idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
15.08.2019 13:42

Meins oder deins? - Studie zum Verständnis für Eigentum bei Kindern

Katrin Henneberg Stabsstelle Universitätskommunikation/Medienredaktion
Universität Leipzig

    Kinder haben schon sehr früh Respekt vor dem Eigentum anderer Kinder. Das zeigt eine Studie von Dr. Patricia Kanngießer und Prof. Dr. Daniel Haun von der Universität Leipzig. Die Wissenschaftler des Leipziger Forschungszentrums für frühkindliche Entwicklung haben die Studie zusammen mit Forschenden der University of California in San Diego, der Duke University in Durham und des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig durchgeführt und ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Developmental Psychology“ veröffentlicht.

    Was hält uns davon ab, anderen ihr Eigentum zu nehmen? Vor allem, wenn sie gerade nicht in der Nähe sind? Und obwohl man dadurch seinen eigenen Besitz vergrößern könnte? Es ist der Respekt vor dem Eigentum anderer. Dieses Konzept ist in unserer Gesellschaft wesentlich – doch leben schon Kinder danach? Diese Frage stellte sich das Forscherteam aus Deutschland und den USA.

    Ziel der Studie war es herauszufinden, inwieweit Kinder im Alter von fünf bis sieben Jahren das Prinzip von Eigentum verinnerlicht haben. Aus vier unterschiedlichen Gesellschaften (Deutschland, Kenia, Namibia und Argentinien) nahmen 152 Kinder teil. In Europa und Nordamerika wurde die Anerkennung von Besitz in der Kindheit bereits ausführlich erforscht. Wie sich das Eigentumsverständnis in anderen Gesellschaften entwickelt, ist bisher wenig bekannt. „Das ist die erste Studie, die sich das Eigentumsverständnis von Kindern aus verschiedenen Gesellschaften in sozialen Interaktionen mit Gleichaltrigen anschaut“, sagt Dr. Patricia Kanngießer. Sie hat aktuell die Vertretungsprofessur für Frühkindliche Entwicklung und Kultur an der Universität Leipzig inne.

    Die Studie verlief wie folgt: Kinder spielten zusammen mit einem gleichgeschlechtlichen und etwa gleichaltrigen Partner mit bunten Holzperlen, die in unterschiedlichen Farben markiert waren. „Wir haben bei der Entwicklung der Studie stark darauf geachtet, einen kulturfairen Studienablauf zu entwickeln und das Eigentumsverständnis von Kindern auf spielerische Art und Weise zu untersuchen“, erläutert Patricia Kanngießer.

    Jedem Kind wurde zu Beginn eine Farbe zugewiesen. Die Partner warfen dann die Holzperlen in eine Murmelbahn und am Ende der Murmelbahn vermischten sich alle Perlen in einer Schale. Die Kinder erhielten die Aufgabe, „ihre“ Murmeln aus der Schale zu nehmen, um sie später mit nach Hause zu nehmen. „Die Murmelbahn kam sehr gut an und die Kinder hatten viel Spaß dabei. Manchmal wollten sogar ältere Kinder oder Lehrer die Murmelbahn ausprobieren. Mit ihren Perlen konnten Kinder sich am Ende Ketten auffädeln und mit nach Hause nehmen, sodass es wirklich um etwas ging“, führt Dr. Kanngießer aus.

    Die Studie fand unter unterschiedlichen Bedingungen statt. Bei einigen Durchläufen nahmen beide Kinder gleichzeitig ihre Perlen, bei anderen, weiteren Durchläufen war nur jeweils ein Kind im Raum und der Partner wartete vor der Tür. Die Kinder hatten somit die Möglichkeit, die Perlen ihres Partners zu nehmen, ohne dass dieser davon etwas bemerkte.

    „Wir können zeigen, dass sich ein Grundverständnis von persönlichem Eigentum und dem Respekt vor dem, was Anderen gehört, im sozialen Miteinander zeigt. Dieser Grundrespekt kann soziale Konflikte in direkten Interaktionen verhindern und ist wichtig für unser alltägliches Zusammenleben“, erklärt Dr. Kanngießer die Ergebnisse. „In Abwesenheit des Partners variierte das Verhalten stärker zwischen den unterschiedlichen Gesellschaften, die wir in unserer Studie untersucht haben.“ Kinder aus Deutschland achteten beispielsweise sehr darauf, nur ihre eigenen Perlen zu nehmen. Kinder aus der Gruppe einer indigenen Volksgruppe in Namibia (≠Akhoe Hai||om) nahmen sich auch einige Male die Perlen anderer Kinder. Sie sind Angehörige einer Jäger-Sammler-Gruppe, in der es kaum persönliche Besitztümer gibt und das Teilen von Gütern eine wichtige Rolle spielt.

    „Die Studie konnte zeigen, dass Kinder aus verschiedenen Gesellschaften ein Grundverständnis von persönlichem Besitz haben und dieses im sozialen Miteinander zeigen“, resümiert Dr. Patricia Kanngießer. „Neben persönlichem Besitz existieren natürlich unterschiedliche Eigentumsregelungen weltweit – ein spannendes Feld für zukünftige Forschung.“

    Autorin: Anneke Elsner


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Patricia Kanngießer
    Leipziger Forschungszentrum für frühkindliche Entwicklung
    Telefon: +49 341 97-31870
    E-Mail: patricia.kanngiesser@uni-leipzig.de


    Originalpublikation:

    Kanngiesser, P., Rossano, F., Zeidler, H., Haun, D., & Tomasello, M.
    “Children’s respect for ownership across diverse societies.”
    Developmental Psychology. Advance online publication: http://dx.doi.org/10.1037/dev0000787


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Kulturwissenschaften, Pädagogik / Bildung
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).