idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
18.03.2019 14:45

Der virtuelle Graue Star

Dr. Florian Aigner Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Technische Universität Wien

    Das Computergraphik-Team der TU Wien simuliert Augenkrankheiten am Computer. Damit können gesunde Menschen besser verstehen, welche Probleme Grauer Star mit sich bringt.

    Wenn man mit einer VR-Brille computergenerierte virtuelle Welten erkundet, wünscht man sich normalerweise die bestmögliche Graphik. Gestochen scharf soll das Bild sein, mit gutem Kontrast und perfekter Ausleuchtung. Aber manchmal ist genau das Gegenteil viel interessanter: An der TU Wien wurde untersucht, wie man Augenkrankheiten virtuell simulieren kann. So können sich gesunde Menschen mit einer Virtual-Reality Brille ein Bild davon machen, wie eine bestimmte Umgebung aussieht, wenn man unter Grauem Star leidet. So kann man beispielsweise herausfinden, wie man Beleuchtungskörper anpassen muss, um unangenehme Blendeffekte zu vermeiden oder wo Wegweiser für Notausgänge positioniert werden müssen, damit sie auch von sehbeeinträchtigten Menschen noch gut erkannt werden.

    Linsentrübung für die VR-Brille
    Der Graue Star ist eine der häufigsten Augenerkrankungen. Es kommt dabei zu einer Trübung der Linse, und das kann unterschiedliche Probleme mit sich bringen: Die Sehschärfe nimmt ab, die Kontrastwahrnehmung verschlechtert sich, das Licht wird von der Trübung im Auge gestreut. Nachdem die Linse nicht unbedingt gleichmäßig trüb wird, können unterschiedliche Bereiche des Sichtfelds unterschiedlich betroffen sein.
    „Für gesunde Menschen ist es schwierig, sich vorzustellen, wie die Welt für jemanden mit Grauem Star aussieht“, sagt Dipl.-Ing. Katharina Krösl vom Computergraphik-Team am Institut für Visual Computing & Human-Centered Technology an der TU Wien. „Wir haben nun Möglichkeiten entwickelt, die Auswirkungen dieser Krankheit zu simulieren.“ Wenn man beispielsweise ein neues Gebäude plant oder ein Beleuchtungssystem designt, kann man nun mit einer VR-Brille ausprobieren, ob man sich auch mit Augenproblemen in dieser Umgebung zurechtfinden kann.

    Sehschärfe, Kontrast und Blendeffekte
    Um optimale Ergebnisse zu erzielen wurden die Virtual-Reality-Brillen mit Eyetrackern ausgestattet, die jede Veränderung der Blickrichtung registrieren. So kann man auch Sehstörungen simulieren, die ungleichmäßig auftreten, etwa eine Trübung in der Mitte des Gesichtsfelds. „Das Bild, das von der Virtual-Reality-Brille angezeigt wird, kann man in Echtzeit anpassen, um dem Seherlebnis mit Grauem Star möglichst nahe zu kommen“, sagt Prof. Michael Wimmer, der Leiter der Rendering and Modeling Group des Forschungsbereichs Computergraphik der TU Wien, „Man kann das Bild leicht verschwimmen lassen, den Kontrast oder auch die Farbgebung verändern.“

    „Wichtig ist auch die Simulation von Blendeffekten“, erklärt Katharina Krösl. „Besonders, wenn man helle Lichtquellen im Blickfeld hat, kann es passieren, dass das Licht von den Trübungen im Auge gestreut wird, sodass ein heller, diffuser Schein entsteht, der sehr störend sein kann.“ Ein Beleuchtungssystem, das für gesunde Augen völlig normal aussieht, kann für Menschen mit Grauem Star unangenehm sein und das Erkennen bestimmter Objekte unmöglich machen.

    In Zusammenarbeit mit der Augenärztin Dr. Sonja Karst von der MedUni Wien wurden die verschiedenen Parameter des simulierten Grauen Stars angepasst. So konnte man Versuchspersonen mit einer genau definierten virtuellen Sehbeeinträchtigung ausstatten und sie unterschiedliche Aufgaben lösen lassen. Man ermittelte etwa die maximale Distanz, in der man mit Grauem Star noch Hinweisschilder erkennen kann (etwa Notausgangs-Wegweiser), oder ließ die Testpersonen unterschiedliche Lichtverhältnisse in einer simulierten Küche beurteilen.
    „Für die Forschung ist unsere Methode ein sehr hilfreiches Instrument“, sagt Katharina Krösl. „Es gab bisher kaum praxisnahe Studien dieser Art, weil es sehr schwer ist, ausreichend viele Versuchspersonen mit genau den richtigen Arten von Grauem Star für solche Untersuchungen zu gewinnen. Wenn wir nun aber eine Möglichkeit haben, jeden beliebigen Menschen per VR-Brille mit dieser Sehbehinderung auszustatten, wird die Sache viel einfacher.“

    Die VR-Simulation des Grauen Stars wird nun auf der Konferenz IEEEVR2019 in Osaka (Japan) präsentiert. „Wir planen noch weitere Verbesserungen, etwa indem wir mit Personen zusammenarbeiten, die an Grauem Star litten und kürzlich operiert wurden“, sagt Katharina Krösl. „Aber jetzt schon ist unser System ein sehr aussagekräftiges Modell für alle, die Grauen Star besser verstehen wollen.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dipl.-Ing. Katharina Krösl
    Institut für Visual Computing and Human-Centered Technology
    Technische Universität Wien
    Favoritenstraße 9, 1040 Wien
    T: +43-1-58801-18683
    katharina.kroesl@tuwien.ac.at

    Prof. Michael Wimmer
    Institut für Visual Computing and Human-Centered Technology
    Technische Universität Wien
    Favoritenstraße 9, 1040 Wien
    T: +43-1-58801-18687
    michael.e193.wimmer@tuwien.ac.at


    Weitere Informationen:

    https://www.tuwien.ac.at/dle/pr/aktuelles/downloads/2019/grauerstar Weitere Bilder


    Bilder

    Blick in die Küche mit Grauem Star: Das Bild wird unscharf, die Lichtquellen führen zu unangenehmen Streuungseffekten.
    Blick in die Küche mit Grauem Star: Das Bild wird unscharf, die Lichtquellen führen zu unangenehmen ...
    TU Wien
    None

    Durch die Lichtquelle ist das Notausgangsschild für Menschen mit Grauem Star schwer zu erkennen.
    Durch die Lichtquelle ist das Notausgangsschild für Menschen mit Grauem Star schwer zu erkennen.
    TU Wien
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Blick in die Küche mit Grauem Star: Das Bild wird unscharf, die Lichtquellen führen zu unangenehmen Streuungseffekten.


    Zum Download

    x

    Durch die Lichtquelle ist das Notausgangsschild für Menschen mit Grauem Star schwer zu erkennen.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).