idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
21.04.2020 15:38

Gewebe schützen ihre DNA bei mechanischer Belastung

Dr. Maren Berghoff Communications
Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns

    Zellkerne und genetisches Material organisieren sich neu

    Im täglichen Leben werden Gewebe wie zum Beispiel Haut und Muskeln werden im Alltag gedehnt, gezogen und gestaucht – und das, ohne dass die Zellen oder die DNA geschädigt werden. Ein Forschungsteam unter der Leitung von Sara Wickström, die am Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns und dem Exzellenscluster CECAD an der Universität zu Köln sowie dem Helsinki-Institut für Biowissenschaften an der Universität Helsinki forscht, hat nun entdeckt, dass sich die Zellen vor solchen Belastungen schützen, indem sie nicht nur die Zellkerne verformen, sondern auch das genetische Material selbst aufweichen.

    Der Schutz des genetischen Codes innerhalb unserer DNA ist entscheidend für die menschliche Gesundheit. Mutationen in der DNA führen zu einer Vielzahl von Krankheiten, wie z.B. Entwicklungsstörungen oder Krebs. "Die meisten unserer Gewebe enthalten gewebespezifische Stammzellen. Das sind langlebige Zellen, deren Funktion für die Gewebefunktion und -erhaltung entscheidend ist. Aufgrund ihrer langen Lebensdauer ist es entscheidend, dass das Genom dieser Zellen wirksam vor Mutationen geschützt wird, um Krankheiten wie Krebs vorzubeugen", sagt Michele Nava, der leitende Wissenschaftler der Studie. "Es ist viel über die Rolle von Chemikalien und Bestrahlung bei der Erzeugung von DNA-Schäden bekannt, aber wie mechanische Kräfte die DNA schädigen und welche Mechanismen existieren könnten, um unsere Zellen vor diesen Schäden zu schützen, war bisher nicht bekannt", erklärt Nava.

    Zellkern und DNA organisieren sich aufgrund mechanischer Kräfte um

    Um zu untersuchen, wie die DNA in Stammzellen auf mechanische Verformung reagiert, setzten Nava, Miroshnikova und Kollegen ein spezielles mechanisches Gerät ein, um Haut- und Muskelstammzellen einer ähnlichen mechanischen Dehnung auszusetzen, wie sie im Inneren des Gewebes auftreten würden. Infolge der Dehnung werden sowohl die Zellkerne als auch die DNA neu organisiert, verändern aber auch ihre mechanischen Eigenschaften und werden weicher. "Wir können die mechanischen Eigenschaften der DNA einfach dadurch verändern, dass wir mechanische Kräfte auf die Stammzellen ausüben. Wenn wir diese Veränderung experimentell verhindern, wird die DNA der Stammzellen geschädigt. Dies deutet darauf hin, dass wir einen wichtigen Schutzmechanismus entdeckt haben", sagt Jekaterina Miroshnikova, die die Studie zusammen mit Nava und Wickström leitete.

    Als Nava, Miroshnikova und ihre Kollegen die Dehnungsreaktion von Stammzellen genauer untersuchten, stellten sie fest, dass sich das gesamte Gewebe bei längerer mechanischer Dehnung nach der Kraftrichtung ausrichtet. Diese Orientierung verhindert eine Verformung des Zellkerns und seiner DNA und ermöglicht es den Zellen, ihren ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Diese Neuorientierung dient somit als langfristiger Schutz vor mechanischer Belastung.

    Krebszellen zeigen eine gestörte Reaktion auf Dehnung

    Die Forschenden stellten auch fest, dass Krebszellen weniger empfindlich auf mechanische Dehnung reagierten als gesunde Stammzellen. Dies ist auf Unterschiede in der Konzentration wichtiger Kernproteine zurückzuführen. "Zentrale Merkmale für Krebs sind also, dass sie häufig mutieren und unempfindlichgegenüber äußeren Faktoren sind. Ein wichtiges zukünftiges Ziel des Labors ist es, zu verstehen, wie Defekte in diesem neu entdeckten Signalweg die Krebsbildung fördern könnten und wie Krebsarten die Mechanik ausnutzen könnten, um den Kontrollmechanismen des Gewebes zu entgehen", sagt Sara Wickström.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Sara Wickström, PhD, Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns, Köln und Helsinki Institute of Life Science, University of Helsinki, Finnland, sara.wickstrom@helsinki.fi, +358 2941 25640


    Originalpublikation:

    Michele M. Nava, Yekaterina A. Miroshnikova, Leah C. Biggs, Daniel B. Whitefield, Franziska Metge, Jorge Boucas, Helena Vihinen, Eija Jokitalo, Xinping Li, Juan Manuel García Arcos, Bernd Hoffmann, Rudolf Merkel, Carien M. Niessen, Kris Noel Dahl, and Sara A. Wickström
    Heterochromatin-driven nuclear softening protects the genome against mechanical stress-induced damage
    Cell, April 2020


    Weitere Informationen:

    http://www.age.mpg.de
    https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S0092867420303457


    Bilder

    Dehnung von Geweben führt zu Faltenbildung der Zellkerne und zur Neuanordnung der DNA.
    Dehnung von Geweben führt zu Faltenbildung der Zellkerne und zur Neuanordnung der DNA.
    Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Dehnung von Geweben führt zu Faltenbildung der Zellkerne und zur Neuanordnung der DNA.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).