auch zur Neutralisation von BMPs zur Vermeidung von fehlplatzierter Knochenbildung eingesetzt werden kann. Prof. Martina Rauner und ihre Kollegen waren überrascht: „Als wir gesehen haben, wie potent die Bindungsregion von Tfr2 die ungewünschten Ossifikationen, also das Knochenwachstum im Tiermodell der FOP hemmte, war uns klar, dass diese Entdeckung Potenzial für die klinische Weiterentwicklung hat.“ Martina Rauner, Biotechnologin und wissenschaftliche Laborleiterin des „Bone Lab“ hat ihre Karriere dem Studium von Knochenkrankheiten gewidmet. Bis es soweit war das Potenzial der Therapie zu erkennen, hat es jahrelange, intensive Zusammenarbeit erfordert.

    Bislang gab es für die etwa 700 Patienten weltweit bzw. 30 in Deutschland keine passende Therapie. Jetzt könnte sich das relativ rasch ändern, sagt Dr. Ulrike Baschant, „die Firma Kymab in Cambridge will auf der Basis unserer Entdeckung in Dresden die klinische Entwicklung von Tfr2 vorantreiben.“

    Die wegweisende Entdeckung ist, nicht nur für die Patienten mit FOP, sondern auch für diejenigen mit bekannteren Skeletterkrankungen, bedeutend. Die beiden Hauptautoren, Martina Rauner, PhD und Ulrike Baschant, PhD berichten darüber im Fachjournal Nature Metabolism. Die Entdeckung des Proteins war das Ergebnis internationaler Zusammenarbeit u.a. mit Wissenschaftlern von der Universität Turin in Italien über viele Jahre hinweg. Unterstützt von einem Dutzend Wissenschaftlern, arbeiteten sie im Labor daran, ein weiteres Rätsel der Wissenschaft zu lösen.

    Martina Rauner ist glücklich, dass das „neu entstandene Wissen neuartigen Therapien dient, die das Leben von Kindern und Erwachsenen mit Knochenkrankheiten verbessern könnten“. Ulrike Baschant ergänzt, „Es ist ein entscheidender Weg für körperliche Unabhängigkeit und persönliche Freiheit!“

    Hintergrundinformationen
    Martina Rauner, Biotechnologin und wissenschaftliche Laborleiterin des „Bone Lab“ hat ihre Karriere dem Studium von Knochenkrankheiten gewidmet. Bis es soweit war das Potenzial der Therapie zu erkennen, hat es jahrelange, intensive Zusammenarbeit erfordert. Besonders wichtig war dabei der von Prof. Ehninger geleitete Sonderforschungsbereich655, welcher die Keimzelle des Projekts war. „Nur durch einen langen Atem, die enge Kollaboration mit Professor Uwe Platzbecker und die Anschubfinanzierung durch den SFB655 war es möglich, dieses umfangreiche Projekt auf den Weg zu bringen“, so Prof. Hofbauer, Leiter des Zentrums für Gesundes Altern und Seniorautor der Arbeit.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Martina Rauner
    Wissenschaftliche Direktorin „Bone Lab“
    Medizinische Klinik III
    UniversitätsCentrum für Gesundes Altern
    Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden
    Tel: +49 351 458 4206
    E-Mail: Martina.Rauner@ukdd.de


    Originalpublikation:

    Transferrin receptor 2 controls bone mass and pathological bone formation via BMP and Wnt signalling, in: Nature Metabolismvolume 1, pages111–124 (2019) , doi.org/10.1038/s42255-018-0005-8, https://www.nature.com/articles/s42255-018-0005-8


    Weitere Informationen:

    https://www.sfb655.de/START/projekte/bereich-b/b13-hofbauer-platzbecker
    https://www.kymab.com/
    https://www.bone-lab.de/


    Bilder

    Prof. Martina Rauner und Dr. Ulrike Baschant (v.l.n.r.)
    Prof. Martina Rauner und Dr. Ulrike Baschant (v.l.n.r.)
    Foto: Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden / Stephan Wiegand
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    Anhang
    attachment icon Pressemitteilung

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Prof. Martina Rauner und Dr. Ulrike Baschant (v.l.n.r.)


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