idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
20.09.2019 11:28

Alpenflora im Klimawandel: Pflanzen reagieren mit "Verspätung"

Alexandra Frey Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    In den Bergen wandern die Kälte-angepassten Pflanzen und Tiere in höhere Regionen, um den steigenden Temperaturen auszuweichen. Unklar ist aber, ob Gebirgspflanzen schnell genug sind, um mit dem Klimawandel Schritt zu halten. Ein Team von ÖkologInnen der Universität Wien und der Schweizer WSL um Sabine Rumpf und Stefan Dullinger hat diese Frage in den Alpen untersucht und herausgefunden, dass die Natur mit "Verspätung" reagiert – sowohl beim Aussterben von Populationen an inzwischen zu warmen Standorten als auch beim Besiedeln ehemals zu kalter. Verzögertes Aussterben ist vor allem bei Arten der höchsten Lagen verbreitet.

    Mehrere Studien haben inzwischen gezeigt, dass die Gebirgsflora durch die Klimaerwärmung der letzten Jahrzehnte in Bewegung geraten ist. Inwieweit das Tempo dieser Florenveränderungen dem Tempo des Klimawandels entspricht ist vergleichsweise wenig bekannt. Die Biologie vieler Gebirgspflanzen lässt den Schluss zu, dass sie nicht in der Lage sein dürften, ihre Verbreitung den aktuellen, rapiden Klimaänderungen ohne Verzögerung anzupassen. Die ForscherInnen der Universität Wien und des WSL (Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft) haben auf über 1.500 Untersuchungsflächen in den Alpen die Florenveränderungen zwischen den Jahren vor 1970 und den Jahren 2014/15 verglichen und die beobachteten Änderungen mit jenen verglichen, die aufgrund des Klimawandels zu erwarten gewesen wären.

    Die Resultate zeigen, dass fast keine der im Detail untersuchten 135 Pflanzenarten dem Klimawandel ohne Verzögerung gefolgt ist. "Sechzig Prozent der Arten sind noch auf Flächen zu finden, die ihnen klimatisch nicht mehr zusagen, 38 Prozent haben nicht alle Flächen besiedelt, die inzwischen ein geeignetes Klima bieten würden, und nur für 7 Prozent haben wir keine Indizien für Verzögerungen in die eine oder in die andere Richtung beobachtet“, fasst Sabine Rumpf vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien die Ergebnisse zusammen.

    "Aussterbeschuld" vor allem in den höchsten Lagen
    "Verzögerte Anpassung bedeutet, dass wir auf der Basis heutiger Beobachtungen dazu tendieren, das volle Ausmaß der Konsequenzen des Klimawandels zu unterschätzen. Problematisch ist das besonders dort, wo Populationen aufgrund der bereits heutigen klimatischen Bedingungen erst in der Zukunft, vielleicht erst in Jahrzehnten aussterben werden", ergänzt Stefan Dullinger. Diese sogenannte "Aussterbeschuld" verteilt sich nicht zufällig über Arten und Landschaften, sondern ist unter den Arten der höchsten Lagen besonders verbreitet. Genau diese Arten gelten auch als diejenigen, die am meisten unter dem Klimawandel leiden (werden), weil sie kaum mehr Ausweichmöglichkeiten in höhere Regionen haben.

    Verzögerung bietet auch Chance
    Je größer das Risiko für eine Art, desto langsamer scheint sich diese Bedrohung daher zu realisieren. Die langsame Reaktion hochalpiner Populationen erhöht allerdings auch die Chance, dass es diesen Arten gelingt sich evolutiv an die veränderten Bedingungen anzupassen. "Diese Chance werden Pflanzen aber nur nutzen können, wenn es uns gelingt, die Klimaerwärmung in den Griff zu bekommen und das Klima so bald wie möglich wieder zu stabilisieren", so Sabine Rumpf abschließend.

    Publikation in Nature Communications:
    Rumpf, S.B., Hülber, K., Wessely, J., Willner, W., Moser, D., Gattringer, A., Klonner, G., Zimmermann, N.E. & Dullinger, S. 2019: Extinction debts and colonization credits of non-forest plants in the European Alps.
    Doi: 10.1038/s41467-019-12343-x


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Sabine Rumpf
    Department für Botanik und Biodiversitätsforschung
    Universität Wien
    1030 Wien, Rennweg 14
    T +43-1-4277-543 77
    M +43-680-1344884
    sabine.rumpf@univie.ac.at

    Univ.-Prof. Mag. Dr. Stefan Dullinger
    Department für Botanik und Biodiversitätsforschung
    Universität Wien
    1030 Wien, Rennweg 14
    T +43-1-4277-543 79
    M +43-664-60277-543 79
    stefan.dullinger@univie.ac.at


    Originalpublikation:

    Publikation in Nature Communications:
    Rumpf, S.B., Hülber, K., Wessely, J., Willner, W., Moser, D., Gattringer, A., Klonner, G., Zimmermann, N.E. & Dullinger, S. 2019: Extinction debts and colonization credits of non-forest plants in the European Alps.
    Doi: 10.1038/s41467-019-12343-x


    Weitere Informationen:

    https://medienportal.univie.ac.at/presse/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/...


    Bilder

    Die Alpenmargerite am Berg Similaun in Italien.
    Die Alpenmargerite am Berg Similaun in Italien.
    © Stefan Dullinger
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Die Alpenmargerite am Berg Similaun in Italien.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).