idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
13.10.2020 13:43

Überraschende Ergebnisse zur Sterblichkeit an Thrombosen und Lungenembolien

Barbara Reinke M.A. Unternehmenskommunikation
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Das Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz hat Studienergebnisse im Lancet Respiratory Medicine veröffentlicht: In Nordamerika ist für den Zeitraum 2000 bis 2017 eine sinkende Todesrate aufgrund von Lungenembolie festzustellen. Die Studie „Age-sex specific pulmonary embolism-related mortality in the USA and Canada, 2000–18: an analysis of the WHO Mortality Database and of the CDC Multiple Cause of Death database“ zeigte jedoch auch, dass in den USA seit einigen Jahren wieder mehr Menschen jüngeren und mittleren Alters an Thrombosen und ihren Komplikationen versterben.

    Eine große internationale Studie zur Bedeutung akuter Lungenembolien als globale Todesursache hat unerwartete Ergebnisse zur Sterblichkeit an Thrombosen und Lungenembolien hervorgebracht. Das Forscherteam unter der Leitung von Dr. Stefano Barco und Prof. Dr. Stavros Konstantinides vom Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz stellten für die Jahre 2000 bis 2017 in Nordamerika eine sinkende Todesrate aufgrund von Lungenembolie fest. Zugleich zeigte die Studie zum Erstaunen der Wissenschaftler allerdings auch, dass in den USA seit einigen Jahren wieder mehr Menschen jüngeren und mittleren Alters an Thrombosen und ihren Komplikationen versterben. Die Studienergebnisse wurden heute im Lancet Respiratory Medicine, der weltweit renommiertesten Zeitschrift für Lungenerkrankungen und Intensivmedizin, veröffentlicht.

    Die Autoren der internationalen klinischen Studie, hochrangige europäische, US-amerikanische und kanadische Experten, analysierten Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die gesamte Bevölkerung Kanadas und der USA im Zeitraum 2000-2017 hinsichtlich Thrombosen und Lungenembolien als Todesursachen. Die Untersuchung zeigt, dass insgesamt immer weniger Menschen an einer Lungenembolie sterben.

    Bei detaillierterer Betrachtung der Thrombose-Daten gelangten die Wissenschaftler jedoch zu einem unerwarteten Ergebnis: In den USA sterben seit einigen Jahren wieder mehr Menschen jüngeren und mittleren Alters an Thrombosen und ihren Komplikationen. Unter den wohlhabenden Industrienationen des 21. Jahrhunderts ist dieser negative Trend ein Novum. Er ist umso beunruhigender, als dass er mit einer Abnahme der Lebenserwartung in diesem Land einhergeht.

    Jahrzehntelang war die Welt Erfolgsmeldungen bei der Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen gewöhnt. Dies betraf auch die Lungenembolie, eine der weltweit wichtigsten Ursachen kardiovaskulärer Mortalität. Bereits vor wenigen Monaten konnte eine weitere Studie des Autorenteams um Dr. Barco zeigen, dass sich die Sterblichkeit an Lungenembolie in den europäischen Ländern einschließlich Deutschlands im Zeitraum 2000 bis 2015 fast halbiert hat. Dies deuteten die Experten bislang als Hinweis auf die immer bessere Diagnostik und Therapie dieser Erkrankung. Wie lassen sich jetzt die aktuellen Ergebnisse der Studie erklären? Und was bedeuten sie für die Patienten und Gesundheitssysteme, auch in Deutschland und Europa?

    „Zum jüngsten ungünstigen Trend in den USA können mehrere Faktoren beitragen“, erklärt Dr. Barco, der die Studie als Hauptverantwortlicher geleitet hat. „Soziale Ungleichheiten verbunden mit finanzieller Not können dazu führen, dass ein immer größer werdender Teil der Bevölkerung keinen Zugang zur medizinischen Versorgung hat. Parallel dazu sind schwerwiegende chronische Krankheiten wie Diabetes, Übergewicht und Lungenerkrankungen, die ihrerseits das Risiko für Thrombosen erhöhen, zunehmend verbreitet“.

    Professor Konstantinides, Leiter der Professur Multizentrische Klinische Studien und Ärztlicher Direktor des CTH, ergänzt: „Es zeigt sich erneut, dass eine optimale medizinische Versorgung weit mehr voraussetzt als hochmoderne Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Diese nutzen auf Bevölkerungsebene wenig, wenn sie nicht bezahlbar sind oder wegen fehlender Prävention und eines ungesunden Lebensstils zu spät kommen.“

    „Epidemiologische Studien verwenden keine experimentellen Verfahren und können daher keinen direkten Beweis für die Ursachen ihrer Ergebnisse liefern“, erläutert Dr. Barco. „Allerdings sind ihre Beobachtungen angesichts der großen Patientenzahlen und der hochkomplexen Statistik zuverlässig und belastbar. Sie können daher dazu beitragen, Gefahren für die Bevölkerung zu erkennen und somit gesundheitspolitische Strategien zu verbessern.“

    Weitere Informationen:
    Originalpublikation: Age-sex specific pulmonary embolism-related mortality in the USA and Canada, 2000–18: an analysis of the WHO Mortality Database and of the CDC Multiple Cause of Death database; Stefano Barco MD, Luca Valerio MD, Prof. Walter Ageno MD, Prof. Alexander T. Cohen MD, Prof. Samuel Z. Goldhaber MD, Prof. Beverley J. Hunt MD, Prof. Alfonso Iorio MD, David Jimenez MD, Frederikus A. Klok MD, Prof. Nils Kucher MD, Seyed Hamidreza Mahmoudpour PhD, Prof. Saskia Middeldorp MD, Prof. Thomas Münzel MD, Vicky Tagalakis MD, Aaron M. Wendelboe PhD, Prof. Stavros V. Konstantinides MD;
    DOI: https://doi.org/10.1016/S2213-2600(20)30417-3

    Bildunterschrift:
    Altersstandardisierte Lungenarterienembolie-assoziierte Mortalität pro 100.000 Personen in den USA und Kanada für den Zeitraum 2000-2017. PE = Lungenarterienembolie.
    Bildquelle:
    Luca Valerio, Centrum für Thrombose und Hämostase, Universitätsmedizin Mainz

    Kontakt:
    Univ.-Prof. Dr. Stavros Konstantinides,
    Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz,
    Tel. 06131 / 17 6255, E-Mail: stavros.konstantinides@unimedizin-mainz.de

    Pressekontakt:
    Barbara Reinke, Stabsstelle Unternehmenskommunikation, Universitätsmedizin Mainz,
    Tel. 06131 / 17 7428, Fax 06131 / 17 3496, E-Mail: pr@unimedizin-mainz.de

    Über das CTH
    Das integrierte Forschungs- und Behandlungszentrum Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz erforscht Thrombose- und Blutgerinnungserkrankungen und hat das Ziel, deren Behandlung zu verbessern. Dabei setzt das CTH auf translationale Forschung, also die Umsetzung von Erkenntnissen aus der experimentellen Grundlagenforschung in die klinische Anwendung. Mit seinem Nachwuchsprogramm bietet das CTH darüber hinaus attraktive Karrierewege für junge Nachwuchskräfte an der Schnittstelle von Wissenschaft und Klinik. Das CTH ist eines von insgesamt acht Modellzentren, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des nationalen Programms „Integrierte Forschungs- und Behandlungszentren (IFB)“ gefördert werden.

    Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.400 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit rund 8.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Univ.-Prof. Dr. Stavros Konstantinides,
    Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz,
    Tel. 06131 / 17 6255, E-Mail: stavros.konstantinides@unimedizin-mainz.de


    Originalpublikation:

    Age-sex specific pulmonary embolism-related mortality in the USA and Canada, 2000–18: an analysis of the WHO Mortality Database and of the CDC Multiple Cause of Death database; Stefano Barco MD, Luca Valerio MD, Prof. Walter Ageno MD, Prof. Alexander T. Cohen MD, Prof. Samuel Z. Goldhaber MD, Prof. Beverley J. Hunt MD, Prof. Alfonso Iorio MD, David Jimenez MD, Frederikus A. Klok MD, Prof. Nils Kucher MD, Seyed Hamidreza Mahmoudpour PhD, Prof. Saskia Middeldorp MD, Prof. Thomas Münzel MD, Vicky Tagalakis MD, Aaron M. Wendelboe PhD, Prof. Stavros V. Konstantinides MD;
    DOI: https://doi.org/10.1016/S2213-2600(20)30417-3


    Bilder

    Trends in PE-related age-standardised mortality in women and men in the USA and Canada, 2000-17. PE=Pulmonary Embolism.
    Trends in PE-related age-standardised mortality in women and men in the USA and Canada, 2000-17. PE= ...

    Luca Valerio


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Trends in PE-related age-standardised mortality in women and men in the USA and Canada, 2000-17. PE=Pulmonary Embolism.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).