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15.11.2019 11:19

Neue Schätzung zur Krankheitslast durch Krankenhaus-Infektionen

Susanne Glasmacher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Robert Koch-Institut

    Das Robert Koch-Institut hat zusammen mit Partnern aus Berlin und Stockholm eine aktuelle Schätzung zur Krankheitslast durch im Krankenhaus erworbene (nosokomiale) Infektionen vorgelegt.

    „Damit können wir die Auswirkungen nosokomialer Infektionen auf die Gesundheit der Bevölkerung genauer abbilden und verlässlichere evidenzbasierte Grundlagen für Maßnahmen bereitstellen“, betont Lothar H. Wieler, Präsident des RKI. Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten und dem Nationalen Referenzzentrum für die Surveillance nosokomialer Infektionen an der Charité Universitätsmedizin Berlin. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Eurosurveillance (46/2019) erschienen.

    Die in der neuen Studie geschätzte Zahl der nosokomialen Infektionen in Deutschland liegt bei 400.000 bis 600.000 pro Jahr und damit im Bereich vorheriger Hochrechnungen. Die Zahl der Todesfälle kann durch die weiterentwickelte Methodik verlässlicher erfasst werden und liegt jetzt bei 10.000 bis 20.000. Eine frühere Schätzung hatte 10.000 bis 15.000 Todesfälle pro Jahr ergeben. Generell sind Todesfälle durch nosokomiale Infektionen schwer zu bestimmen, insbesondere weil viele Betroffene an schweren Grundkrankheiten leiden, die bereits ohne Krankenhausinfektion häufig zum Tod führen.

    Berechnet wurde nicht nur die Zahl der nosokomialen Infektionen und Todesfälle. Erstmals wurde für Deutschland auch die Krankheitslast in sogenannten Disability-Adjusted Life-Years (DALY) berechnet. DALY sind die durch Krankheit und Tod verlorenen Lebensjahre. Damit lässt sich der Schaden für die Gesundheit der Bevölkerung (Public Health) besser abbilden und mit anderen Krankheiten vergleichen. Die durch Krankheit und Tod verlorenen Lebensjahre durch nosokomiale Infektionen liegen in Deutschland bei knapp 250.000 pro Jahr (309 pro 100.000 Einwohner).

    Der Anteil der Patienten, die während eines Krankenhaus-Aufenthaltes eine Infektion bekommen, ist in Deutschland mit rund 3,6 % niedriger als im EU-Durchschnitt (5,5 %). Betrachtet man aus Public-Health-Sicht die Krankheitslast auf Bevölkerungsebene, ergibt sich ein anderes Bild. Bezogen auf die Bevölkerung liegt Deutschland bei der Zahl der Infektionen und Todesfälle sowie der Krankheitslast (DALY) über dem europäischen Schnitt. So erkranken hierzulande jährlich 500 bis 650 Patienten pro 100.000 Einwohner an einer nosokomialen Infektion, im EU Durchschnitt sind es 450 bis 500 Erkrankte pro 100.000 Einwohner. Derartige Zahlen können nicht isoliert betrachtet werden, bei einem Vergleich müssen die unterschiedlichen Gesundheitssysteme in den europäischen Ländern mitberücksichtigt werden.

    Eine wesentliche Ursache für die höhere Krankheitslast in Deutschland ist die größere Zahl an stationär behandelten Patienten und Krankenhausbetten. Deutschland hat in Europa die höchste Anzahl an Krankenhausbetten und die zweithöchste Anzahl an Krankenhauspatienten pro 1.000 Einwohner und Jahr. „Eine Reduktion vermeidbarer Krankenhausaufenthalte sind daher zusammen mit einer effektiven Infektionskontrolle und -prävention wichtige Schritte, um die Krankheitslast zu verringern“, unterstreicht Lothar Wieler.

    Die Wissenschaftler haben für die neue Studie fünf Infektionen betrachtet, die fast 80% der im Krankenhaus erworbenen Infektionen ausmachen, Lungenentzündungen, Harnwegsinfektionen, Wundinfektionen, Clostridium difficile-Infektionen und Blutstrominfektionen. Die Daten stammen aus der sogenannten Punktprävalenzstudie 2011/2012 des Nationalen Referenzzentrums.

    Weitere Informationen

    Benedikt Zacher et al: Application of a new methodology and R package reveals a high burden of healthcare-associated infections (HAI) in Germany compared to the average in the European Union/European Economic Area, 2011 to 2012 www.eurosurveillance.org (Ausgabe 46 vom 14.11.2019)

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    Herausgeber

    Robert Koch-Institut
    Nordufer 20
    D-13353 Berlin
    http://www.rki.de
    Twitter: @rki_de

    Pressestelle
    Susanne Glasmacher (Pressesprecherin)
    Marieke Degen (stellv. Pressesprecherin)
    Heidi Golisch
    Claudia Paape
    Judith Petschelt

    Kontakt
    Tel.: 030-18754-2239, -2562 und -2286
    E-Mail: presse@rki.de

    Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit


    Originalpublikation:

    https://doi.org/10.2807/1560-7917.ES.2019.24.46.1900135


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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