idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
24.03.2021 10:01

Studie: Verschwörungstheorien senken das Vertrauen in die Regierung und steigern die Ablehnung von Anti-Corona-Maßnahmen

Simone Falk von Löwis of Menar Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Wissensmedien

    Die Ausbreitung des Corona-Virus und die daraus resultierenden Einschränkungen führten zu einem regelrechten Boom der Berichterstattung über Verschwörungstheorien. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Wissensmedien (IWM) fanden nun heraus, dass bereits die Konfrontation von Menschen mit Verschwörungstheorien negative gesellschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen kann: Das Vertrauen in staatliche Institutionen und deren Maßnahmen gegen das Virus sinkt, während die Ablehnung gegenüber Social Distancing zunimmt.

    Sei es die Entstehung des Corona-Virus in einem Labor oder ein vermeintlich geheimer Impfplan von Bill Gates: Nicht nur das Virus, auch die entsprechenden Verschwörungstheorien verbreiteten sich rasant und rückten durch eine breite mediale Berichterstattung verstärkt in die öffentliche Wahrnehmung. Der Frage, welchen Einfluss diese Theorien auf die Gesellschaft und den Kampf gegen das Corona-Virus haben, gingen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Tübinger Leibniz-Instituts für Wissensmedien (IWM) in Zusammenarbeit mit der University of Copenhagen in einer kürzlich veröffentlichten Studie nach.

    Dass Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, gesellschaftliche Werte und politische Normen negieren, ist bereits bekannt. Die Psychologinnen und Psychologen konnten nun erstmals nachweisen, dass der Glaube an und die Konfrontation mit Verschwörungstheorien überein-stimmende gesellschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen. Bereits ein erstmaliger Kontakt der Probandinnen und Probanden durch entsprechende Texte ließ ihr Vertrauen in die Regierung und staatliche Institutionen wie das Robert Koch-Institut, die Unterstützung für gesundheitspolitische Maßnahmen sowie die Bereitschaft, die Social-Distancing-Regeln zu befolgen, sinken. „Bemerkenswert hierbei war, dass sich die Folgen nicht nur bei Personen zeigten, die bereits an Verschwörungsmythen glaubten, sondern auch bei unvoreingenommenen Testpersonen, wenn diese nur von einer erfundenen Verschwörungstheorie lasen. Allein die Konfrontation mit einer solchen Theorie bewirkte weniger Unterstützung für Regierungsmaßnahmen und weniger Bereitschaft zu Social Distancing“, erklärt die Initiatorin der Studie Lotte Pummerer vom IWM in Tübingen, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Soziale Prozesse tätig ist.

    Des Weiteren ging aus der Untersuchung hervor, dass die Einhaltung von Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen durch den Glauben an Verschwörungstheorien nicht beeinflusst wurde. Die Offenheit für Natur- und Heilmedizin wie das Trinken von Ingwertee dagegen nahm zu. „Man reagierte also auf das Virus – aber anders“, stellt die Psychologin fest. Denn im Gegensatz zu Social Distancing, das durch die Gesundheitsbehörden implementiert wurde, waren Hygieneregeln bereits vor der Corona-Pandemie als Schutzmaßnahmen gegen Krankheiten in der Bevölkerung etabliert.

    Im Gegensatz zu berechtigter oder auch unberechtigter Kritik, zeichnen sich Verschwörungstheorien durch den Glauben an einen geheimen Zusammenschluss mächtiger Personen mit dem Ziel, der Bevölkerung absichtlich zu schaden, aus. Derartige fiktionale Erklärmodelle aktueller politischer Ereignisse können in einem Opfergefühl gegenüber einer scheinbar übermächtigen Elite resultieren. Vor diesem Hintergrund verdeutlicht die Studie die Gefahr, die von Verschwörungstheorien und deren Verbreitung ausgeht. Denn auch wenn diese zunächst nur wie Gedankenspiele aus einer Parallelwelt wirken mögen, haben sie nachweislich Auswirkungen auf das gesellschaftliche Miteinander und den Kampf gegen die Pandemie.

    Das Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM)
    Das Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM) in Tübingen erforscht, wie digitale Medien Wissens- und Kommunikationsprozesse beeinflussen. Die grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung rückt neben institutionellen Lernfeldern wie Schule und Hochschule auch informelles Lernen im Internet, am Arbeitsplatz oder im Museum in den Fokus. Am IWM arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen zusammen, vor allem aus der Psychologie, Kommunikationswissenschaft, Neurowissenschaft und Informatik. Das 2001 gegründete außeruniversitäre Forschungsinstitut ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.

    Pressekontakt IWM
    Simone Falk von Löwis of Menar
    Mail: s.falk@iwm-tuebingen.de
    Tel.: +49 (0)7071 979-286


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Lotte Pummerer
    Mail: l.pummerer@iwm-tuebingen.de
    Tel.: +49 (0)7071 979-304


    Originalpublikation:

    Link zur Studie: https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/19485506211000217


    Weitere Informationen:

    https://bit.ly/31e1uwQ


    Bilder

    Lotte Pummerer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am IWM Tübingen
    Lotte Pummerer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am IWM Tübingen

    IWM Tuebingen / Paavo Ruch


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik, Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Lotte Pummerer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am IWM Tübingen


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).