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12/22/2014 17:00

Eine neue Verknüpfung von Stoffwechsel und Regulation

Marietta Fuhrmann-Koch Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Ribonukleinsäuren (RNS) sind in Zellen vor allem dafür bekannt, dass sie als Boten- oder Gerüstmoleküle dienen. Darüber hinaus können sie aber auch zentrale biochemische Reaktionen beschleunigen und Stoffwechselwege regulieren. Wissenschaftler der Universität Heidelberg haben nun bei Untersuchungen an einem Bakterium bislang unbekannte Modifikationen an diesen erst vor wenigen Jahren entdeckten regulatorischen RNS festgestellt. Sie leisten einen Beitrag zur Stabilisierung dieser besonderen Ribonukleinsäuren gegenüber Abbaumechanismen. Die Ergebnisse der Forschungsarbeiten am Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie werden in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

    Pressemitteilung

    SPERRFRIST: Montag, 22. Dezember 2014, 17.00 Uhr (MEZ) / 16.00 Uhr (GMT)

    Heidelberg, 22. Dezember 2014

    Eine neue Verknüpfung von Stoffwechsel und Regulation
    Heidelberger Forscher entdecken modifizierte Ribonukleinsäuren in Bakterien

    Ribonukleinsäuren (RNS) sind in Zellen vor allem dafür bekannt, dass sie als Boten- oder Gerüstmoleküle dienen. Darüber hinaus können sie aber auch zentrale biochemische Reaktionen beschleunigen und Stoffwechselwege regulieren. Wissenschaftler der Universität Heidelberg haben nun bei Untersuchungen an einem Bakterium bislang unbekannte Modifikationen an diesen erst vor wenigen Jahren entdeckten regulatorischen RNS festgestellt. Sie leisten einen Beitrag zur Stabilisierung dieser besonderen Ribonukleinsäuren gegenüber Abbaumechanismen. Regulatorische RNS werden unter anderem mit der Krebsentstehung und bakteriellen Infektionen in Zusammenhang gebracht. Die Ergebnisse der Forschungsarbeiten am Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie werden in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

    In Bakterien wirken die meisten dieser regulatorischen RNS dadurch, dass sie andere RNS-Moleküle – beispielsweise Boten-RNS – binden und die daraus entstehenden Komplexe dann abgebaut werden. Dies hat zur Folge, dass die gebundenen Ribonukleinsäuren nicht mehr für die Biosynthese von Proteinen zur Verfügung stehen, wie Prof. Dr. Andres Jäschke vom Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie erklärt. „Bisher wurde angenommen, dass regulatorische RNS aus den vier Standardbausteinen, den Nukleotiden A, C, G und U, bestehen. Wir konnten jetzt zeigen, dass einige regulatorische RNS im Darmbakterium Escherichia coli an ihrem Ende mit einer besonderen Modifikation versehen sind, die ihnen eine erhöhte Stabilität gegenüber Abbaumechanismen der Zelle verleiht.“ Die Forscher um Prof. Jäschke fanden außerdem ein Enzym, dass diese modifizierende „Kappe“ wieder abschneiden und die vorher geschützten RNS nun zum Abbau freigeben kann. Bei der Modifizierung handelt es sich laut Prof. Jäschke um einen „alten Bekannten“. Es ist das Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid (NAD), das eine zentrale Rolle im Stoffwechsel sowohl von Bakterien als auch von höheren Organismen einnimmt.

    Die NAD-modifizierten regulatorischen RNS können mit einer neuen Methode isoliert werden, die von der Chemikerin Dr. Hana Cahová und der Biotechnologin Dr. Marie-Luise Winz entwickelt wurde. Dabei wird ein Enzym aus einer Meeresschnecke zusammen mit der sogenannten „Klick-Chemie“ dazu benutzt, ausschließlich die NAD-modifizierten Moleküle in der gesamten RNS-Probe zu markieren, während alle anderen unverändert bleiben. Die markierten Ribonukleinsäuren können so selektiv isoliert und mit Hilfe der Hochdurchsatz-Sequenzierung sowie dem Abgleich mit Datenbanken identifiziert werden. „Für viele der veränderten RNS, die wir gefunden haben, ist noch keine biologische Funktion bekannt. Andere wurden interessanterweise im Zusammenhang mit dem zellulären Stoffwechsel beschrieben oder auch mit der bakteriellen Reaktion auf ‚Stress‘, der durch extreme Umweltbedingungen hervorgerufen wird“, erläutert Andres Jäschke.

    Die Wissenschaftler sind nun der Frage nachgegangen, warum ein Bakterium einige seiner regulatorischen RNS mit einer NAD-Modifikation versieht. „Da bekannt war, dass der chemische Zustand der Enden entscheidend für den Abbau von RNS durch zelluläre Enzyme ist, lag die Vermutung nahe, dass diese Modifizierung die RNS stabilisieren könnte“, erklärt die Biotechnologin Katharina Höfer. Zusammen mit der Biochemikerin Gabriele Nübel untersuchte sie daher mehrere beschriebene Abbauwege. Dabei konnten sie tatsächlich eine deutliche Stabilisierung gegenüber zwei Abbau- und Modifizierungsenzymen nachweisen. Da es für die Zelle nützlich wäre, die NAD-Kappe wieder abzuspalten, sobald sie ihre Funktion erfüllt hat, testeten die Forscherinnen weitere Enzyme und wurden auch hier fündig: Eines war in der Lage, das NAD zu entfernen und damit den Abbau der RNS einzuleiten.

    Die Wissenschaftler um Andres Jäschke vermuten, dass das angehängte NAD noch weitere Aufgaben erfüllt. „Das Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid geht auf spezifische Weise Wechselwirkungen mit vielen Proteinen ein. Daher könnte auch die NAD-RNS Proteinkomplexe bilden, die dann möglicherweise unterschiedliche Prozesse im Bakterium regulieren. NAD kann außerdem in der Zelle in zwei verschiedenen Formen vorliegen, in einer oxidierten und einer reduzierten. Das Gleichgewicht zwischen beiden könnte Einfluss auf die biologische Funktion der NAD-RNS haben“, erklärt Prof. Jäschke.
    Während in höheren Organismen schützende „Kappen“ am Ende der RNS seit langem bekannt sind, beschreibt diese Arbeit nach Angaben der Wissenschaftler erstmals eine Kappen-ähnliche – aber chemisch deutlich abweichende – Struktur, die bei Bakterien vorkommt. Diese Untersuchungen eröffnen ein neues Forschungsgebiet, da nun die biologischen Funktionen und die Funktionsmechanismen dieser neuen Modifizierung aufgeklärt werden müssen. „Vor allem interessiert uns, ob diese NAD-Modifikationen nur in Bakterien gefunden werden oder auch in höheren Organismen“, erläutert Andres Jäschke. „Sollte es sich um einen bakterien-spezifischen Prozess handeln, könnte er möglicherweise Impulse für neue antibakterielle Therapien geben.“

    Die Forschungsarbeiten wurden durch Stipendien der Alexander von Humboldt-Stiftung und der Hartmut Hoffmann-Berling Internationalen Graduiertenschule für Molekular- und Zellbiologie (HBIGS) der Universität Heidelberg unterstützt.

    Originalpublikation:
    Cahová, H., Winz, M.-L., Höfer, K., Nübel, K. & Jäschke, A.: NAD captureSeq indicates NAD as a bacterial cap for a subset of regulatory RNAs. Nature (22. Dezember 2014), DOI 10.1038/nature14020

    Informationen im Internet:
    http://www.jaeschke.uni-hd.de

    Kontakt:
    Prof. Dr. Andres Jäschke
    Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie
    Telefon (06221) 54-4853
    jaeschke@uni-hd.de


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    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Biology
    transregional, national
    Research results
    German


     

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