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14.10.2020 11:56

GEMEINSCHAFTSDIAGNOSE 2/2020: Erholung verliert an Fahrt – Wirtschaft und Politik weiter im Zeichen der Pandemie

Mathias Rauck Kommunikation
Institut für Weltwirtschaft (IfW)

    Kiel, 14. Oktober 2020 - Die Corona-Krise hinterlässt deutliche Spuren in der deutschen Wirtschaft und trifft diese härter als noch im Frühjahr angenommen. In ihrem Herbstgutachten revidieren die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognose für dieses und nächstes Jahr um jeweils gut einen Prozentpunkt nach unten. Sie erwarten nun für 2020 einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um 5,4 Prozent (bislang -4,2%) und für 2021 einen Zuwachs um 4,7 Prozent (5,8%). 2022 dürfte die Wirtschaftsleistung dann um 2,7 Prozent zulegen.

    Grund für die im Vergleich pessimistischere Einschätzung ist, dass die Institute den weiteren Erholungsprozess nunmehr etwas schwächer einschätzen als noch im Frühjahr. „Ein Gutteil des Einbruchs aus dem Frühjahr ist zwar schon aufgeholt, aber der verbleibende Aufholprozess stellt die mühsamere Wegstrecke zurück zur Normalität dar“, sagte Stefan Kooths, Konjunkturchef des IfW Kiel.

    Gebremst wird die Erholung zum einen durch jene Branchen, die in besonderem Maße auf soziale Kontakte angewiesen sind, etwa Gaststätten und Tourismus, das Veranstaltungsgewerbe oder der Luftverkehr. „Dieser Teil der deutschen Wirtschaft wird noch längere Zeit unter der Corona-Pandemie leiden und erst dann am Erholungsprozess teilhaben, wenn Maßnahmen zum Infektionsschutz weitgehend entfallen, womit wir erst im nächsten Sommerhalbjahr rechnen“, so Kooths.

    Zum anderen bremst die Investitionszurückhaltung der Unternehmen den Aufschwung, weil sich deren Eigenkapitalpositionen durch die Krise vielfach verschlechtert haben. Maßgeblich getragen wird die Erholung von den Exporten, die im Zuge der Krise besonders drastisch eingebrochen waren.

    Das Vorkrisenniveau der Wirtschaftsleistung wird voraussichtlich erst Ende 2021 erreicht. Die Wirtschaftsleistung liegt dann 2,5 Prozent unter dem Niveau, das ohne die Pandemie hätte erbracht werden können. Erst Ende 2022 dürfte die deutsche Wirtschaft wieder normal ausgelastet sein. Kooths: „Mit dem Aufholen des Einbruchs sind die Krisenfolgen keineswegs ausgestanden. Auch die Produktionskapazitäten dürften mittelfristig gut ein Prozent niedriger sein, als es Vorkrisenschätzungen ergaben. Der Corona-Effekt auf das Produktionspotenzial ist allerdings weiterhin sehr unsicher, weil sich derzeit kaum absehen lässt, welche längerfristigen Schäden die Krise hinterlässt und wie die wirtschaftspolitischen Reaktionen wirken.“

    Die Corona-Krise hat auch am Arbeitsmarkt deutliche Spuren gezeigt. Trotz massiver Kurzarbeit gingen bis zur Jahresmitte schätzungsweise 820.000 Stellen verloren. Seitdem steigt die Zahl der Erwerbstätigen wieder leicht, das Vorkrisenniveau wird aber erst Mitte 2022 erreicht. Die Arbeitslosenquote dürfte dieses und nächstes Jahr auf 5,9 Prozent steigen und 2022 leicht auf 5,5 Prozent zurückgehen.

    Die Konjunkturprogramme haben im Zusammenspiel mit den automatischen Stabilisatoren dazu beigetragen, dass die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte selbst in der akuten Krisenphase insgesamt relativ stabil blieben. Dies führt zugleich dazu, dass der öffentliche Gesamthaushalt das laufende Jahr mit einem Rekorddefizit von 183 Mrd. Euro abschließen wird. Auch in den kommenden beiden Jahren bleiben die Fehlbeträge mit 118 Mrd. Euro (2021) und 92 Mrd. Euro (2022) beträchtlich.

    Das größte Risiko für die Prognose bleibt der ungewisse Pandemieverlauf. Die Institute nehmen an, dass die Infektionsschutzmaßnahmen im Verlauf des kommenden Sommerhalbjahrs soweit gedrosselt werden können, dass sie die ökonomische Aktivität nicht mehr nennenswert beeinträchtigen. Unsicher ist zudem, in welchem Umfang es noch zu Unternehmensinsolvenzen im In- und Ausland kommt. Ferner schwelen verschiedene Handelskonflikte weiter. Würde sich die zwischenzeitlich stark angeschwollene private Ersparnis vermehrt in zusätzliche Käufe übersetzen, könnten die konsumnahen Wirtschaftsbereiche hingegen stärker angeregt werden als in dieser Prognose unterstellt.

    Die Gemeinschaftsdiagnose wird erarbeitet vom DIW in Berlin, vom ifo Institut in München, vom IfW in Kiel, vom IWH in Halle und vom RWI in Essen.

    Langfassung des Gutachtens:

    Erholung verliert an Fahrt – Wirtschaft und Politik weiter im Zeichen der Pandemie. Herbst 2020. Kiel 2020: http://gemeinschaftsdiagnose.de/category/gutachten/.

    Medienansprechpartner:
    Mathias Rauck
    Pressesprecher
    T +49 431 8814-411
    mathias.rauck@ifw-kiel.de

    Institut für Weltwirtschaft
    Kiellinie 66 | 24105 Kiel
    T +49 (431) 8814-774
    F +49 (431) 8814-500

    www.ifw-kiel.de

    Über die Gemeinschaftsdiagnose:

    Die Gemeinschaftsdiagnose wird zweimal im Jahr im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erstellt. Am Herbstgutachten 2020 haben mitgewirkt:

    - Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)

    - ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. in Kooperation mit der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF)

    - Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel)

    - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)

    - RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Kooperation mit dem Institut für Höhere Studien Wien

    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Claus Michelsen
    Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
    Tel +49 30 89789 458
    CMichelsen@diw.de

    Professor Dr. Timo Wollmershäuser
    ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.
    Tel +49 89 9224 1406
    Wollmershaeuser@ifo.de

    Professor Dr. Stefan Kooths
    Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel)
    Tel +49 431 8814-579 oder +49 30 2067 9664
    stefan.kooths@ifw-kiel.de

    Professor Dr. Oliver Holtemöller
    Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)
    Tel +49 345 7753 800
    Oliver.Holtemoeller@iwh-halle.de

    Professor Dr. Torsten Schmidt
    RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung
    Tel +49 201 8149 287
    Torsten.Schmidt@rwi-essen.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Stefan Kooths
    Leiter IfW-Prognosezentrum
    T +49 0431 8814-579 oder +49 30 2067 9664
    stefan.kooths@ifw-kiel.de


    Bilder

    Anhang
    attachment icon GD-Herbst-2020-Eckdaten der Prognose für Deutschland

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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