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23.06.2021 10:31

Erstmals S3-Leitlinienempfehlungen für Gallenblasen- und Gallenwegkrebs erschienen

Katrin Mugele Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Krebsgesellschaft e. V.

    Das Leitlinienprogramm Onkologie hat unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V. (DGVS) die S3-Leitlinie zum hepatozellulären Karzinom aktualisiert und um die Tumorentität der biliären Karzinome erweitert. Somit gibt es nun erstmals S3-Leitlinienempfehlungen zu biliären Karzinomen, zu denen das Gallenblasenkarzinom und Tumoren der Gallenwege zählen. Die Leitlinie soll dazu beitragen, für Betroffene mit Leberkrebs oder biliären Karzinomen eine angemessene und evidenzbasierte Gesundheitsversorgung sicherzustellen.

    Leberkrebs zählt – wie auch die biliären Karzinome – in Deutschland zu den seltenen Krebserkrankungen. Im Jahr 2016 haben 2.750 Frauen und 6.220 Männer die Diagnose Leberkrebs erhalten (Quelle: Robert Koch-Institut). Die relativen 5-Jahresüberlebensraten sind niedrig, sie liegen bei Frauen und Männern bei 15 Prozent. Biliäre Karzinome zählen zu der Gruppe der Leberkrebstumoren, sie treten noch seltener auf. Laut dem Robert Koch-Institut erkrankten im Jahr 2016 2.740 Frauen und 2.550 Männer daran. Auch hier sind die relativen 5-Jahresüberlebensraten niedrig, bei Frauen liegen sie bei 18 Prozent, bei Männern bei 22 Prozent.

    Biliäre Karzinome
    Tumoren der Gallenblase und Gallenwege werden oftmals operativ entfernt und aufgrund des hohen Rezidivrisikos im Anschluss noch mit einer Systemtherapie behandelt. „Biliäre Karzinome können molekulare Veränderungen aufweisen, die Angriffspunkte für neue gezielte Therapeutika darstellen. Art und Häufigkeit der Veränderungen unterscheiden sich aber erheblich zwischen den verschiedenen Typen, umso wichtiger ist eine histologische, immunhistologische und gegebenenfalls auch molekularpathologische Differenzialdiagnostik. Die Leitlinie gibt hier entsprechende Empfehlungen“, so Prof. Nisar Malek, Medizinische Klinik Universitätsklinikum Tübingen. Zusammen mit Prof. Peter Galle, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Prof. Michael Bitzer, ebenfalls vom Uniklinikum Tübingen, ist er Koordinator der S3-Leitlinie.

    Hepatozelluläres Karzinom
    „Angesichts der schlechten Prognosen beim Leberkrebs ist die Weiterentwicklung der therapeutischen Verfahren, insbesondere im Bereich der medikamentösen Therapie, sehr wichtig“, sagt Galle. Bisher konnte für Leberkrebs in der Leitlinie nur ein Proteinkinaseinhibitor evidenzbasiert empfohlen werden. „Inzwischen sind aber weitere Substanzen – unter anderem eine Kombinationstherapie zur Behandlung des fortgeschrittenen hepatozellulären Karzinoms – hinzugekommen, deren Wirksamkeit in mehreren Studien belegt werden konnte. Die Leitlinie haben wir entsprechend aktualisiert“, so Galle.

    Als kurative Behandlungsformen können eine Lebertransplantation, eine Operation oder eine Thermoablation, also das Zerstören des Tumorgewebes durch Hitze, infrage kommen. Als Standardmethode der lokalablativen Verfahren war bisher nur die Radiofrequenzablation empfohlen. Aufgrund neuer Studien zur Mikrowellenablation ist dieses Verfahren nun auch in die S3-Leitlinie mit aufgenommen worden. Die Mikrowellenablation ist eine minimal-invasive Behandlungsmethode, bei der eine Sonde in den Tumor eingeführt wird und das Gewebe von innen durch Mikrowellen zerstört wird. Darüber hinaus gibt die S3-Leitlinie auch modifizierte Empfehlungen für weitere interventionelle Therapieverfahren, wie etwa der transarteriellen Chemoembolisation, bei der ein Chemotherapeutikum in den Tumor eingebracht wird und die Blutgefäße, die diesen versorgen, verschlossen werden.

    Steht eine Lebertransplantation an, werden in Deutschland die sogenannten Mailand-Kriterien zur Priorisierung herangezogen. „Als wichtige Ergänzung stellt die Leitlinie fest, dass eine Lebertransplantation auch bei geeigneten Patienten außerhalb der Mailand-Kriterien erfolgen kann, wenn die UCSF-Kriterien erfüllt sind: Diese fordern eine Tumorgröße ≤ 6,5 cm bei einem solitären Herd oder maximal 3 HCC-Herde mit einem Maximaldurchmesser ≤ 4,5 cm bei einer maximalen Summe der addierten Tumordurchmesser ≤ 8 cm", so Bitzer.

    An der S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie des hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karzinome waren insgesamt 60 ehrenamtlich arbeitende Fachexpert*innen aus 33 Fachgesellschaften und Organisationen beteiligt. Die Leitlinie ist auf dieser Webseite abrufbar: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/hcc-und-biliaere-karzinom...

    Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert. Android-Smartphone- und iPhone-Nutzer können die Leitlinien-App hier herunterladen: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/app/

    Das Leitlinienprogramm Onkologie (OL)
    Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Leistungserbringer und Patient*innen zur angemessenen Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches Instrument zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer Versorgung dar. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008 gestarteten Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 30 S3-Leitlinien, die zu einem großen Teil auch als laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen. Mehr unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/home/

    Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
    Die DGVS wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 6000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS, die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle des Patienten. Mehr unter: https://www.dgvs.de/


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Pressekontakt Deutsche Krebsgesellschaft e. V.
    Angelina Gromes
    Kuno-Fischer-Straße 8
    14057 Berlin
    Tel: 030 3229329-82
    presse@krebsgesellschaft.de

    Dr. Katrin Mugele
    Tel: 030 3229329-60
    presse@krebsgesellschaft.de

    Pressekontakt Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
    Juliane Pfeiffer
    Postfach 30 11 20
    70451 Stuttgart
    Tel.: 0711-89 31 693
    E-Mail: pfeiffer@medizinkommunikation.org


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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