idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
25.05.2023 15:01

Statement: „Die eigene Willenskraft ist Rauchstopp-Maßnahme Nummer 1“

Friederike Mannig Kommunikation
Frankfurt University of Applied Sciences

    Suchtforscher Prof. Dr. Heino Stöver stellt zentrale Ergebnisse der RauS-Studie vor

    Der Rückgang der Raucher/-innen ist in Deutschland ins Stocken geraten: Während die Zahl jugendlicher Raucher/-innen bis 2022 jährlich einen historischen Tiefstand erreicht, bleibt die Rauchprävalenz im mittleren und höheren Erwachsenenalter stabil oder steigt sogar an. „Dieser Trend ist besorgniserregend, denn Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko der Deutschen. Umso wichtiger ist es, mehr über dieses Thema zu sprechen, zu forschen und zu debattieren“, betont Prof. Dr. Heino Stöver, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Suchtforschung (ISFF) an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS), anlässlich des Weltnichtrauchertags am 31. Mai. „Zwar ist die Bereitschaft zum Aufhören unter Rauchenden grundsätzlich hoch, gleichzeitig gelingt der Rauchstopp häufig erst nach mehreren Versuchen oder aber erst, wenn dieser mit einer gewissen Ernsthaftigkeit angegangen wird.“

    Gemeinsam mit seinem Team sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Centre for Drug Research der Goethe-Universität Frankfurt (CDR) und des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS) untersuchte Stöver in der sogenannten Rauchstopp-Studie (RauS), welche Mittel und Methoden zur Rauchentwöhnung angewandt werden und inwiefern sie wirklich hilfreich sind. Durch die im Zuge der Studie durchgeführte Online-Befragung konnten insgesamt 6.192 Stichproben von aktuellen und ehemaligen Raucherinnen und Rauchern erhoben werden.

    „93 Prozent der Studien-Teilnehmenden gaben an, mindestens einen Versuch unternommen zu haben, mit dem Rauchen aufzuhören. Im Schnitt benötigten die Befragten knapp vier ernsthafte Rauchstopp-Versuche bis zum Erfolg. 61 Prozent der Teilnehmenden nannten die eigene Willenskraft neben dem Wechsel zur E-Zigarette als die Rauchstopp-Maßnahme Nummer 1. Sie wird gleichzeitig auch als am hilfreichsten bewertet“, erklärt Stöver. Gleichzeitig gäbe es nur wenige als evidenzbasiert geltende Rauchstopp-Methoden. Aus den Studienergebnissen lässt sich ablesen, dass ärztliche oder telefonische Beratung, Einzel- oder Gruppentherapien, Nikotinersatztherapie mit Kaugummi oder Pflastern oder eine medikamentengestützte Behandlung nur bei einem kleinen Teil der Rauchstopp-Versuche angewendet werden. Mit diesen Ergebnissen können Erkenntnisse vorheriger Studien, etwa der DEBRA[1]-Studie, bestätigt werden.

    Stöver ergänzt: „Gerade unter den eher wenig genutzten Rauchstopp-Methoden fällt auf, dass Apps und Websites sowie Ortswechsel vergleichsweise gut bewertet werden – hier existiert möglicherweise ein Potenzial, das stärker genutzt werden könnte.“ Ähnliches zeige sich für Ersatzrituale oder individuelle Methoden: neben der Verwendung von häufig genannten Kaugummis sowie diversen essbaren Dingen wie Bonbons oder Lutschpastillen gaben die Befragten eine Vielzahl von Möglichkeiten an, mit denen sie sich im Zuge ihres Rauchstopp-Versuchs alternativ beschäftigten bzw. aktuell beschäftigen.

    Faktoren, welche die Motivation für den Rauchstopp begünstigen, sind vielfältig. „Neben unangenehmen Begleiterscheinungen wie schlechtem Geruch spielt das Thema Gesundheit die mit Abstand dominierende Rolle. Eigene Erkrankungen, die nichts mit dem Rauchen zu tun haben, werden oftmals als Startpunkt für Rauchstopp-Versuche genutzt“, so der Suchtexperte weiter. „Sie erhöhen das Bewusstsein um mögliche Schäden und Regeneration, um konkrete eigene gesundheitliche Probleme oder solche im engeren Umfeld. Auch Verantwortung für eigene Kinder, angefangen mit Schwangerschaften, später in Form einer Vorbildfunktion, ist für viele Raucherinnen und Raucher eine wichtige Motivation für den Rauchstopp. An dieser Stelle sollten Präventions- oder Ausstiegsprogramme für Rauchstopp-Willige ansetzen.“

    „Neben den Faktoren, die den Rauchstopp positiv beeinflussen, gibt es jedoch auch Probleme und Hindernisse, auf die Raucherinnen und Raucher bei ihrem Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören, stoßen. Eine Vielzahl dieser Hemmnisse geht auf bestimmte, mit dem Rauchen verbundene Rituale zurück, die auch gesellschaftliche Aspekte einbeziehen“, so der Suchtexperte. „Dies können etwa ritualisierte Rauchpausen auf der Arbeit, die Zigarette in Verbindung mit dem Konsum von Kaffee oder alkoholischen Getränken, die generelle Tagesstruktur oder auch andere Rauchende im sozialen Umfeld bzw. Freundeskreis sein. Gleichzeitig gibt es weitere Alltagssituationen, die das Rauchen ‚triggern‘ und damit den Rauchstopp verzögern können.“ Konkrete Entzugserscheinungen wie Reizbarkeit und Unruhe, erhöhter Appetit, Konzentrationsschwäche, Schlafprobleme oder Kopfschmerzen seien, so das Ergebnis der Studie, weniger ausschlaggebend.

    Die detaillierten Ergebnisse der RauS-Studie können in der 2023 im Frankfurter Fachhochschulverlag erschienenen Publikation „Die Zigarette liegt in den letzten Zügen. Alternative Formen der Nikotinaufnahme“ eingesehen werden.

    Gerne steht Prof. Dr. Stöver für Interviews, Fragen und weitere Statements rund um die sozialwissenschaftlichen Aspekte von Rauchentwöhnungsstrategien zur Verfügung.

    Zur Person:
    Prof. Dr. Heino Stöver ist Dipl.-Sozialwissenschaftler und Professor für sozialwissenschaftliche Suchtforschung am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Frankfurt UAS. Er leitet seit 2009 das Institut für Suchtforschung Frankfurt am Main (ISFF). Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist die sozialwissenschaftliche Suchtforschung. Stövers Forschungsschwerpunkte sind von hoher gesellschaftlicher Bedeutung, da diese Zielgruppen gesundheitlich und teils sozial extrem belastet sind und oft zu spät behandelt werden. Die späte Behandlung kann zum Tod führen und verursacht hohe Kosten, die bei früherer Behandlung verringert werden könnten. In den letzten fünf Jahren hat Stöver mehr als 20 Forschungsprojekte für nationale und internationale Auftraggeber durchgeführt und hat dafür bei diversen nationalen und internationalen Fördermittelgebern Dritt- und Forschungsfördermittel in Höhe von mehr als 2,5 Mio. Euro eingeworben.

    Kontakt
    Prof. Dr. Heino Stöver
    Telefon: +49 69 1533-2823
    E-Mail: hstoever@fb4.fra-uas.de

    Weitere Informationen zum Institut für Suchtforschung Frankfurt am Main unter http://www.frankfurt-university.de/isff.

    [1] Deutsche Befragung zum Rauchverhalten; s. https://www.debra-study.info/.


    Bilder

    Suchtforscher Prof. Dr. Heino Stöver von der Frankfurt UAS.
    Suchtforscher Prof. Dr. Heino Stöver von der Frankfurt UAS.
    B.Bieber/Frankfurt UAS


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Gesellschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

    Suchtforscher Prof. Dr. Heino Stöver von der Frankfurt UAS.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).