idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
08.09.2021 12:14

Mehr Chancen als Bedrohungen: Künstliche Intelligenz bei Wahlen

Linda Treugut Geschäftsstelle
Lernende Systeme - Die Plattform für Künstliche Intelligenz

    Künstliche Intelligenz (KI) begegnet uns in allen Lebensbereichen – auch bei demokratischen Wahlen. KI-gesteuerte Social Bots in den sozialen Medien oder Deepfakes haben das Ziel, die Wahlentscheidung zu beeinflussen. Andererseits können KI-Systeme individuelle Wahlempfehlungen geben und Fake News auffinden. Welche KI-Anwendungen bei Wahlen zum Einsatz kommen können und wo ihre Potenziale und Herausforderungen liegen, untersuchen Expertinnen und Experten der Plattform Lernende Systeme in einem aktuellen Whitepaper. Ihr Fazit: Eine Bedrohung für Wahlen geht von KI-Systemen kaum aus. Vielmehr überwiegen die Chancen, mit KI eine offene Meinungsbildung im Vorfeld von Wahlen zu stärken.

    München, 08. September 2021 – Falschnachrichten oder Desinformationskampagnen erschweren die Meinungsbildung im Vorfeld von Wahlen. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz lassen sich diese Informationen insbesondere in den sozialen Medien effizienter und zielgerichteter verbreiten. Die Manipulation von Wahlen durch KI-Systeme gehöre deshalb zu den gesellschaftlich immer wieder geäußerten Befürchtungen, heißt es in dem Whitepaper „KI-Systeme und die individuelle Wahlentscheidung. Chancen und Herausforderungen für die Demokratie“.

    Für den Wahlprozess selbst gehen nach Ansicht der Autorinnen und Autoren bislang keine Gefahren von KI-Systemen aus. „Insbesondere die Stimmabgabe ist in Deutschland durch den Verzicht auf Wahlcomputer und ähnliche Technik sehr sicher. Vereinzelt mögliche Angriffe auf die Auswertung der Stimmen haben nichts mit KI zu tun. Wo KI Risiken birgt, ist im Wahlkampf und für die Meinungsbildung vor Wahlen“ sagt Tobias Matzner, Professor für Medien, Algorithmen und Gesellschaft an der Universität Paderborn und Mitglied der Arbeitsgruppe „IT-Sicherheit, Privacy, Recht und Ethik“ der Plattform Lernende Systeme.

    Risiken für die Meinungsbildung

    Eines der Risiken besteht in der KI-getriebenen Verbreitung von Informationen. KI-Systeme können Fake-Accounts in den sozialen Medien betreiben, die Inhalte mit Likes versehen oder teilen und ihr manipulatives Verhalten so aussehen lassen, als stamme es von einem Menschen. Auf diese Weise verhelfen die sogenannten Social Bots Falschinformationen oder bestimmten Personen zu großer Reichweite. Beim sogenannten Microtargeting werden mithilfe von KI-Verfahren Nutzerdaten ausgewertet und – ähnlich wie in der Werbung – verschiedene Zielgruppen mit personalisierten Informationen angesprochen. Inwieweit auf diese Weise die Wahlentscheidung beeinflusst werden kann, ist allerdings noch nicht geklärt. Auch mit KI gefälschte Videos und Bilder können auf die Meinungsbildung der Wahlberechtigten einwirken. Einmal enttarnt, sind KI-Systeme allerdings auch dazu in der Lage, diese Deepfakes zu finden und zu löschen.

    Neben den Deepfakes kann auch weiteren Risiken mithilfe von KI-Instrumenten begegnet werden. „Insbesondere im Vorfeld von Wahlen steigt die Gefahr von absichtlich eingesetzten Desinformationskampagnen im Internet, um irreführende Informationen zu verbreiten. Zur Verstärkung werden häufig Social Bots eingesetzt. Trotzdem können gerade KI-Systeme einen ersten wertvollen Beitrag für die Detektion von Falschnachrichten leisten“, sagt Jessica Heesen, Medienethikerin an der Eberhard Karls Universität Tübingen und Leiterin der Arbeitsgruppe „IT-Sicherheit, Privacy, Recht und Ethik“ der Plattform Lernende Systeme. Zu einseitigen Inhalten oder in algorithmischen Filterblasen können zudem alternative Links und Gegenargumente bereitgestellt werden.

    Mit KI die Wählerinformation verbessern

    In politischen Prozessen fallen heute großen Mengen an Daten an, die sich mithilfe von KI-Methoden auswerten lassen. Die Autorinnen und Autoren des Whitepapers betonen das Potenzial der KI-basierten Datenanalyse, um die Wählerinformation und -mobilisierung zu verbessern. Dies sei noch nicht ausgeschöpft. Als Beispiel nennt das Whitepaper Wahlempfehlungs-Apps wie den Wahl-O-Mat. Aktuelle Anwendungen könnten mithilfe von KI-Methoden die individuellen Einstellungen der Menschen stärker berücksichtigen und ihre Empfehlungen mit jeder Nutzung verbessern. Auch Wahlkampf-Apps der Parteien sowie Wahlprognosen können von KI profitieren.

    Damit die Chancen von KI-Systemen für eine offene Meinungsbildung realisiert und Risiken abgeschwächt werden können, adressieren die Autorinnen und Autoren Gestaltungsoptionen. So empfehlen sie, Microtargeting gesetzlich weiter einzuschränken, etwa durch eine Kennzeichnungspflicht. Zur konsequenten Verfolgung von Straftaten in den sozialen Medien fordern die Expertinnen und Experten, Strafverfolgungsbehörden und Justiz personell besser auszustatten. Zudem müssen die Kompetenzen der Menschen zur Bewertung von Informationen im Internet gestärkt werden.

    Über das Whitepaper

    Das Whitepaper „KI-Systeme und die individuelle Wahlentscheidung. Chancen und Herausforderungen für die Demokratie“ wurde von Expertinnen und Experten der Arbeitsgruppe „IT-Sicherheit, Privacy, Recht und Ethik“ der Plattform Lernende Systeme verfasst. Es steht zum kostenfreien Download zur Verfügung.

    Über die Plattform Lernende Systeme

    Die Plattform Lernende Systeme wurde 2017 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auf Anregung des Fachforums Autonome Systeme des Hightech-Forums und acatech gegründet. Sie vereint Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft aus dem Bereich Künstliche Intelligenz. In Arbeitsgruppen entwickeln sie Handlungsoptionen und Empfehlungen für den verantwortlichen Einsatz von Lernenden Systemen. Ziel der Plattform ist es, als unabhängiger Makler den gesellschaftlichen Dialog zu fördern, Kooperationen in Forschung und Entwicklung anzuregen und Deutschland als führenden Technologieanbieter für Lernende Systeme zu positionieren. Die Leitung der Plattform liegt bei Bundesministerin Anja Karliczek (BMBF) und Karl-Heinz Streibich (Präsident acatech).


    Originalpublikation:

    AG3_WP_KI_und_Wahlen.pdf - Das Whitepaper "KI-Systeme und die individuelle Wahlentscheidung" der Plattform Lernende Systeme


    Bilder

    Das Whitepaper "KI-Systeme und die individuelle Wahlentscheidung" der Plattform Lernende Systeme
    Das Whitepaper "KI-Systeme und die individuelle Wahlentscheidung" der Plattform Lernende Systeme

    Plattform Lernende Systeme


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Informationstechnik, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

    Das Whitepaper "KI-Systeme und die individuelle Wahlentscheidung" der Plattform Lernende Systeme


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).