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15.10.2020 15:07

Zwei Planeten um einen Roten Zwerg

Nathalie Matter Corporate Communication
Universität Bern

    Am «SAINT-EX»-Observatorium, das von Forschenden des Nationalen Forschungsschwerpunktes NFS PlanetS der Universität Bern und der Universität Genf geleitet wird, wurden zwei Exoplaneten entdeckt, die den Stern TOI-1266 umkreisen. Das in Mexiko stationierte Teleskop beweist damit seine hohe Präzision und macht einen wichtigen Schritt auf der Suche nach potenziell bewohnbaren Welten.

    Rote Zwerge sind die kühlsten Sterne. Verglichen zur Sonne ist auf Planeten in ihrer Nähe die Existenz von flüssigem Wasser potenziell möglich. Bei der Suche nach bewohnbaren Welten jenseits der Grenzen unseres Sonnensystems ist dies ein grosser Vorteil: Denn die Entfernung zwischen einem Exoplaneten und seinem Stern ist ein entscheidender Faktor für seine Entdeckung. Je näher die beiden sind, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Astronominnen und Astronomen den Planeten von der Erde aus ausfindig machen können.

    «Doch diese Sterne sind ziemlich klein und strahlen im Vergleich zu den meisten anderen Sternen, wie etwa der Sonne, wenig Licht aus», erklärt Brice-Olivier Demory, Hauptautor der vorliegenden Studie und Professor für Astrophysik an der Universität Bern. Diese Faktoren machen es schwierig, sie im Detail zu beobachten. Ohne die richtigen Instrumente würden potenzielle Planeten, die sie umkreisen, womöglich übersehen werden – insbesondere erdähnliche Planeten, die vergleichsweise klein sind.

    Ein spezielles Teleskop

    Ein Instrument, mit dem Rote Zwerge und ihre Planeten genauer studiert werden können, ist das in Mexiko stationierte SAINT-EX-Teleskop, das der NFS PlanetS mitbetreibt. SAINT-EX ist eine Abkürzung, die für Search And characterIsatioN of Transiting EXoplanets steht. Das Projekt wurde zu Ehren von Antoine de Saint-Exupéry (Saint-Ex), dem berühmten Schriftsteller, Dichter und Flieger, benannt.

    Das SAINT-EX-Observatorium ist eine vollständig robotergestützte Einrichtung mit einem 1-Meter-Teleskop. Es ist mit Sensoren ausgestattet, welche die hochpräzise Detektion von kleinen Planeten um kühle Sterne ermöglichen. Diese Spezialisierung zahlt sich nun aus: Anfang dieses Jahres konnte das Teleskop zwei Exoplaneten entdecken, die den Stern TOI-1266 umkreisen, der etwa 120 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Die Ergebnisse, die kürzlich in der Zeitschrift «Astronomy and Astrophysics» veröffentlicht wurden, vermitteln einen ersten Eindruck ihrer Eigenschaften.

    Ein merkwürdiges Paar

    Im Vergleich zu den Planeten in unserem Sonnensystem befinden sich TOI-1266 b und c viel näher an ihrem Stern – sie benötigen 11 respektive 19 Tage, um ihn zu umkreisen. Da dieser Stern jedoch viel kühler ist als die Sonne, sind ihre Temperaturen nicht sehr extrem: der äussere Planet hat etwa die Temperatur der Venus (obwohl er 7 Mal näher an seinem Stern ist als die Venus an der Sonne). Die beiden Planeten sind von ähnlicher Dichte, die mit einer Zusammensetzung von einer Hälfte Gesteinsmaterial und Eisen und einer Hälfte Wasser korrespondieren könnte. Damit sind sie etwa halb so felsig wie die Erde oder die Venus, aber auch weit felsiger als Uranus oder Neptun.

    In ihrer Grösse unterscheiden sich die Planeten deutlich voneinander. Der innere Planet, TOI-1266 b, misst etwas weniger als das Zweieinhalbfache des Erddurchmessers. Damit fällt er in die Kategorie der sogenannten Sub-Neptune. Der äussere Planet, TOI-1266 c, ist etwas mehr als eineinhalbmal so gross wie unser Planet und zählt deshalb zu den sogenannten Super-Erden.

    Damit befinden sie sich an den Enden des sogenannten Radius-Tals, wie Brice-Olivier Demory erklärt: «Planeten mit einem Radius zwischen etwa dem von TOI-1266 b und c sind ziemlich selten, wohl wegen starker Strahlung ihres jeweiligen Sterns». Yilen Gómez Maqueo Chew, SAINT-EX Projektkoordinatorin und Forscherin an der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko, fügt hinzu: «Die Möglichkeit, zwei verschiedene Arten von Planeten im selben System zu untersuchen, ist eine grosse Chance. Sie könnte uns helfen besser zu verstehen, wie diese Planeten mit ihren unterschiedlichen Grössen entstehen».

    Gutes Timing und Hilfe von der Botschaft

    Diese Gelegenheit zu haben, insbesondere in diesem Jahr, ist alles andere als selbstverständlich. Die Forschenden hatten das Glück, ihre Beobachtungen kurz vor dem Covid-19-bedingten Lockdown in Mexiko abschliessen zu können. Kurz nach den Beobachtungen musste die Anlage wegen der Folgen der Pandemie geschlossen werden. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Die Forschenden hoffen, den Betrieb von SAINT-EX in den nächsten Monaten wiederaufnehmen und den nächsten Roten Zwerg und dessen potenzielle Planeten ins Visier nehmen zu können. «Hilfreich für unsere Arbeit war zudem die Mexikanische Botschaft, die unsere Anliegen gegenüber der mexikanischen Regierung unterstützt und unser Projekt stets gefördert hat», sagt Demory.

    SAINT-EX – Suche und Charakterisierung von Exoplaneten

    SAINT-EX (Search and characterisation of exoplanets) ist eine internationale Zusammenarbeit, die im September 2016 in Mexiko startete. Leiter des Projekts ist Prof. Brice-Olivier Demory vom Center for Space and Habitability (CSH) der Universität Bern und NCCR PlanetS, Koordinatorin und Leiterin des Projekts in Mexiko ist Dr. Yilen Gomez Maqueo Chew vom Instituto de Astronomía der Universidad Nacional Autonoma de Mexico (UNAM). Ebenfalls am Projekt beteiligt sind Prof. Willy Benz vom NCCR PlanetS, Prof. François Bouchy von der Universität Genf, Dr. Michaël Gillon von der Universität Lüttich in Belgien, Prof. Kevin Heng von der Universität Bern, Prof. Didier Queloz von der Universität Genf und Cambridge und Dr. Laurence Sabin, ebenfalls vom Instituto de Astronomía de Astronomía der UNAM. SAINT-EX wurde vom Schweizerischen Nationalfonds und den Universitäten Bern, Genf, Lüttich und Cambridge sowie der UNAM finanziert. Zudem hat SAINT-EX Unterstützung erhalten vom Nationalen Rat für Wissenschaft und Technologie (CONACYT) durch die Ausschreibung der Nationalen Laboratorien für das Nationale Astronomische Observatorium von San Pedro Martir.

    Berner Weltraumforschung: Seit der ersten Mondlandung an der Weltspitze

    Als am 21. Juli 1969 Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, entrollte er als erstes das Berner Sonnenwindsegel und steckte es noch vor der amerikanischen Flagge in den Boden des Mondes. Dieses Solarwind Composition Experiment (SWC), welches von Prof. Dr. Johannes Geiss und seinem Team am Physikalischen Institut der Universität Bern geplant und ausgewertet wurde, war ein erster grosser Höhepunkt in der Geschichte der Berner Weltraumforschung. Die Berner Weltraumforschung ist seit damals an der Weltspitze mit dabei. In Zahlen ergibt dies eine stattliche Bilanz: 25mal flogen Instrumente mit Raketen in die obere Atmosphäre und Ionosphäre (1967-1993), 9mal auf Ballonflügen in die Stratosphäre (1991-2008), über 30 Instrumente flogen auf Raumsonden mit, und mit CHEOPS teilt die Universität Bern die Verantwortung mit der ESA für eine ganze Mission. Die erfolgreiche Arbeit der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) des Physikalischen Instituts der Universität Bern wurde durch die Gründung eines universitären Kompetenzzentrums, dem Center for Space and Habitability (CSH), gestärkt. Der Schweizer Nationalsfonds sprach der Universität Bern zudem den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS zu, den sie gemeinsam mit der Universität Genf leitet.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    PROF. DR. BRICE-OLIVIER DEMORY

    Center for Space and Habitability (CSH), Universität Bern, und NCCR PlanetS, Universität Bern und Universität Genf

    Telefon: +41 31 631 51 57
    E-Mail-Adresse: brice.demory@csh.unibe.ch


    Originalpublikation:

    Publikationsdetails:

    Brice-Olivier Demory et al. : A super-Earth and a sub-Neptune orbiting the bright, quiet M3 dwarf TOI-1266, Astronomy & Astrophysics, Volume 642, 2. Oktober 2020. https://doi.org/10.1051/0004-6361/202038616


    Weitere Informationen:

    https://tinyurl.com/ZweiPlanetenSAINT-EX


    Bilder

    Prof. Dr. Brice-Olivier Demory, Center for Space and Habitability (CSH), Universität Bern
    Prof. Dr. Brice-Olivier Demory, Center for Space and Habitability (CSH), Universität Bern

    Universität Bern


    Anhang
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Prof. Dr. Brice-Olivier Demory, Center for Space and Habitability (CSH), Universität Bern


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