idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
07/30/2014 16:33

Steigert Kunst das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz?

Dr. Anne Hardy Marketing und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main

    Die Altersmedizin an der Goethe-Universität und das Städel Museum kooperieren in der ersten deutschen Studie zur Kunstvermittlung bei Demenz. Das Projekt beginnt im Oktober.

    FRANKFURT. Wenn die Worte fehlen und das Gedächtnis nachlässt, hilft Menschen mit Demenz oft die nonverbale Kommunikation. Das ist für die Musiktherapie inzwischen nachgewiesen. Welchen Beitrag künstlerisch-kreative Ansätze leisten können, um das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz zu steigern und die Kommunikation mit ihren Angehörigen zu verbessern, ist bisher nur ansatzweise erforscht. Dabei rücken derartige Angebote nach etlichen kürzlich bekannt gewordenen Rückschlägen bei der Entwicklung wirksamer Medikamente zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses. Deshalb startet der Arbeitsbereich Altersmedizin am Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität in Kooperation mit dem Städel Museum das ARTEMIS-Projekt, eine deutschlandweit erste Studie zur interaktiven Kunstvermittlung bei Demenz im Museum.

    Die Idee brachte der Diplom-Psychologe Arthur Schall, der auch Kunstgeschichte studiert hat, vor zwei Jahren von einer Konferenz in Vancouver mit. Dort berichteten amerikanische Kollegen über thematische Gruppenführungen für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen am „Museum of Modern Art“ in New York. Es zeigten sich unter anderem Steigerungen des Selbstwertgefühls und Verbesserungen der Stimmung und des situativen Wohlbefindens der Teilnehmer. Das inspirierte die Arbeitsgruppe von Prof. Johannes Pantel zu ihrer auf zwei Jahre angelegten und wissenschaftlich begleiteten Pilotstudie.

    Das Städel-Museum konnte rasch als eines der renommiertesten deutschen Kunstmuseen von der Idee begeistert werden. Schließlich gibt es hier schon positive Erfahrungen mit Kunstangeboten für krebskranke Menschen. Dank der Förderung durch die Familie Schambach Stiftung können die ersten Führungen für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen im Oktober beginnen. Oberbürgermeister Peter Feldmann hat die Schirmherrschaft für das Projekt übernommen.

    Die Zielgruppe sind Menschen mit leichter bis mittelgradiger Demenz und ihre nahestehenden Angehörigen. In Gruppen von 12 Teilnehmern besuchen sie einmal wöchentlich an sechs Terminen das Städel-Museum. Auf eine etwa einstündige thematische Führung durch eigens geschulte Kunstvermittler des Museums folgt bei jedem Besuch kreative Atelierarbeit. Vor und nach dem Museumsbesuchs werden in einer Kurzbefragung Daten zur Stimmung und zum Gedächtnis der Menschen mit Demenz erhoben.

    „Dies ist die erste randomisierte und kontrollierte Studie zum Einfluss von Museumsbesuchen und künstlerischer Betätigung auf das emotionale Befinden von Menschen mit Demenz“, erklärt die Diplom-Psychologin Dr. Valentina Tesky. Die Studie vergleicht erstmals mit Hilfe einer Interventionsgruppe und einer Kontrollgruppe die Auswirkungen der interaktiven Auseinandersetzung mit Kunst im demenziellen Kontext. Die Zuteilung zu einer von beiden Gruppen erfolgt nach dem Zufallsprinzip. Die Teilnehmer in der Kontrollgruppe erhalten ebenfalls die Gelegenheit zu wöchentlichen Besuchen im Städel, allerdings ohne Führung und anschließende Atelierarbeit. Zusätzlich zu Standardtests, die in beiden Gruppen den Verlauf der Demenzerkrankung dokumentieren, ermitteln die Forscher auch die Belastung der Angehörigen, die Beziehung zwischen ihnen und den Erkranken, Veränderungen der Lebensqualität und den Blick auf die Zukunft.

    In der Interventionsgruppe, die insgesamt 60 Teilnehmer umfassen soll, werden bei jedem Atelierbesuch Ausschnitte des gemeinsamen kreativen Arbeitens einzelner Teilnehmer von Studienmitarbeitern videografisch dokumentiert. Die streng vertraulich gehandhabten Videos werden mit einem methodischen Ansatz ausgewertet, den Arthur Schall bereits für die Analyse der Musiktherapie angewendet hat: die Zeitreihenanalyse. Dabei wird jedes Video in kurze Zeitsequenzen unterteilt, die von geschulten Beobachtern im Bezug auf die Kommunikationsfähigkeit, das Wohlbefinden und das emotionale Ausdrucksverhalten ausgewertet werden. Anschließend können Trendverläufe berechnet und Interventionseffekte nachgewiesen werden.

    „Wir möchten in diesem Projekt Menschen mit Demenz und ihren durch die Pflege belasteten Angehörigen ein Stück gesellschaftliche Teilhabe und soziale Integration ermöglichen“, erläutert Schall. Und Tesky fügt hinzu: „Man muss nicht malen können, um etwas gestalten und sich ausdrücken zu können.“ Bewusst haben die Forscher verschiedene kreative Techniken in die Atelierarbeit aufgenommen: Collagen, Malerei, einfache Drucktechniken und Arbeiten mit Ton. Die Aufgaben sind so angelegt, dass der an Demenz erkrankte Mensch und sein Begleiter miteinander in einen kreativen Austausch treten können.

    Informationen und Anmeldung: Dr. Valentina Tesky und Dipl.-Psych. Arthur Schall M.A., Institut für Allgemeinmedizin, Arbeitsbereich Altersmedizin, Campus Niederrad, Tel.: (069) 6301-83621 und -7657; tesky@allgemeinmedizin.uni-frankfurt.de; schall@allgemeinmedizin.uni-frankfurt.de

    Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 2014 feiert sie ihren 100. Geburtstag. 1914 gegründet mit rein privaten Mitteln von freiheitlich orientierten Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern fühlt sie sich als Bürgeruniversität bis heute dem Motto „Wissenschaft für die Gesellschaft“ in Forschung und Lehre verpflichtet. Viele der Frauen und Männer der ersten Stunde waren jüdische Stifter. In den letzten 100 Jahren hat die Goethe-Universität Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Chemie, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geisteswissenschaften.“

    Mehr Informationen unter www2.uni-frankfurt.de/gu100

    Herausgeber: Der Präsident
    Abteilung Marketing und Kommunikation, Postfach 11 19 32,
    60054 Frankfurt am Main
    Redaktion: Dr. Anne Hardy, Referentin für Wissenschaftskommunikation Telefon (069) 798 – 2 92 28, Telefax (069) 798 – 763 12531, E-Mail hardy@pvw.uni-frankfurt.de
    Internet: www.uni-frankfurt.de


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Art / design, Medicine
    regional
    Research projects
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).