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25.01.2021 16:12

Die Leber verarbeitet Kokosöl anders als Rapsöl

Johannes Seiler Dezernat 8 - Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Kokosöl findet in den letzten Jahren immer häufiger seinen Weg in deutsche Küchen, obwohl seine angeblich gesundheitsfördernde Wirkung umstritten ist. Wissenschaftler der Universität Bonn konnten nun zeigen, wie es in der Leber verstoffwechselt wird. Ihre Ergebnisse könnten auch Konsequenzen für die Behandlung bestimmter Durchfall-Erkrankungen haben. Die Resultate sind in der Fachzeitschrift Molecular Metabolism erschienen.

    Kokosöl unterscheidet sich von Raps- oder Olivenöl durch die Fettsäuren, die in ihm enthalten sind. Fettsäuren bestehen aus aneinander gebundenen Kohlenstoff-Atomen, in der Regel 18 an der Zahl. In Kokosöl sind die meisten dieser Ketten aber deutlich kürzer und enthalten nur 8 bis 12 Kohlenstoff-Atome. In der Leber werden diese mittelkettigen Fettsäuren zum Teil zu Speicherfetten (Triglyceriden) umgewandelt. Wie das genau geschieht, war bislang weitgehend unbekannt.

    Die neue Studie bringt diesbezüglich nun Licht ins Dunkel: „Es gibt in der Leber zwei Enzyme für die Speicherfettsynthese, DGAT1 und DGAT2“, erklärt Dr. Klaus Wunderling vom LIMES-Institut (das Akronym steht für „Life & Medical Sciences“) der Universität Bonn. „Wir haben nun in Leberzellen von Mäusen gesehen, dass DGAT1 vor allem mittelkettige Fettsäuren verarbeitet und DGAT2 langkettige.“

    In ihren Experimenten blockierten die Wissenschaftler DGAT1 mit einem speziellen Hemmstoff. Die Synthese von Speicherfetten aus mittelkettigen Fettsäuren ging in der Folge um 70 Prozent zurück. Die Blockade von DGAT2 führte dagegen zu einer verringerten Verarbeitung langkettiger Fettsäuren. „Die Enzyme scheinen also unterschiedliche Kettenlängen zu bevorzugen“, folgert Prof. Dr. Christoph Thiele vom LIMES-Institut, der die Studie geleitet hat und auch Mitglied im Exzellenzcluster Immunosensation ist.

    Überraschende Nebenwirkung

    Ob Fettsäuren in der Leber überhaupt zum Aufbau von Speicherfett verwandt werden, hängt vom aktuellen Energiebedarf ab. Wenn der Körper gerade viel Energie benötigt, wird die so genannte Beta-Oxidation angeworfen – die Fettsäuren werden gewissermaßen direkt „verbrannt“. Medizinisch ist dieser Stoffwechselweg von großem Interesse. Bei einer Diabetes-Erkrankung etwa wäre es womöglich nützlich, die Beta-Oxidation zu drosseln. Denn dann muss der Körper seinen Energiebedarf stattdessen aus Glucose decken – der Blutzuckerspiegel sinkt, mit positiven Konsequenzen für die Erkrankung.

    Schon vor rund 40 Jahren haben Pharmaforscher daher einen entsprechenden Hemmstoff entwickelt, das Etomoxir. Er bindet an Enzyme für die Beta-Oxidation und bringt sie so zum Stillstand. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass Etomoxir massive Nebenwirkungen hat.

    Die Bonner Forscher sind nun auf einen möglichen Grund dafür gestoßen: Sie haben mit Etomoxir die Verbrennung mittelkettiger Fettsäuren in Mäusen gehemmt, in der Erwartung, damit die Produktion von Speicherfett anzukurbeln. „Stattdessen ging auch die Fettsynthese deutlich zurück, allerdings lediglich von Speicherfetten mit mittelkettigen Fettsäuren“, erklärt Wunderling. „Wir vermuten daher, dass Etomoxir auch das DGAT1-Enzym ausschaltet.“ Bei der Entwicklung neuer Hemmstoffe für die Beta-Oxidation müsse man künftig auf derartige Effekte achten.

    Interessant ist zudem ein Befund, den österreichische und niederländische Wissenschaftler vor einigen Jahren veröffentlicht haben: Sie hatten Patienten untersucht, die unter chronischen Durchfallerkrankungen leiden. Bei 20 von ihnen fanden sie Veränderungen im DGAT1-Gen, das dadurch funktionslos wurde. „Wir möchten nun herausfinden, ob die gestörte Verarbeitung mittelkettiger Fettsäuren für die Verdauungsbeschwerden verantwortlich ist“, sagt Wunderling. Das DGAT1-Enzym ist nämlich nicht nur in der Leber, sondern auch im Darm aktiv. Vielleicht verursacht seine Störung daher Durchfälle, wenn die Betroffenen mittelkettige Fettsäuren zu sich nehmen. Wunderling: „In diesem Fall könnte man ihnen eventuell einfach helfen – durch eine entsprechende Diät.“

    Förderung:

    Die Studie wurde im Rahmen der Exzellenz-Strategie durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Darüber hinaus erhielt sie Mittel aus dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) der Republik Österreich.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Klaus Wunderling
    LIMES-Institut der Universität Bonn
    Tel. 0228/7362820
    E-Mail: klausw@uni-bonn.de


    Originalpublikation:

    Klaus Wunderling, Christina Leopold, Isabell Jamitzky, Mohamed Yaghmour, Fabian Zink, Dagmar Kratky und Christoph Thiele: Hepatic synthesis of triacylglycerols containing medium-chain fatty acids is dominated by diacylglycerol acyltransferase 1 and efficiently inhibited by etomoxir; Molecular Metabolism; https://doi.org/10.1016/j.molmet.2020.101150


    Bilder

    Fetttröpfchen in einer Zelle.
    Fetttröpfchen in einer Zelle.

    (c) Johanna Spandl / Universität Bonn


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Fetttröpfchen in einer Zelle.


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